Jenseits der Stille
Herstellungsland: | Deutschland (1996) |
Standard-Freigabe: | FSK 6 |
Genre: | Drama |
Alternativtitel: | Beyond Silence |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 8,00 (1 Stimme) Details |
Review: Jenseits der Stille
Bei mir persönlich haben deutsche Filme immer einen recht schweren Stand. Ich würde das darauf zurückführen, dass heutzutage ein Großteil des Mainstreamkinos aus deutscher Produktion durch Komödien mit Til Schweiger und/oder Matthias Schweighöfer vertreten wird. Zwar lassen sich mit Sicherheit auch hier Filme finden, die durchaus weitaus besser sind, als man es auf den ersten Blick erwartet, viele kleinere Filme, besonders aus anderen Genres entgehen aber leider dem gewöhnlichen Kinogänger. Ich wollte nun mit diesem Review einen Film würdigen, der mir besonders viel bedeutet und heute (ich kann leider nicht für das Erscheinungsjahr sprechen, da war ich noch zu jung) leider vielen nicht mehr allzu viel (bis gar nichts) sagt: Jenseits der Stille.
Der Film beginnt seine Geschichte mit der Kindheit von Lara, der Tochter von zwei tauben Eltern. Von früh auf lernte sie Gebärdensprache und hilft ihren Eltern in wichtigen Lebenssituationen aus, in dem sie für sie übersetzt. Darunter leiden allerdings Laras schulischen Leistungen und ihr Sozialleben. An einem Weihnachtsfest mit der Familie kommt es jedoch zu einer Veränderung, nachdem Laras Tante Clarissa ihrer Nichte eine Klarinette schenkt. Lara entdeckt die Musik und das Musizieren für sich, etwas worüber sie sich mit ihren Eltern nicht austauschen kann und was zu Spannungen zwischen ihr und ihrem Vater führt.
Die erste Hälfte des Films erzählt von der Kindheit Laras. Trotz einiger intensiver Momente bleibt der Film insgesamt auf einer eher friedlichen Note. Konflikte werden hier immer wieder angedeutet, wechseln sich jedoch mit ruhigeren Momenten und fröhlichen Montagen der Familie ab. Dem Zuschauer bietet sich dadurch ein einfacher Zugang zu der Lebenssituation von Lara ohne ihn mit einer Vielzahl an Problemen zu erdrücken. Im Gegensatz wird an vielen Stellen sogar mit ein wenig Humor versucht, die teilweise etwas tragische Stimmung wieder aufzuhellen. Der klare Fokus der ersten Filmhälfte liegt, neben der Vorstellung Laras, auf dem Entdecken der Musik. Dabei sei erwähnt, dass hier niemand in musikalischen Fachbegriffen ertrinken wird, es geht viel eher um die Freude, die man aus Musik schöpfen kann, ob man nun selber spielt oder zuhört.
Und genau darin liegt der zentrale Konflikt der zweiten Filmhälfte, die von Lara als junger Erwachsenen berichtet. Von ihrer Tante angeheizt, möchte sie in Berlin Musik an einer renommierten Musikhochschule studieren. Während ihre Mutter versucht, sich in Laras Welt zurechtzufinden, kommt ihr Vater nicht mit den Zielen und Wünschen seiner Tochter zurecht. Er beginnt, Lara für alles schlechte in seinem Leben verantwortlich zu machen.
Wo die erste Filmhälfte diesen Konflikt nur kurz mit einfließen lies, wird hier in die Vollen gegangen. Die wütenden Streitgespräche in Gebärdensprache gehören mit zu den besten Szenen des Films, wenn sie auch alles andere als unterhaltsam sind. Neben dem zentralen Konflikt zwischen Lara und ihrem Vater gibt es auch mehrere andere Faktoren, die die Geschichte beeinflussen und mal für Trauer, mal für Freude sorgen, denn auch hier wird nicht ganz auf Humor verzichtet, dieser muss jedoch ein paar Schritte zurücktreten. Insgesamt ist die zweite Filmhälfte dramatisch stärker als die erste, sorgt jedoch mit einer Liebesgeschichte, die auf die weitere Handlung jedoch keine weiteren Auswirkungen hat und am Ende auch nicht weiter Erwähnung findet, für einige Längen. Der Übergang zwischen den beiden Phasen, Kindheit und junge Erwachsene, verläuft dafür großartig. Es kommt während einer Vorführung beim Schulelternabend zu einem Zeitsprung und am Ende des Liedes ist Lara 18 Jahre alt. Ähnlich leicht wird auch der Zuschauer von dem einen Teil in den anderen überfrachtet. So beginnt auch der zweite Teil nicht sofort mit einer Überdosis an Traurigkeit sondern entwickelt seine Probleme über Zeit. Zusätzlich wird dem Zuschauer in einigen seichteren Szenen immer wieder die Möglichkeit gegeben, sich emotional wieder etwas zu beruhigen.
