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Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Herstellungsland:Großbritannien, USA (2017)
Standard-Freigabe:FSK 12
Genre:Drama, Komödie, Krimi, Thriller
Bewertung unserer Besucher:
Note: 8,04 (30 Stimmen) Details

Inhaltsangabe:

Nachdem im Mordfall ihrer Tochter Monate vergangen sind, ohne dass ein Schuldiger gefasst wurde, wagt Mildred Hayes einen mutigen Schritt. Sie bemalt drei an der Straße gelegene Außenflächen, die in die Stadt führen, mit kontroversen Sprüchen, die an William Willoughby, den ehrenwerten Polizeichef, gerichtet sind. Als sein stellvertretender Sheriff, ein unreifes Muttersöhnchen mit Neigung zur Gewalt, sich einmischt, verschärft sich der Kampf zwischen Mildred und Ebbings Gesetzeshütern nur noch weiter. (20th Century Fox Deutschland)

Diese Kritik enthält Informationen über den späteren Handlungsverlauf der Geschichte.
eine kritik von therealash:

Uff, hier wird einem wirklich eine Geschichte geboten, die noch tagelang unter der Haut brennt. Ich ziere mich bei manchen Filmen, wenn sie in der Presse so gelobt werden, vor allem dann, wenn ich mit dem Thema nicht so richtig was anfangen kann. Deshalb kurz: Missouri ist ein Staat im Mittleren Westen der USA, bei dem die Todesstrafe noch gilt und der Rassismus so weit geht, dass Reisewarnungen für Afroamerikaner ausgesprochen werden. Wir befinden uns im fiktiven Örtchen Ebbing, einer Kleinstadt, wo noch Gesetz, Recht und Ordnung zu herrschen scheint.

Unser Cowboy ist dieses Mal ein Cowgirl und heißt Mildred Hayes. Mildreds Tochter wurde auf bestialische Weise ermordet und der oder die Schuldigen wurden nach über einem halben Jahr noch immer nicht gefunden und die Polizei tut aus Mildreds Sicht auch nichts, um das zu ändern. Und wo die Not bekanntlich am höchsten, da wächst dann plötzlich eine Idee. Auf der abgelegenen Straße, bei der Mildreds Tochter ermordet wurde, sind drei große Reklametafeln, die nicht mehr in Gebrauch sind. Also geht Mildred zum ortsansässigen Reklameschilderbesitzer und mietet sie für ein Jahr. Auf ihnen steht juristisch einwandfrei, dass Sheriff Willoughby und die Polizei nichts tut und dass ihre Tochter vergewaltigt wurde, während sie starb.

Ganz schön harter Tobak, mag man sich denken, wenn in der Kleinstadt solche offenen Wahrheiten auch wirklich offen ausgesprochen werden, da man sowas ja bekanntlich nicht tut. Das ist nicht schön, das wirft ein schlechtes Licht auf uns, was sollen denn die Nachbarn denken, oh, mein Gott!

Sheriff Bill Willoughby ist jedenfalls genauso wenig begeistert wie seine Mannen, der Zahnarzt, der Pfarrer oder Mildreds Exmann. Dass der Sheriff nur noch wenige Monate zu leben hat, weil er an Krebs erkrankt ist, hilft da herzlich wenig. Mildred stört das in ihrem mitleidslosen Fatalismus nämlich kaum und sie zieht ihr Ding durch. Was dann passiert, steht außerhalb aller Möglichkeiten, welche die meisten Geschichten sonst so bringen. Wir haben hier absolut keinen, aber auch gar keinen positiven Hauptcharakter, dem man hundertpozentig zustimmen könnte. Um es drastischer zu sagen, sowohl Mildred, als auch Willoughby und vor allem Officer Jason Dixon sind einfach Arschlöcher vor dem Herrn, stur, rechthaberisch und gewalttätig, dass man selbst nur so reinschlagen möchte. Eine Spirale der Gewalt quasi.

