„Eitelkeit ist wirklich meine Lieblingssünde.
Es ist eine so typische Eigenschaft. Eigenliebe. Das naturreine Opiat.“
Taylor Hackford kann durchaus von sich behaupten ein ambitionierter und überdurchschnittlicher Filmregisseur zu sein; gehen doch auf seinem Konto solch nicht zu verachtende Projekte wie „Ein Offizier und Gentleman“, „Dolores“ oder das Biopic „Ray“. Aber was heißt das schon? Schließlich werden in der Welt von Hollywood lediglich 2 Dinge anerkannt: Auszeichnungen und – eigentlich noch viel wichtiger – der finanzielle Erfolg. Sicher; seine Filme haben die Eine oder Andere Auszeichnung bekommen – er jedoch nicht. Seine Filme haben so einiges an Geld eingespielt – überragende Blockbuster waren sie jedoch nicht. Vielleicht ist das der Grund weshalb er in seiner Vita „lediglich“ 26 Filme als Regisseur vorweisen kann. Wer weiß? Auf jeden Fall können viele von diesen 26 Filmen zumindest eines vorweisen - was heutzutage ironischerweise den Anspruch finanziell erfolgreich zu sein weichen musste – nämlich Qualität. Doch wie ich schon anfangs erwähnte, kann sich Hackford dafür unter Anderem selbst auf die Schulter klopfen, denn wenn er von etwas Überzeugt ist; zieht er es auch durch. So auch im Falle von dem nachfolgend besprochenem Film:
„Im Auftrag des Teufels“
Traditionell beginnt in Hollywood Alles mit einem Drehbuch. Und wer jetzt denkt es kann doch nicht so schwer sein, schließlich kann man hier seiner Kreativität freien lauf lassen – der täuscht sich gewaltig. Denn selbst wann man ein prinzipiell gutes Buch hat, so gibt es nicht selten unzählige „Stadien“ die so ein Drehbuch durchläuft, wobei jeder der was zu Sagen hat (haben möchte) seinen Senf dazu gibt. Ob nun Produzent, Regisseur oder Darsteller. Und selbst wenn sich alle vorher theoretisch auf eine finale Version des Drehbuches geeinigt haben, so ist es ebenfalls nicht selten, dass es beim Filmen selbst, dann auch schon wieder zu Änderungen kommt. Geringfügig leichter hat man es da, wenn man einen Roman verfilmt. Denn dort gibt es soweit schon alles schriftlich; man muss es nur noch einem Film anpassen. Sei es um eine gewisse Laufzeit zu erreichen oder weil manche Szenen auf Papier doch mehr/anders wirken, als auf der Leinwand.
Ein solches Beispiel ist auch „Im Auftrag es Teufels“ nach dem Roman von Andrew Neiderman. Ich muss gestehen, ich habe das Buch selbst nicht gelesen und auch keine weiteren Recherchen zu Neiderman unternommen; da er doch weitestgehend unbekannt ist und ich daher finde, dass es nicht weiter zum Review beitragen könnte.
Wie dem auch sei, so ist das Drehbuch von Jonathan Lemkin (Shooter, Red Planet) und Tony Gilroy (Michael Clayton, The Great Wall) an sich doch äußerst hochqualitativ ausgefallen. So konzentriert sich das Drehbuch nicht nur auf seine hervorragend gestalteten Charaktere und deren einzelnen Geschichten; sondern umspannt noch mehr. So sind unter Anderem die kleinen Seitenhiebe auf das Justizsystem – und der Möglichkeit dieses, zu wessen Gunsten auch immer, zu beugen – oder die simplen Fragen nach Gut und Böse nicht zu verachten. Denn, ob nun religiös oder nicht, geht man etwas in sich, offenbaren einem doch tatsächlich die ein oder andere Situation in der man selbst zwischen Gut und Böse abwiegen musste. Sage ich meinem Kollegen das sein Hosenstall offen ist? Sollte ich diesen Apfel stehlen, da ich gerade das Geld nicht habe und der Verkäufer eh nicht hinsieht? Allein an diesen simplen Beispielen lässt sich doch gut verdeutlichen, dass das Böse oder der Teufel doch tatsächlich an so gut wie jeder Ecke lauert und wer ist sich da schon sicher, dass er dieser Versuchung eben nicht widerstehen könnte?
Präsentiert wird das Alles mittels feingeschliffener Dialoge, die das ein oder andere erinnerungswürdige Zitat aufweisen; wie dass, das ich am Anfang des Textes hervorhob. Lediglich einige „Ansprachen“ von John Milton (Pacino) sind dann doch etwas ausschweifender geraten und kommen nicht so recht auf dem Punkt. Aber das ist zu verschmerzen.
