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Hagazussa - Der Hexenfluch

Originaltitel: Hagazussa

Herstellungsland:Deutschland, Österreich (2017)
Standard-Freigabe:FSK 16
Genre:Horror
Alternativtitel:Hagazussa: A Heathen's Curse
Bewertung unserer Besucher:
Note: 6,67 (15 Stimmen) Details

Inhaltsangabe:

Das 15. Jahrhundert. Der kalte Winter breitet sich über die Alpenlandschaft aus. In einer abgeschiedenen Berghütte lebt die junge Ziegenhirtin Albrun mit ihrer Mutter. Als diese einer plötzlichen Krankheit erliegt, bleibt die Tochter alleine und traumatisiert zurück. 20 Jahre vergehen. Inzwischen selbst ein Kind zur Welt gebracht und von der Dorfgemeinschaft als Heidin und Hexe ausgegrenzt beginnt Albrun eine finstere Präsenz wahrzunehmen, die in den dunklen Wäldern auf sie wartet. Angst, Alptraum und die Grenzen der Realität beginnen zu verschmelzen, bis sie schließlich mit ihrem Wahn und dem Bösen in sich selbst konfrontiert wird. (Al!ve AG)

Diese Kritik enthält Informationen über den späteren Handlungsverlauf der Geschichte.
eine kritik von therealash:

Der österreichische Regisseur Lukas Feigelfeld hat mit Hagazussa - Der Hexenfluch ein ganz schönes Brett abgeliefert, das zu Recht gute Kritiken erhält und die Zuschauer in seinen Bann schlägt. Feigelfeld hat vom Regiestil her einige Vorbilder, wie ich finde, die man so eigentlich nicht übersehen kann. Zum einen finde ich da recht viel Andrei Tarkovsky (Stalker, Solaris), von dem es sogar ein ziemlich deutliches Zitat aus seinem Film Der Spiegel gibt. Zum anderen empfinde ich auf einer mehr persönlichen Ebene eine sehr positive Ähnlichkeit zum von mir hochverehrten ungarischen Filmmeister Béla Tarr (Satanstango, Die Werckmeisterschen Harmonien), zumindest, was die Darstellung einer - ich sage mal - hochstilisiert unerträglichen Alltäglichkeit anbelangt, die einerseits zäh wie altes Fleisch ist, andererseits aber ebenso real wie das eigene Leben.

Auf der wunderschönen Veröffentlichung von Alive gibt es noch Feigelfelds Kurzfilm Interferenz zu bewundern, der mit seinen stattlichen 50 Minuten ebenfalls an eine dystopische Spielart von Tarkowski und Konsorten erinnert. Der Soundtrack der Ambient-Band MMMD aus Griechenland verdient hier noch besondere Erwähnung, da er düstersten Drone-Core bietet, der mir als Fan der Brumm-Götter sunn o))) die Tränen in die Augen drückt. Das extrem coole Video zu "Hagazussa madichon" lässt sich auf einschlägigen Videoportalen genießen und gibt einen guten Eindruck von der Gesamtstimmung des Films. Apropos Stimmung: die mexikanische Kamerafrau Mariel Baqueiro lässt das Kristallbild klickern und wachsen, dass es nur so schallt und Gimmick 647 aus YPS wie eine Mogelpackung aus dem Chemiebaukasten wirken lässt. Filmisch ist Hagazussa eine wirklich dunkle, psychedelische, unterwassertrübe, blutige und schneeblinde Bedrohung.

Was aber bietet die Story von Feigelfeld? Wir schreiben das Jahrhundert 15. Töchterchen Albrun lebt mit ihrer pestverseuchten Mutter, die auch sonst ihre mütterlichen Qualitäten nicht grade als Aushängeschild bewerben kann, in einer alpinen Hütte fernab der zumindest dörflichen Zivilisation. Bald stirbt Mama und Albrun bleibt ganz auf sich allein gestellt, wie wir 20 Jahre später erfahren. Außerdem hat Albrun noch ein Baby, von dessen Erzeuger wir genausowenig erfahren, wie von dem, der Albrun erzeugt hat. Geht es gar mit dem Gehörnten zu? Hat der Teufel seine Hufe im Spiel? Wie soll man so ein Leben eigentlich ertragen, ohne sich selbst zu töten?

Ach so, um viel mehr geht es ehrlich gesagt gar nicht und das ist wohl auch eines der Dinge, die ein paar effekt- und storyhascherische Gesellen etwas enttäuschen wird. Denn im Grunde genommen geht es in Hagazussa um ein kaltes und düsteres Kapitel der deutsch-österreichischen Vergangenheit, wo der versierte Black-Metaller noch die Liebe zur paganen Natur dem Missbrauch der Kirche vorgezogen hat. Ja klar, um Missbrauch geht es natürlich ebenfalls und natürlich um psychische Krankheit und Wahn. Dass Hexen eine besondere Vorliebe für halluzinogene Pilze haben und keine Veganer sind, weiß der geneigte Hexen-Sabbatist ebenfalls.