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri erzählt eine extrem packende und durchdachte Geschichte, die wirklich einzigartig ist. Gerade die Verbeugung vor dem Genre des Western ist hier extrem wichtig, obwohl die gute Zeit des Wilden Westens und die ganze Lagerfeuerromantik längst vorbei sind. Das Cowgirl gegen den Sheriff ist dabei wiederum die uramerikanische Geschichte, zu der man sich am besten ein Happy End wünscht. Doch in diesem Film ist nichts sicher. Nicht einmal die Meinung des Zuschauers. Ich war ständig hin- und hergerissen, wie ich das alles nun finden sollte und wurde am Ende tatsächlich nochmal umgehauen. Insgesamt bewegt sich die Geschichte nämlich oft auf so dünnem Eis, was die Sympathie und das richtige oder falsche Verhalten anbelangt. Damit läuft so ein Film vielleicht sogar Gefahr, dass manche eine Meinung darin bestätigt finden, die ich beispielsweise so nicht unterstützen würde. Echt schwierig.

Gerade das Thema Selbstjustiz wird unter anderem als großes Thema hinterfragt. Aufgelöst wird das nicht ganz. Aber man muss schon sagen, dass sich die Zeiten geändert haben, wenn dieser Film eine FSK 12 hat und Ein Mann sieht rot von Michael Winner bis vor kurzem noch indiziert war. Würde Three Billboards die Tötungsszene von Mildreds Tochter vielleicht zu Beginn zeigen, würde man das anders betrachten. Trotzdem gibt es aber genug Blut und Gewalt, keine Angst. Vielleicht war ich auch deswegen so kritisch und dachte, dass der Film nichts für mich ist.

Regisseur Martin McDonaugh hat einen grandiosen Film gemacht, der die beiden ebenfalls guten Filme Brügge sehen... und sterben? und 7 Psychos bei weitem übertrifft und aussehen lässt, als wären es Fingerübungen. Trotzdem merkt man seine Handschrift im - wie ich finde - extrem unvorhersehbaren und aggressiven Verhalten seiner Figuren und diesem unglaublich düsteren schwarzen Humor, den ich eigentlich nur von Engländern kenne. McDonagh ist zwar nur irisch-britisch, aber da drücken wir mal ein Auge zu, bei uns in Missouri.

Schauspielkünstlerisch befinden wir uns schlichtweg auf dem Olymp. Frances McDormand (Fargo, Darkman, Moonrise Kingdom) läuft nicht nur wie John Wayne, sie ist die kühle und desillusionierte Pionierin des Wilden Westens, die wunderbar zeigt, dass es so in ihrer Stadt nicht weitergeht, obwohl ihr Mutterstatus ebenfalls nicht ganz strittig ist und ihre Filmfamilie offensichtlich dysfunktionaler nicht sein könnte. Eine Calamity Jane, wie sie im Buche steht.

Anders ist da auf den ersten Blick schon der integere Sheriff, der von Woody Harrelson mit einem dermaßen grundsoliden Patriotismus gespielt wird, dass die beiden Töchter, während Papa und Mama sich zum Beischlaf verziehen, schon mal für die Polizei-Academy der US of A üben können. Harrelsons Karriere ist sehr interessant, wenn man sich seinen Anfang als liebenswertes Dummchen in der Sitcom Cheers ansieht, seinen Charakterwechsel zum Durchbruch als ernsthafter Schauspieler in Natural Born Killers oder Larry Flint, bis hin zur ersten Riege Hollywoods. Wer ihn in True Detective mochte, wird Woody in Three Billboards lieben.

Zuletzt möchte ich noch auf Sam Rockwell (Moon) hinweisen, der den dümmlichen Officer mit Aggressionsproblem verkörpert, wie das kaum ein anderer besser machen könnte. Mutige, verabscheuungswürdige und doch letztlich herzliche Rolle. Ganz großes Schauspielkino! Für alle Freunde von Game of Thrones sei noch erwähnt, dass Peter Dinklage hier nicht nur trinkt und Dinge weiß, sondern ein Äuglein auf die gute Mildred geworfen hat.

Den Rest wird die Filmgeschichte erzählen, da Three Billboards dieses Jahr sicherlich den Hauptteil des beliebten Goldjungen der Filmbranche abstauben wird. Allein das Drehbuch hätte es mehr als verdient. Aber die Hauptdarsteller sind einfach so gut, dass bei ihnen kaum der ein oder andere Weg vorbeiführen wird.

