27.09.2014 19:31 Uhr schrieb Eisenherz
Vom liebevoll-schusseligen Familienvater zum debilen Vollidioten. Traurig ...
Und genau da hab ich das Problem an Simpsons und Family Guy heutzutage durchschaut.
Simpsons verlor an jungen Zuschauern und versuchte daher, wie Family Guy zu sein. Mit sinnlosen, anders gezeichneten Einspielern und gezwungen wirkenden popkulturellen Referenzen (die bei Simpsons allerdings nie aktuell sind). Mit sinnlosem Rumgefluche - gerade die prüde Marge oder Lisa würden nicht derart oft "Scheisse" oder "Arsch" sagen, wie sie es aktuell tun. Die Macher von Simpsons trauen sich aber gleichzeitig nicht an wirklich bösen Humor heran und so wird es peinlich und zaghaft. Marge küsst eine Frau? Toll - das Thema hatten alle anderen Serien schon Jahre vorher durchgekaut.
Simpsons lebte immer von den sympatischen, liebevollen Charakteren, die alle eine gute Seite hatten. Bart war nicht dämlich wie heute, er war hyperaktiv und ungezogen, hatte aber ein Gewissen. Homer war seine Familie nicht komplett egal und er war immer altmodisch, kein Interesse an aktueller Technik. Lisa würde aufgrund ihrer Einstellung NIEMALS Lady Gaga unterstützen.
Die Charaktere wurden oberflächlich, gingen verloren, widersprechen sich und mittlerweile wiederholen sich "Bart hat eine Freundin" und "Marge und Homers schnulzige Vergangenheit/Eheauffrischung" schon innerhalb von Staffeln, was nicht annähernd so rührend ist wie früher.
Hinzu kommt noch die dummdreiste Applewerbung. "Wie zielen wir mit der Kanone?" "Mit meinem Mypad! Das kann alles. GPS, Internet, Filme gucken und auch zielen!" "Was für ein großartiges und praktisches Gerät!" Und dazu der Untertitel: "Schluss mit dem Apple-Lob, wir bekommen nichtmal Geld dafür." Wer das noch als Witz ansieht und sich für blöd verkaufen lässt, ist einfach beschränkt.
Family Guy dagegen versuchte ab einem gewissen Punkt wie Simpsons zu sein. Die Charaktere waren nicht besonders tiefsinnig und lebten wirklich nur von der Interaktion miteinander und dem gegenseitige Angezicke. Zudem bestand ein Großteil des Humors nur aus den willkürlichen Einspielern. Der Humor war schwarz, teilweise ekelhaft und brutal, regelrecht bösartig also, was auch lustig war, weil man keinen Bezug zu niemandem hatte.
Diese Sendung wollte keine Moral vermitteln oder fortschrittlich sein, sie wollte bloß lustig sein.
Jedes Familienmitglied hatte eine komödiantische Eigenschaft und darauf baute der ganze Humor auf - Meg die alle hassen, der rassistische Alkoholikerhund, der dämliche unvorhersehbare Vater, das latent schwule sarkastische Baby - die werden halt kombiniert und die Musikeinlagen sind auch wirklich gut.
Aber dann gings eben mit der Simpsonsmethode los. Charaktere bekamen Sinneskrisen, tiefgreifende Probleme, ernste Themen wie Abtreibung werden angesprochen aber der Konflikt nie aufgelöst (im Gegensatz zu Simpsons oder South Park) und wirken dadurch sinnlos und dadurch, dass man als Zuschauer eine Beziehung zu den Charakteren aufbaut, konnte man auch nicht mehr über den brutalen Humor lachen. Eine Folge über häusliche Gewalt, die zum Tod führt. Ha...ha?!
Eine Folge über Peter, der einen Leberschaden hat und kotzend in der Kneipe zusammenbricht. Haha... ha?! Brian stirbt für die Quote. Ha... Schnarch... Zwischendurch ist der Konflikt noch lustig, weil er skurril ist (Brian überfährt einen Hund und will dafür genau so bestraft werden, als wenn ein Mensch einen Menschen überfährt), aber beim Versuch, realistisch und emotional zu sein, verliert Family Guy seine Glaubwürdigkeit. Zumal diese emotionalen Szenen absolut ernst gemeint sind. South Park spielt zumindest noch humoristisch mit derartigen Szenen und nimmt sich selbst nicht zu ernst. Family Guy hat seine Ernsthaftigkeit verspielt und kann jetzt nicht versuchen, sie an den Tag zu legen.
Und dann noch ein paar Off-Topic-Worte zu South Park, wo ich schon dabei bin: Diese pseudo-kantige deutsche Synchro geht mir inzwischen gehörig auf den Sack. Besonders extreme Begriffe werden im Gegensatz zum Original nicht weggepiepst (was auch einen Teil des Charms ausmachte) und ständig werden Dinge als "schwul", Leute als "Schwuchteln" und Schwarze als "Neger" bezeichnet, was im Original selten bis gar nicht passiert, weil die Macher noch wissen, wo die Grenzen liegen. Und dann soll sich nochmal jemand über das amerikanische Fernsehen beschweren. Schließlich läuft South Park mittlerweile um 20:15! Früher liefen die wesentlich harmloseren, ersten Pipi-Kacka-Folgen noch um 22:15. Wie asozial die heutige Jugend ist, muss man ja nicht erwähnen - ob die dann auch differenzieren können, wenn man sie mit Homophobie, Antisemitismus und Rassismus vollklatscht, der in der deutschen Fassung noch extremer ausfällt? Klar, ich kann darüber lachen, aber haben Jugendliche neben Minecraft oder dem eigenen Penis auf Facebook überhaupt irgendeine Ahnung davon, dass da Stereotypen und keine Fakten parodiert werden?