Aleksandra Cwen als Albrun spielt wirklich karg-aggressiongehemmt und die von ihr dargestellte Figur hätte wohl kaum eine Chance, jemals ein hollywoodsches Happy-End zu erarbeiten, verkörpert sie doch das Schicksal von autonomen Frauen jenseits des damals Regulären. Auch Claudia Martini als die Mutter, Tanja Petrowsky als Swinda, oder Haymon Maria Buttinger als stierer Pfaffe zeigen eine sehr theatrale Schauspielkunst, die dem gallenschwarzen Gesamtprodukt gut stehen. Celina Peter als Klein-Albrun verdient besondere Erwähnung und ebenfalls Feigelfelds Kätzchen.

Als Warnung ist zu sagen, dass man sich nicht täuschen lassen sollte, wohin hier die Reise geht. Hagazussa ist kein effekthascherischer Horror, sondern ein leiser und unter der Oberfläche viel brutalerer Film, als es den visuellen Anschein macht (mehr als ätzenden Kannibalismus inklusive). Die vielerorts erwähnten Vergleiche zu Robert Eggers The Witch sind sicherlich nicht verkehrt, aber ein bisschen Ingmar Bergman à la Die Jungfrauenquelle und eine Prise Schlafes Bruder sagt hier möglicherweise mehr aus. Als deutschsprachiger Film ist ein solches Erbe übrigens ebenfalls nicht von der Hand zu weisen, das bei einem gewissen Theaterstück von Heinrich Leopold Wagner (dessen Titel ich extra nicht nenne) beginnt und bei einem Faust eines recht bekannten deutschen Dichters sicher nicht endet. Der Hexenhammer (das pfälzische Standardwerk von 1486 zur Verfolgung der Hexe an sich) findet hier jedenfalls seine wahre Legitimation.

Bleibt zu sagen: Hagazussa ist ein bemerkenswertes Filmdebut, das auf den zweiten und dritten Blick seine volle Tragweite erst entfacht und auf visueller und erzählerischer Ebene eine Dunkelheit der menschlichen Psyche heraufbeschwört, die das Äußerste des menschlichen Verstandes nicht zu fassen vermag, während Gedärme im Schnee das Feuer der ewigen Verdammnis einläuten.

Wie so oft ein: "Ave Satanas!"

9/10
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Kommentare

05.08.2018 20:01 Uhr - sonyericssohn
1x
Moderator
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An den hab ich mich noch ned rangstraut.
Jetzt bin ich um so neugieriger !
Danke der Herr !

05.08.2018 22:42 Uhr - Knochentrocken
1x
User-Level von Knochentrocken 5
Erfahrungspunkte von Knochentrocken 448
Also wenn der Film an Ingmar Bergmann erinnert, warum nicht? Du hast ihn mir schmackhaft gemacht echter Ash!
Und österreichische Filme sind oft sehr zu empfehlen. In den letzten Jahren hat mir besonders „Ich seh, Ich seh“ sehr gefallen. Und härtetechnisch sind die Österreicher auch nicht so verklemmt, wie die Deutschen.
Auch in „Ich seh, Ich seh“ geht es rabiat zu. Empfehlung an dich, falls du ihn nicht kennst. ;)

06.08.2018 00:18 Uhr - TheRealAsh
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Ich seh, ich seh ist klasse, stimmt, den muss ich auch mal wieder rauskramen.

06.08.2018 06:26 Uhr - Nubret
1x
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Erfahrungspunkte von Nubret 1.126
Schön, schön, schön!

Als Nachfahre von Heinrich Kramer wird dieser Film natürlich zum Pflichtprogramm. Danke für die interessante Vorstellung!

06.08.2018 10:13 Uhr - DriesVanHegen
1x
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Erfahrungspunkte von DriesVanHegen 369
Das wird ein Must-Buy und Must-See!

06.08.2018 19:07 Uhr - TheRealAsh
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Erfahrungspunkte von TheRealAsh 1.399
Ihr wisst ja: dingdong, die Hex ist tot!

07.08.2018 23:42 Uhr - Punisher77
1x
DB-Helfer
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Erfahrungspunkte von Punisher77 3.992
Gewohnt hervorragendes Review zu einem Film, von dem ich noch nie etwas gehört habe, der aber interessant sein könnte1

08.08.2018 17:40 Uhr - Necron
1x
User-Level von Necron 5
Erfahrungspunkte von Necron 337
Als Fan von "The Witch" hat mir diese Review selbstverständlich nochmal besonders gut gefallen und war ein Must-Read ;)

"ätzenden Kannibalismus" na, das klingt doch mal lecker ;)

Ja, den Streifen werde ich in jedem Fall auf Scheibe sichten müssen :)

09.08.2018 18:37 Uhr - TheRealAsh
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Dank euch Männer! Necron, ich glaube der wird dir recht gut gefallen

22.01.2019 14:22 Uhr - Stoi
1x
Ich bin ja offen für ungewohnte Sichtweisen und andere Inszenierungen aber das Ding war mir definitiv zu sperrig.
Der ging überhaupt nicht an mich.

24.01.2019 00:49 Uhr - TheRealAsh
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macht ja nix, dank dir;-)

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