Als letzte Bemerkung muss ich noch loswerden, dass ich während meines Kinobesuchs daran denken musste, dass mich Three Billboards ein bisschen an die düstere und ausweglose Stimmung in Friedrich Dürrenmatts Es geschah am hellichten Tag mit Heinz Rühmann erinnerte oder an das Remake Das Versprechen mit Jack Nicholson, der ebenfalls sehr gut ist. Ich meine damit die Suche nach dem Schuldigen, während man woanders über Leichen geht.

Zusammenfassend zeigt Three Billboards auf einer etwas anderen Ebene die politische Stimmung in den USA. Das Thema der Selbstjustiz und das Anprangern des Gesetzes machen die Geschichte aus, während sogar Hinweise auf von den USA geführte Kriege gegeben werden und die Traumata, die sie nicht erst seit John Rambo ins Land zurückbringen. Am Ende ertappt man sich selbst, dass man erschrickt, weil man sich anscheinend auf nichts verlassen kann, nicht einmal auf das Justizsystem. Und da fängt man an Mildred zu verstehen. Da einerseits meine Erfahrungen mit dem Gesetz bisher immer andere waren, kann ich das nicht so ganz nachvollziehen und am Ende stößt mir das ein bisschen auf. Da ich andererseits aber die Offenheit dieses Filmkunstwerks respektiere, kann ich nicht anders, als den Film mit allem Nachdruck zu empfehlen, für alle die auf Schemen jenseits von Gut und Böse stehen, gewürzt mit einem derart pechschwarzen Humor, dass einem das Lachen im Rachen stecken bleibt.

Jeder und jede sollten diesen Film gesehen haben!

10/10
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Kommentare

01.03.2018 00:06 Uhr - Nubret
1x
User-Level von Nubret 9
Erfahrungspunkte von Nubret 1.126
Und diesen Rat werde ich befolgen! Top wie immer!

01.03.2018 09:49 Uhr - Intofilms
1x
Vom Feinsten! Ich wäre wohl verloren, ließe ich mir diesen Film entgehen. Das wird aber nicht geschehen! :))

01.03.2018 11:02 Uhr - DriesVanHegen
1x
User-Level von DriesVanHegen 5
Erfahrungspunkte von DriesVanHegen 369
Trotz deiner Ambivalenzen eine 10? Oder gerade wegen dieser?

Ich habe das Werk vergangene Woche auch im Kino gesehen und bin auch sehr zwiegespalten. Martin McDonaughs (laut Internet übrigend gebürtiger Engländer) bisherige Werke haben ja immer bitterbösen Humor und groteskte Gewaltspitzen beinhaltet. Ich habe sie bisher aber immer als reine Unterhaltungsfilme gesehen. THREE BILLBOARDS verbindet den schwarzen und zynischen Humor aber zusätzlich mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatten. Dadurch fand ich den Film trotz des Humors recht unnahbar. Da werden mitten drin wichtige und sehr ernste Themen angeschnitten, um sich in der nächsten Szene wieder unterhaltsamen Mutterkomplexen auseinanderzusetzen. Das hat es mir schwer gemacht mich richtig vom Film entführen zu lassen. Vergewaltigung, Selbstjustiz, Rassismus - harter Tobak der da aufgefahren wird, aber dabei keinen Finger erhebt.
Schauspielerisch aber über alle Zweifel einwandfrei besetzt, McDormand und Harrelson sind wie immer super. Aber Sam Rockwell schießt den Vogel ab. Ich mag ihn in seinen ungewöhnlicheren Rollen, wie eben 7 PSYCHOS oder MOON, aber hier war er der perfekte Rassist. Dauerstramm, entsprechend nuschelnd (OT-Pflicht!) und nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber schlussendlich mit einem guten Herz. Und trotzdem wird seine Figur mit Sicherheit für die meisten Diskussionen sorgen.
THREE BILLBOARDS verpackt Emotion, Humor und aktuelles Geschehen zu einem wenig spannenden Plot, der es schwer macht, sich auf ihn einzulassen. Belohnt aber mit exzellenten Darstellern und einem düsteren Kommentar zur politischen Stimmung.

