The first purge
Achtung, es ist nur noch eine Stunde bis zum Experiment. Das Experiment dass die USA wieder grossartig machen wird. Jeder kann seine Seele reinigen, das Böse von sich säubern, die Wut freien Lauf lassen. Plündern, verletzen, vergewaltigen, töten! Geheiligt seien die „neuen Gründerväter“ - Make America great again!
Klingt hart? Ist es auch. Aber dies ist nicht der erste Film in der „the Purge“ - Reihe, auch wenn der Titel „the first purge“ lautet. Ok, es geht hier um die erste Säuberung, aber es handelt sich hierbei um ein Prequel, der Film spielt noch vor „the Purge“ von 2013 mit u.a. Ethan Hawke und Lena Headey in den Hauptrollen.
Um gleich eines mal vorweg zu erwähnen, der Film ist hart, wirklich hart. Dass dieser düstere Film eine FSK ab 18 - Freigabe bekommen hat, ist durchaus nachvollziehbar. Man sollte aber keine Angst davor haben, dass der Film später in der Heimkinoauswertung eine Spio/jk - Freigabe bekommt, und man sollte auch nicht abwegen, dass er vielleicht sogar eine FSK 16 - Freigabe bekommen könnte. Aber, ohne zu spoilern, sollte gesagt sein: es werden viele Kehlen aufgeschlitzt, matschige Erschießungen gibt es, es gibt Gehirnmassen, mehrere kranke Messerstechereien etc. pp. Für die höchste Freigabe wird allerdings die Tatsache daran Schuld tragen, dass es sich hier um die erste Säuberung handelt. Der Fakt, dass in den drei „Vorgängern“ (chronologisch Nachfolger) meist aus Notwehr gehandelt wurde, könnte auch ein Grund für keine Jugendfreigabe sein. Hier wird oft aus guter Gelegenheit getötet, und das nicht unblutig. Aber auch hier gibt es eine Waffenstufe, die ähnlich wie im Krieg Grenzen hat. Alle Waffen bis Stufe 4 sind erlaubt. Zwar stellt sich mir hier die Frage, was genau Waffenstufe 5 sein soll, wenn einige mit Flammenwerfer herumlaufen. Es sei denn, diese Gestalten halten sich nicht an die Waffenstufen. Ein interessanter Punkt.
Das wirklich positive an dem Film ist u.a. dass die Stimmung sehr dunkel ist und die Atmosphäre damit noch etwas gehoben wird. Das alles gemischt mit den Armenvierteln von Staten Island, wo die erste Purge stattfindet, ist ein Muss für alle John Carpenter fans! Ein stimmiger und bedrückender Soundtrack deckt das Ganze noch zusätzlich ab, was einen sofort in die Gegend und das Geschehene hineinzieht. Grossartig! So muss ein Thriller-Horror aussehen und auch so funktioniert einer.
Zusätzlich bietet der Film eine wunderbare Garde an interessanten Figuren, wie dem Gangster Dmitri (Y‘lan Noel), die hübsche Nya (Lex Scott Davis) sowie ihr Bruder Isaiah (Joivan Wade). Während Dmitri zu Anfang dieser eiskalte Gangster ist und Nyas Bruder Isaiah ein Jugendlicher, der noch viel lernen muss, und ganz viel Mist baut, so treiben sie beide während der Purge immer mehr zueinander in Richtung Mitte (welche von Nya charakterisiert wird).
Hier und da gibt es dann noch die typischen Figuren wie eine Nachbarin, die man sympathisch findet und liebgewinnt, sowie ein paar Gangmitglieder, Treue und Untreue, und die Bösen. Wobei natürlich jeder in dem Film seinen eigenen Feind, sich selbst, und seinen Gegenspieler hat.
Jeder Charakter, vorallem die drei Hauptfiguren erleben aber einen leicht nachfolgenden und begleitenden Charakteraufbau und Tiefgang, sodass man nicht sagen kann, dass es sich hier nur um einfache und schlechte Figuren handelt. Sie entlickeln sich, ob positiv oder negativ lasse ich dem Leser offen.
Neben der guten Regie von Gerard McMurray, welcher für einige durch seinen Film „Fruitvale Station“ ein Begriff sein sollte, sorgte nicht nur Blumhouse für die Produktion, sondern auch Michael Bay. Ja, grosser Schreck, Michael Bay - ich geh nicht mehr ins Kino - falsch! In dem Film gibt es so gut wie keine Explosionen und die ein, zwei Stück sind nicht einmal Bay-typisch. Also keine Sorge, es sollte an dieser Stelle nur erwähnt sein. Eine Überraschung ist es allerdings auch ohnehin nicht, produzieren tut er das Ganze schon seit Teil 1 (2), die geplante Serie ist auch von Bay produziert. Läuft also...
Zur Kameraarbeit gibt es eigentlich nichts zu erwähnen, ausser dass es kein Gewackele gibt. Man kann dem Geschehen einwandfrei folgen ohne epileptische Anfälle zu bekommen oder dergleichen. Eine „saubere“ Arbeit sozusagen. Nebenbei hält die Kamera zudem auch voll drauf. Kein ‚Kamera wendet sich ab und wir sehen den Schuss nicht‘, nein - jeder Schuss ein Treffer.
Neben der spannenden und düsteren sowie dreckigen Atmosphäre bleibt auch der Soundtrack nicht zu kurz. Genannt wurden zwar schon der eindrucksvolle und beklemmende Score, allerdings noch nicht der Hip-Hop Soundtrack der u.a. mit tracks wie: „the reaper cometh“ (Kevin Lax feat. Desiigner), „up“ (Desiigner) oder „Nascar“ (1PLAYY) die Kinosessel zum beben bringt und in den Ohren ballert!
Als fan von Hip-Hop und Rap (besonders dem US-amerikanischen (an dieser Stelle mal ein peace an N.W.A. und 2Pac) war das ein grosser Pluspunkt, diese tracks werden im Übrigen meist an günstigen Stellen verwendet, die den Rest des Filmes und seinen eigentlichen Kontext nicht unabsichtlich lächerlich wirken lassen. Bei Black Panther wurde die Musik für meinen Geschmack zu häufig, und auch deplaziert verwendet. Aber das ist ja auch eine bunte Kinderactionkomödie und kein harter, düsterer und dreckiger „Ghetto“-Horror-Thriller.
Neben einer erstklassigen Atmosphäre, einem spannenden Handlungsverlauf, klugen und nicht dummen Entscheidungen (die hier zum ersten Mal erwähnt werden, aber dadurch nicht zu kurz kommen), einem wunderbaren Score und Einsatz von schwarzem Rap sowie den interessanten und auch wirklich coolen Charakteren und zu guter Letzt dem nötigen Härtegrad, ist für jeden Interessenten und/oder fan der Purgefilme, der wissen will, wie es anfing, warum und wer alles mitmacht oder überhaupt wollte (?), der Kinogang vollstens gesichert. Spannend, actionlastig, sehr blutig und mitfiebernd. Ihr werdet nicht enttäuscht!
Und nun beginnt die Säuberung! Alles erlaubt, bis auf gegenseitiges mobbing in den Kommentaren.
„Gesegnet seien unsere neuen Gründerväter und Amerika, das von dem Schmutz befreit wird.“ - eine Gesellschaftskritik an die weisse Obrigkeit und deren Politik, der Ausnutzung der Armenviertel der schwarzen US-Bevölkerung, welche bis heute in den USA besteht, der Politik selbt und der momentanen realen Situation in den USA? Wer weiss...
10/10