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Leben und Sterben in L.A.

Originaltitel: To Live and Die in L.A.

Herstellungsland:USA (1985)
Standard-Freigabe:FSK 16
Genre:Action, Thriller
Bewertung unserer Besucher:
Note: 8,58 (25 Stimmen) Details

Inhaltsangabe:

FBI-Agent Richard Chance (Petersen) hat restlos genug von den Regeln, als sein langjähriger Freund und Partner Jim Hart zwei Tage vor der Pensionierung erschossen in einem Müllbehälter endet. Chance ahnt, dass "Blüten"-Spezialist Eric Masters (Dafoe) der Täter ist. Wie besessen versucht er mit allen Mitteln, ihn zu überführen. Bei seinem gnadenlosen Feldzug gerät er mit seinem neuen Partner mehr und mehr in die Grauzone von Illegalität und Korruption ... Wird ihn die Rache am Ende selbst zerstören? (20th Century Fox)

Diese Kritik enthält Informationen über den späteren Handlungsverlauf der Geschichte.
eine kritik von therealash:

Ich habe es schon öfter betont und werde nie müde: William Friedkin hat nicht nur mit Der Exorzist die Film- und Horrorwelt nachhaltig beeinflusst, sondern ist für mich einer der besten noch lebenden Regisseure überhaupt. Auch er war und ist Teil des schon lange nicht mehr ganz so neuen New Hollywood (Scorsese, Spielberg, Schrader, Bogdanovich, um nur ein paar zu nennen, die noch leben).

Von der Handlung geht es in To Live and Die in L.A. um einen alten Cop kurz vor der Rente, einen jungen Cop, der seinen väterlichen Partner idealisiert und dann noch um einen neuen Partner im gleichen Alter, der vielleicht alles anders machen könnte. Handlungsantrieb ist die durch Rache motivierte Jagd auf einen erfolglosen Kunstmaler, der dafür umso bessere Kopien von Geldscheinen tausendfach reproduziert und vor nichts Halt macht. Dazwischen gibt es Korruption, Verbrechen, Wut, Raserei und natürlich eine schöne Frau, die aus dieser Neo-Noir-Welt namens Los Angeles wohl nie entkommen wird, außer als gestrandeter Engel am Meeresufer.

Die Romanvorlage stammt vom ehemaligen Geheimagenten (USSS) Gerald Pietivich, der auch ein kleines Cameo hat und für seine düsteren Los-Angeles-Krimis geschätzt wird. Verfilmt wurden von ihm noch The Sentinel mit Michael Douglas und Boiling Point mit Wesley Snipes. An der Kamera fängt der erst vor knapp drei Monaten verstorbene Robby Müller die flirrende Halbwelt der Stadt der verlorenen Engel ein. Wie immer ist seine alles aufnehmende und nie zu ruhende Kamera integraler Bestandteil der Erzählung, wie schon bei seinen Werken zu den Filmen von Lars von Trier (Breaking the Waves), Wim Wenders (Paris, Texas) oder Jim Jarmusch (von Down By Law, über Dead Man, bis hin zu Coffee and Cigarettes). Über den tief mit dem 80er-Synthiesound verwachsenen Soundtrack zwischen psychedelischem Instrumental und wavigem Pop-Rock von Wang Chung brauche ich nicht mehr zu sagen als: Abducted By the 80's.

Hauptdarsteller William L. Petersen, der ein Jahr später noch in Michael Manns Hannibal-Lecter-Verfilmung Manhunter - Roter Drache (auch unter dem Titel Blutmond bekannt) überzeugte, konnte später leider nicht mehr im ganz großen Kino Fuß fassen, obwohl er als 80er-Jahre-Action-Held der Stunde gehandelt wurde. Ob es daran lag, dass er eine Rolle in Platoon von Oliver Stone ablehnte, lässt sich nur mutmaßen. In To Live and Die in L.A. spielt er den drahtigen New-Western-Cop mit Hang zum Verbrechen und zum Missbrauch jedenfalls hervorragend. 

Über Willem Dafoe braucht man wenig zu sagen, da er hier noch als junger Fiesling brilliert, dem man fast 20 Jahre später schon die Macht des Grünen Kobolds aus Spiderman 2 ansieht (und natürlich viele andere Rollen mehr). John Pankow ist nicht so bekannt (vielleicht vom Gesicht her aus der Sitcom Verrückt nach dir), aber als etwas herkömmlicher Regular John gibt er ebenfalls eine fiese Charakterstudie zwischen Recht, Überheblichkeit und der Entscheidung für die dunkle Seite der Macht. In Nebenrollen gibt es Dean Stockwell (Zurück in die Vergangenheit), John Turturro (The Big Lebowski) und die heißen 80ies-Bräute Darlanne Fluegel und Debra Feuer, welche das heimliche Trauerspiel auf ihrem Rücken austragen.

