 |
Ich mag den Film und halte Indizierungen und Verbote fiktiver Kunst ebenfalls für grundsättlich falsch. Ein konsequentes, transparentes Altersfreigabesystem mit einer Höchsteinstufung nur für Erwachsene, das mittels wirksamer Alterskontrolle und schmerzhafter Bußgelder für Verstöße konsequent durchgesetzt und dessen Sinn und Zweck bereits Jugendlichen in einer modernen und zukunftsorientierten Medienerziehung in der Schule vermittelt wird, sollte in einer demokratischen und sowohl die Kunst-, wie auch die Meinungsfreiheit befürwortenden Gesellschaft eigentlich völlig ausreichen und selbstverständlich sein.
Leider herrscht in Deutschland nach über 100 Jahren immernoch das Modell der preußischen Bewahrpädagogik vor, nach dem Kinder und Jugendliche um jeden Preis vor vermeintlich schlechten Einflüssen geschützt werden müssen, statt ihnen einen verantwortungsbewussten, mündigen und reflektierten Umgang damit anzuerziehen.
Zwar hat sich in den letzten 20 Jahren vieles zum positiven entwickelt, und die Prüfgremien sowohl der FSK, der USK und der BPjM wie auch Staatsanwaltschaften und Gerichte sind im Umgang mit den von ihnen zu bewertenden Medien um ein Vielfaches liberaler geworden, was sowohl die immer öfter überraschend niedrigen Altersfreigaben (ich denke rund 70% der heutigen FSK-16-Titel wären noch vor 25 Jahren mit FSK-18 versehen worden, und das oft nur unter Schnittauflagen), als auch die immer kürzer werdenden Indizierungs- und Beschlagnahmungslisten zeigen, und was wohl auch daran liegt, dass die heutige Prüfer- und Juristengeneration selbst bereits mit Heimkino-Medien aufgewachsen und sozialisiert worden ist und deren Wirkung auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen daher überwiegend längst nicht als so verherend einstuft wie noch die Generation, welche in den 1980er-Jahren von der Videowelle geradezu überrollt wurde.
Aber an eine grundsätzliche Reform des Systems ist nach wie vor nicht zu denken. Zu tief verwurzelt ist in den Köpfen der Deutschen immernoch der Grundsatz, dass nur der Staat einen ausreichenden Schutz von Kindern und Jugendlichen gewährleisten kann und muss, anstatt diesen den Eltern zu überlassen, bzw. ist das deutsche Bildungssystem auch viel zu verknöchert und unterfinanziert, als dass man es auf absehbare Zeit schaffen wird, die oben bereits angesprochene moderne, zukunftsorientierte Medienerziehung flächendeckend umzusetzen.
Und dann ist da noch die dumme Eigenschaft der Deutschen, grundsätzlich alles gesetzlich regeln zu wollen. Wo es anderswo auf der Welt heißt "Was nicht grundsätzlich verboten ist, ist erlaubt", so ist es hierzulande genau umgekehrt: "Was nicht grundsätzlich erlaub ist, ist verboten", und so refulieren wir auch unser Jugendschutzsystem zu Tode und haben für Filme, die eigentlich einfach nur für Erwachsene freigegeben sind (und damit streng genommen noch nichtveinmal unter den Jugendschutz fallen), nicht eine einzelne, sondern gleich sieben verschiedene Einstufungen. Versuch einer das mal jemandem aus einem anderen Land zu erklären.
Lange Rede, kurzer Sinn: Gut, dass auch ICH SPUCK AUF DEIN GRAB endlich wieder frei zugänglich sein wird. Persönlich wundert es mich auch etwas, denn der Rape-Part ist in der Tat auch heute noch ziemlich harter Tobak, aber trotzdem ist es ein weiterer richtiger Schritt im Zuge der Liberalisierung des deutschen Jugendschutzes. Ich würde nicht soweit gehen, es einen Meilenstein zu nennen (Meilensteine waren TCM, weil dessen Befreiung überhaupt erst den Stein ins Rollen brachte, dass sich Label erfolgreich gegen jahrzehntealte Verbote zur Wehr setzen können, und vielleicht noch Freitag der 13. Teil 3, weil der der erste war, der die Ausnahmeregelung einer nach dem TdT-Urteil nicht erneuerten Beschlagnagmung ausgenutzt hat), abernichtsdestotrotz ist es eine postive Überraschung.
Nachtrag @PhilWil: Eine zusätzliche Altersfreigabe ab 21 ist unnötig. Der Gesetzgeber erklärt den Bürger ab 18 Jahren zu einem mündigen, erwachsenen und (zumindest bis auf wenige Ausnahmen im Strafrecht) voll rechtsfähigen Individuum. Also muss er ihm auch zugesehen, ab diesem Alter selbst zu entscheiden, welche Medien er konsumiert.
|