Der Nebensatz zu Dinklage übrigens: schöner Fan-Service :)

Und danke für die Erinnerung an den ungesehen im Regal stehenden ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG ;)

01.03.2018 11:46 Uhr - TheRealAsh
2x
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dank euch, Jungens!

@Knödel: Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ist ja tatsächlich so, dass ich es ähnlich sehe, die 10 steht für mich wegen des künstlerischen Anspruchs, ich glaube viele vergöttern den Film wegen seiner Ambivalenzen und schlechten Erfahrungen mit der Justiz. Da ich andere Erfahrungen habe und einem funktionierenden Rechtssystem vertraue, das auch Fehler haben kann, ist für mich Billboards kontrovers. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es ein hervorragender Film ist, der genau diese kontroversen Themen ansprechen soll und kann. Dafür gibt es Filme ja. Das mit McDonagh ist natürlich ein alter Iren-Engländer-Witz, der letztlich ebenfalls so witzig nicht ist;-)

Und gut, dass dein Regal mal wieder einen Titel gesehen bekommt, das Arme, fühlt sich doch völlig ungeliebt, wenn immer neue Titel reinkommen und die alten nicht geschaut werden. Du Schwerenöter;-)



Hüttenpolizist Ashley

01.03.2018 12:07 Uhr - DriesVanHegen
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Zu meiner Verteidigung: ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG steht jetzt mit Sicherheit schon seit Jahren dort und fühlt sich ganz wohl. Aber tatsächlich sind gerade viele Neuanschaffungen eingegangen. Alte Disneyklassiker haben jetzt den Sprung von VHS auf BR geschafft und das wunderschöne Retromotiv von COLORS hat sich zur Capelight-Sammlung gesellt :)

01.03.2018 14:08 Uhr - DerRezensierer
1x
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Hm, hört sich sehr interessant an, was die Story Arch betrifft. Sehr gut beschrieben und eine gute Kritik obendrein, findet man hier recht selten. Hut ab!

01.03.2018 17:21 Uhr - Stoi
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Muss ich dringend noch schauen
Alleine schon wegen Frances McDormand - die geht immer. :)

01.03.2018 21:00 Uhr - TheRealAsh
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Auch ein Danke an euch und viel Freude beim Schauen!

02.03.2018 12:07 Uhr - tschaka17
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Tolle Rezension und die Empfehlung auch von mir. Und dies, obwohl ich mit dem Streifen einfach nicht verbinden konnte. Vieles was du schreibst teile ich so: Innovative Geschichte, gute Inszenierung - etwas überbewertet -, starker Cast (Oscar für beste weibliche Hauptrolle?!)... Wirklich ein Ausnahme-Film. Manchmal reißt einen das aber trotzdem nicht mit und da mir die Figur von McDormand total unsympathisch war hatte ich die ganze Zeit Probleme. Schade, aber ist ab und an einfach so. Würde ja Sam Rockwell hier den Oscar für bester Nebendarsteller gönnen, der war richtig spitze!

Anschauen sollten sich den Interessierte auf jeden Fall!

23.12.2018 03:51 Uhr - Dr.Ro Stoned
1x
Hab den heut erst gesehn.
Drei Worte:
Ganz großer Film!

10/10

P.s. danke mal wieder für die review.
Du hast recht. Bei diesem film blieb mir ebenfalls ein paar mal das lachen im halse stecken. Manchmal flutschte es jedoch trotzdem raus.

Allerdings hatte ich im nächsten moment wieder ein schlechtes gewissen...

Ich kann ebenfalls nur eine absolute empfehlung an jeden geben:
Unbedingt ansehen und staunen, wie gute schauspieler ein sehr, sehr brisantes thema beleuchten!

Schade, dass der film nur ca. 2 stunden läuft. Ich hätte die figuren gerne noch viel besser kennengelernt.
Ein besuch im zoo oder bei den behinderten pferden😉.

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