Vorgetragen werden diese Dialoge – wer hätte es erraten? - natürlich von den Schauspielern. Und auch hier kann man sagen, dass es nicht selten vorkommt das „die erste Wahl“ nicht klappt und man sich deshalb umsehen muss. So war Al Pacino (Heat, Scarface) zunächst gar nicht begeistert vom Drehbuch. Lehnte es sogar 5 mal ab und empfahl stattdessen Sean Connery oder Robert Redford für die Rolle des John Milton. Bei allem Respekt; so gut Connery oder auch Redford sind, aber in diese Rolle hätten sie nicht schlüpfen können. So dachte auch Hackford und ließ das Drehbuch nach Pacino's Wünschen (es war ihm zu effektlastig) ändern bis dieser sich bereit erklärte mitzuwirken. Es soll jetzt kein schlechter Wortwitz sein, aber: Gott sei Dank! Pacino passt wie die Faust aufs Auge. Ich habe vielleicht schon öfters erwähnt das die Augen das größte Kapital eines guten Schauspielers sind und Pacino demonstriert das wieder einmal perfekt. Seine Gestiken und Mimen sind direkt, überzeugend und unterstreichen hervorragend sein gesprochenes Wort. Sicherlich kann man auch hier wieder augmentieren, dass vieles von Pacino in diesem Film „overacted“ ist und ich kann diese Stimmen auch durchaus nachvollziehen. Ich finde es passt aber zu seiner Figur, die sich ja selbst fast als „größer als das Leben“ beschreibt und dementsprechend auch agiert. Aber es sind vor allem die, wenn auch wenigen, Szenen in der Pacino nichts sagt und einfach nur, ja, diabolisch in die Kamera sieht, die herausstechen. Da fällt es seinem Kollegen schon etwas schwer mitzuhalten.
Dieser war Keanu Reeves (Matrix, John Wick) und war auch nicht erste Wahl. Erst nachdem Brat Pitt, Edward Norton, Christian Slater und was-weiß-ich-nicht-noch alles abgelehnt hatten, war Reeves an der Reihe und auch er enttäuschte nicht – im Gegenteil. Gerade heute werfen ihm viele Leute vor, dass er des Schauspielens nicht (mehr) mächtig ist. Mit diesem Film, straft(e) er seinen Kritikern aber lügen. Wie zwar schon oben kurz erwähnt, schafft er es nicht gänzlich neben Pacino zu bestehen (wer schafft das schon?), meistert seinen Part aber mit Bravour. Sein Kevin Lomax hat Zweifel, Schwächen und je mehr Zeit verstreicht auch moralische Abgründe. Dennoch ist er stets authentisch und auch sympathisch. Reeves verkörpert sowohl den „netten Jungen von Nebenan“, als auch den „Draufgänger“ perfekt und schafft es so auch sich von Pacino und dessen Rolle zu unterscheiden.
An seiner Seite agiert die bezaubernde Charlize Theron (Monster, Fast and Furious 8) mit einer ihrer ersten „großen“ Rolle. Und gerade deshalb wollte sie um jeden Preis überzeugen. So traf sie sich monatelang mit einem Psychologen, der sie perfekt auf ihre Rolle vorbereiten sollte. Und es gelang ihm oder ihr hervorragend. Zunächst nur als „hübsches Augenmerk“ wahrgenommen, entwickelt gerade Theron sich zur Schlüsselfigur des ganzen Filmes und überrascht mit einer unglaublichen Intensität – gerade was die dramatischen/emotionalen Szenen angeht. Ebenso hochklassig sind die Nebenrollen besetzt. Ob nun Jeffrey Jones (Jagd auf Roter Oktober, Sleepy Hollow), Craig T. Nelson (Das Attentat, The Skulls) oder aber Connie Nielsen (Gladiator, Basic). Jeder von ihnen arbeitet auf absolut hohem Niveau und bereichert den Film um Einiges.
Damit alles in Allem auch optisch einwandfrei zusammenpasst wurden mit Leuten wie Andrzej Bartkowiak (Speed, Dante's Peak) für die Kamera oder Bruno Rubeo (Platoon, Der Kaufmann von Venedig) für das Produktionsdesign ebenfalls absolute Profis verpflichtet. Selbst kleinere Einfälle, wie zum Beispiel das Lomax's Anzüge, wie eben auch seine Gesinnung, zunehmend dunkler werden oder das Häusernummern mit der Zahl 555 auftauchen, tragen ungemein zum Filmgenuss bei, auch wenn man sie nicht beim ersten Mal registriert. Hinzu kommen natürlich auch die grandios gestalteten Räume mit ihren Einrichtungen, Gemälden oder auch Skulpturen, die sich optimal ins Gesamtbild einfügen.
Fazit: Viel gibt es bei diesem Film nicht zu kritisieren. Wirklich Horror bekommt man hier nicht geboten. Der Film lebt doch eher von der schleichenden, aber immer intensiver ansteigenden Spannung. Außerdem gibt es einige Szenen, die zwar schön gemacht sind und im Kontext auch sicher ihre Daseinsberechtigung haben, aber dennoch vom Eigentlichen ablenken und damit einen gewissen Leerlauf bei einer Spielzeit von über zwei Stunden verursachen. Allerdings gibt es so viel mehr positives zu erwähnen: Sowohl Pacino als auch Reeves agieren hier auf dem höchsten Level ihres darstellerischen Könnens und sorgen ein ums andere Mal für einige denkwürdige Momente. Ihre Schauspielkollegen stehen dem in fast nichts nach und garniert mit einem pointierten Drehbuch, einer schaurig-schönen Ausstattung und einem atmosphärischem Score, bekommt man hier einen der besten Thriller überhaupt vors Auge. Jedem sei dieser Film wärmstens empfohlen; doch Vorsicht: er ist höllisch gut...
9/10