Die wohl erinnerungswürdigsten Szenen sind ein brutaler und kaltblütiger Mord, ein früher Bungeejump, noch ein kaltblütiger Mord und ein bitteres, aber so wahres Ende. Neben Bullitt und dem ebenfalls von Friedkin stammenden The French Connection (Brennpunkt Brooklyn) gibt es eine der wohl verrückstesten und idiotischsten Autoverfolgungsjagden der Filmgeschichte. Und das alles ohne Verletzte (sic!) und mit Robby Müllers berüchtigter Parallelkameraperspektive. Als Inspiration diente diese meiner Ansicht für Terminator 2 - Tag der Abrechnung, aber auch Drive

Fasst man die Philosophie des Films zusammen, so präsentiert uns Friedkin mal wieder eine perfekte Mischung aus Bild, Sound, Schauspielern und knackiger Story, über deren Tellerrand noch viel Blut und Trauer nach dem Abspann hinausläuft. Für mich zeigt Friedkin die Melancholie des Mannes von damals und wahrscheinlich auch noch die von heute. Es ist das Dilemma zwischen Beruf, Freundschaft, Liebe und Integrität entscheiden zu müssen. Und am Ende schaut man in die sprichwörtliche Röhre.

Wenn man wollen würde, könnte man sagen, dass Friedkin mit To Live and Die in L.A. einen frühen Michael-Mann-Thriller inszeniert hat, oder umgekehrt, dass Michael Mann bei Friedkins Film so einiges abgeschaut hat, hätte er nicht 1981 schon Thief (Der Einzelgänger) inszeniert. Die tödliche Männerfreundschaft zwischen Vincent Hanna und Neil McCauley aus Manns Meisterwerk Heat wirft hier schon ihren zwar unausgearbeiteten, aber deutlichen Schatten voraus.

Für mich ist To Live and Die in L.A. einer der absoluten Top Neo-Noir (die noch gar nicht genau wussten, was sie sind) und ich freue mich diesen Film bald in angemessener Qualität und inklusive des Audiokommentars von Friedkin im heimischen Neo-Noir-Bunker zu genießen.

Wie sagte Tupac Shakur in seinem dem Film gleichnamigen Song:

"Who was a friend is now a ghost in the dark..."

10/10
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Kommentare

24.09.2018 22:46 Uhr - BFG97
2x
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Ganz ganz starke Kritik zu einem Film, der mich immer wieder sprachlos zurücklässt und mich immer noch umzuhauen weiss. Unglaublich starker Film, der die volle Punktzahl mehr als verdient hat. Ebenso deine Rezi ;D

24.09.2018 23:26 Uhr - Punisher77
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Erstklassige Kritik mal wieder, die meiner Meinung nach alle relevanten Aspekte abdeckt ... und ich weiß jetzt, welcher Film bei mir im Sonntagsheimkino läuft ;-).

25.09.2018 07:24 Uhr - Intofilms
2x
Die „Macht des Grünen Kobolds“ wirft ihren Schatten voraus - ja, lieber Ash, so sehe ich das auch. Petersen gefällt mir jedoch noch besser. Unbegreiflich, dass er daraufhin nicht die ganz große Karriere gemacht hat. Das mit „Platoon“ ist natürlich ein sehr interessanter Aspekt...
In meinen Augen ist „To Live and Die in L.A.“ eine Art Neuauflage der „French Connection“ mit L.A.-Setting, allerdings sehr viel stärker stilisiert. Das auf Realismus geeichte Medium Film erfährt hier sozusagen eine Steigerung, L.A. verwandelt sich in eine surreale Alptraumwelt, die ganze Erzählung gewinnt eine mythisch-parabelhafte Dimension. (Dies signalisiert bereits der hintergründig vage Filmtitel.) Eine mythische Geschichte also über Leben und Tod in der Neo-Noir-Schattenwelt von Los Angeles.
Und weißt du was: ich runde jetzt einfach auch zur Zehn auf (obwohl ich den immer ‚nur‘ bei einer starken Neun vermerkt hatte). Absolut hervorragende Rezi, Ash! ;D (Da wird man sich bei capelight sicher freuen.^^) Friedkin ist auch einer meiner Helden.

25.09.2018 10:18 Uhr - Nubret
1x
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Geiler Film, top Rezi!

Unvergesslich auch Friedkins Klassiker-Remake "Atemlos vor Angst".


25.09.2018 17:39 Uhr - NoCutsPlease
1x
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Eine mit zahlreichen cineastischen Remininszenzen gespickte Filmkritik aus dem Hüttenkino zu diesem überaus starken Friedkin-Klassiker.
Von mir gibt es aus der wiederbelebten Erinnerung heraus 9/10 Skylines.

25.09.2018 20:05 Uhr - TheRealAsh
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Dank euch Jungens!

Und deine Ausführungen into sind mal wieder supertreffend, hätte ich so nicht formulieren können: „Das auf Realismus geeichte Medium Film erfährt hier sozusagen eine Steigerung...“

Toll ausgedrückt!

26.09.2018 19:46 Uhr - Dissection78
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Super Rezi, toller Film! Den habe ich in den 90ern des Öfteren auf VHS gesehen und war von seiner Düsternis und seinem Nihilismus überrascht. Wirklich "angenehm" fand ich ihn damals nicht (war vermutlich auch nicht die Intention von Friedkin), aber äußerst sehenswert. Eine erneute Sichtung, die erste in diesem Jahrtausend, wäre also meinerseits schon mal angebracht :)

Darlanne Fluegel mochte ich immer ganz gerne, und da eben vor allem in ihren 80er-Streifen (neben "Leben und sterben in L.A." waren das besonders "Es war einmal in Amerika", "Diese Zwei sind nicht zu fassen", "Archie und Harry" und "Lock Up"). Leider ist die Gute Ende letzten Jahres verstorben.

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