Der Bodominjärvi ist ein See im finnischen Espoo, in der Nähe von Helsinki. Seinen Namen verdankt der See dem angrenzenden Stadtteil Bodom. Im Jahr 1960 sorgte dieser See für internationale Schlagzeilen, denn es wurden mehrere Jugendliche, die dort campierten, von einem unbekannten Mann ermordet. Ein Überlebender wurde viele Jahre später selbst beschuldigt, die Morde begangen zu haben. Der Verdacht konnte aber nicht bestätigt werden, so dass der Angeklagte 2005 von den Vorwürfen freigesprochen wurde. Bis heute sind die Morde nicht aufgeklärt. Sie bleiben mysteriös und sind zum Nährboden vieler Theorien und Legenden geworden. Ein Umstand, der sich in Finnland auch kulturell bemerkbar machen sollte, wie man z.B. an der finnischen Melodic-Death-Metal-Band „Children of Bodom“ erkennen kann, die sich aufgrund dieser ungeklärten Morde diesen Namen gegeben hat.
Warum ich hier über einen realen Mordfall schreibe? Nun, weil der hier besprochene „Lake Bodom“ auf eben diesen Gerüchten, Theorien und Legenden, die diesen mysteriösen Fall umwehen, basiert. Nun kann man die Frage stellen, ob es nicht etwas geschmacklos ist, einen, sich der Unterhaltung verschriebenen Genre-Film, auf diesen tatsächlichen, tragischen Ereignissen zu fußen. Es wird jedoch schnell klar, dass der Film den ursprünglichen Mordfall nicht exploitativ für sich ausschlachtet, sondern eher die morbide Faszination, die dieses Ereignis umgibt, als Aufhänger für eine eigene, rein fiktive Geschichte nutzt. Und die präsentiert sich zu Beginn als relativ genrekonformer Slasher.
Über 50 Jahre, nachdem am „Lake Bodom“ mehrere Personen ermordet wurden, wollen ein paar Jugendliche, fasziniert von den mysteriösen Umständen des noch immer nicht aufgeklärten Verbrechens, den Tatort besichtigen. Dort angekommen dauert es nicht lang, und die vier werden Opfer unheimlicher Ereignisse… ! Bei dieser sehr vagen Inhaltsangabe belasse ich es mal, denn je weniger man hier über den Verlauf der Geschichte weiß desto besser.
Das Set-Up des Films wirkt also erst mal vertraut. Ein Ausflug zum Ort des Geschehens, also dem damaligen Tatort am Titelgebenden „Lake Bodom“ wird vorbereitet, wobei Figurenkonstellation, Dialoge und allgemeiner Storyverlauf in bekannten Genrebahnen ablaufen. Doch trotz aller Vertrautheit fühlt sich die ganze Nummer irgendwie „anders“ an. Das liegt zum einen an der obsessiven Begeisterung für die damaligen Morde, die eine Figur hier relativ offen auslebt und damit zumindest beim Zuschauer für Unbehagen sorgt. Die anderen Figuren scheint dieser Umstand wenig bis gar nicht zu stören, lassen sie sich gar relativ widerstandslos zu einer Re-Inszenierung der ursprünglichen Umstände vor den damaligen Morden überreden.
Und ab jetzt wird es wirklich schwierig überhaupt noch etwas zu dem Film zu schreiben, denn jedes weitere Wort an dieser Stelle würde schon zu möglichen Spoilern führen und den Unterhaltungswert des Films erheblich einschränken. Denn auch wenn „Lake Bodom“ auf den ersten Blick recht generisch wirkt, es steckt sehr viel mehr in diesem finnischen Slasher als es den Anschein hat…! Bevor ich euch also mit weiteren Details die möglicherweise anstehende Erstsichtung von „Lake Bodom“ vermiese, stürze ich mich lieber auf die restlichen Aspekte des Films.
Produktionstechnisch zeigt der sich nämlich von einer beinahe tadellosen Seite. „Lake Bodom“ sieht wirklich fantastisch gut aus. Allein der Schauplatz am Bodom-See ist für den Zuschauer ein raues Naturerlebnis. Aber des Nachts, bei wirklich vortrefflicher Ausleuchtung und bedeckt von malerischen Nebelschwaden wird der See, und der ihn umgebende Wald, zu einem echten Hingucker. Die Kamera fängt atmosphärisch dichte Bilder ein und befindet sich stets in vortrefflicher Positionierung, um das sich hier entfaltende Slasher-Konstrukt zu bebildern.
Getragen wird der Film, neben der wirklich wunderschönen Kulisse, zu großen Teilen von seinen vier Hauptdarsteller(n)/-innen. Dabei schaffen es alle vier in ihren jeweiligen Rollen zu glänzen. Großes Lob an dieser Stelle auch an das Drehbuch, das den Charakteren glaubhafte Dialoge in den Mund legt und sie sich, innerhalb eines cleveren Storykonstrukts, weiterentwickeln lässt. Inszeniert wurde der Film von Taneli Mustonen , der es schafft befremdliche Szenarien innerhalb einer oberflächlich vertrauten Filmsituation zu kreieren. Das ganze klappt sogar so gut, dass einige anfänglich fragwürdige Situationen oder Entscheidungen der Figuren, im späteren Verlauf des Films in einem ganz anderen, unerwartetem Licht dastehen. Ganz große Klasse.
Brutal wird’s am „Lake Bodom“ dann selbstverständlich auch irgendwann, wobei man sich hier mit allzu drastischen Details zurückhält. Vielmehr ordnen sich die Gewaltakte konsequent der cleveren Story unter, wobei die ein oder andere fiese Spitze ihre Wirkung aber trotzdem nicht verfehlt.
Wirklich viel Negatives kann ich an dieser Stelle gar nicht berichten. Wenn ich einen Kritikpunkt äußern müsste, dann vielleicht, dass der Film im letzten Drittel etwas zu viele erklärende Rückblenden verwendet, die er in der ausgewalzten Form gar nicht nötig gehabt hätte, aber wirklich schlimm ist dieser Umstand keineswegs. Auf einen anderen kleinen Kritikpunkt meinerseits kann ich aus Spoilergründen nicht näher eingehen, aber auch dieser ist im Grunde zu vernachlässigen und beeinträchtig das sehr positive Gesamtbild nicht wirklich.
Ich kann gar nicht anders, als „Lake Bodom“ an dieser Stelle jedem aufgeschlossenen Slasher- und/oder Horrorfan zu empfehlen. Der Film ist ein wunderschön fotografierter, toll gespielter, mit fiesen Gewaltspitzen gespickter, wirklich clever konstruierter und mordsspannender Slasher-Thriller, der so vertraut anfängt und doch so ganz anders wird. Die ein, zwei Kritikpunkte meinerseits stören das positive Gesamtbild nur marginal, so dass sich „Lake Bodom“ seine 8,5 Punkte mehr als verdient hat. Klasse...
8,5 Punkte
8/10