Von schauspielerischer Seite muss man an dieser Stelle die beiden Damen hervorheben, die dafür verantwortlich sind, dass aus Lara ein Charakter geworden ist, in den man sich gut versetzen kann. Sylvie Testud spielt Lara als junge Erwachsene mit einer guten Mischung an innerer Ruhe und Vernunft, sie wie ihrem eigenen, leicht Sturen Verhalten. Damit meistert sie sowohl die ruhigen, traurigen Szenen, als auch die hitzigeren Diskussionen. In der bereits erwähnten Liebesgeschichte geht ihre Leistung leider etwas unter, was ich jedoch auf das Skript zurück führen würde, dass ihr an diesen Stellen nicht die glaubwürdigsten Dialogzeilen und Handlungen zur Verfügung stellt. Dennoch schafft sie es zu überzeugen und wurde dafür auch mit dem Deutschen Filmpreis beehrt. Tatjana Trieb übernahm den gleichen Charakter in ihren jungen Jahren und steht ihrem erwachsenen Co-Star in nichts nach. Besonders die ruhigeren Momente kauft man ihr gut ab. Leider verfolgte sie, mit einer einzigen Ausnahme, ihre Karriere als Schauspielerin nicht weiter.
Der wahre Hauptcharakter des Films ist für mich jedoch nicht Lara, oder aber ihre Eltern oder die Tante, sondern, wie könnte es anders sein, die Musik. Und die ist perfekt. (An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass mich der Soundtrack des Films durch große Teile meiner eigenen Kindheit begleitet hat, also bin ich hier möglicherweise etwas voreingenommen.) Niki Reiser zeigt sich verantwortlich für den Soundtrack und schuf damit eine gute Mischung aus fröhlichen, schnellen Tonabfolgen für die Lichtblicke im Film, so wie deutlich ruhigere Melodien, für dramatische Stellen. Dabei passen die Bilder oftmals schön zu den Klängen und diese Kombination fördert immer die passenden Emotionen. Selbst wenn man sich nicht auf den Film einlassen möchte, kann ich es nur wärmstens empfehlen, einmal in den Soundtrack rein zuhören.
Alles in allem gibt es von meiner Seite aus eine klare Empfehlung für Jenseits der Stille. Als leichtes Drama ist es ein trauriger Film, der es dem Zuschauer jedoch nie zu schwer macht, weiter zuschauen. Besonders dank einiger humorvoller Einlagen deprimiert der Film weniger, als andere Beiträge des Genres, ohne dabei zu vergessen, dass es sich hierbei immer noch um das Genre Drama handelt. Dank zwei guter Hauptdarstellerinnen und der großartigen Musik schafft der Film eine bleibende Erinnerung. Lediglich einige Szenen in der zweiten Filmhälfte trüben den Sehfluss des Zuschauers, da sie nicht vollständig in das bisher gezeigte Bild passen. Als erste Regiearbeit von Charlotte Link wurde der Film als bester fremdsprachiger Film bei den Oscars 1998 nominiert, verlor jedoch gegen die niederländische Konkurrenz. Links späterer Film Nirgendwo in Afrika erhielt 2003 jedoch die Trophäe.
Kommentare
12.10.2017 15:21 Uhr - NoCutsPlease |
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Super Sache, dass du mal wieder dein Rückensegel schwingst! :)
Der Titel klingt irgendwie bekannt, der Film selbst nicht. Gut verfasste Kritik, die Interesse weckt. |
12.10.2017 15:45 Uhr - TheRealAsh |
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13.10.2017 19:33 Uhr - Dimetrodon12 |
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13.10.2017 19:39 Uhr - cecil b |
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