Ich liebe diesen Film! Nicht nur, dass es in Lifeforce, oder dem knackigen Titel der Romanvorlage The Space Vampires von Colin Wilson, eine ebenfalls (k)nackige Weltraumvampirin mit spitzen Hupen und saftigen Hüften gibt - nein! Lifeforce ist ein superunterhaltsamer und auch irgendwie tiefgehender Science-Fiction-Gothic-Horror-Film, der sowohl in the vein of H.P. Lovecraft rudert (und damit auch Alien, The Thing, etc.), als auch in the vein of Hammer-Film.
Regisseur dieses leider an den Kinokassen supergefloppten und nur in den Videotheken beliebten Klassikers (wegen besagter Brüste der Hauptdarstellerin?) ist kein anderer als Tobe Hooper, den der geneigte Horror-Fan nicht nur von Genre-Bomben wie The Texas Chain Saw Massacre kennt, sondern auch vom sehr bekannten Film Poltergeist, der in Produktion von Steven Spielberg zwar einiges von diesem bringt, aber irgendwie auch ein echter Hooper ist.
Nun gut, ausnahmsweise mal was zur Produktionsschmiede, die in diesem Fall die berühmt-berüchtigte Cannon-Group unter der Schirmherrschaft der beiden Moviefreaks Yoram Globus und Menahem Golan ist, die nicht nur für die bisher beste und einzige Masters of the Universe-Verfilmung verantwortlich waren (und deren inoffizieller Fortsetzung Cyborg mit Jean-Claude Van Damme, zumindest, was das Set betraf), sondern auch anspruchsvolles Kino zaubern wollten mit Franco Zeffirelli, Jean-Luc Godard oder John Cassavettes. Dies aber ist eine andere Geschichte. Der hier vorgestellte Film gehörte zu einem Cannon-Hooper-Deal mit Invasion vom Mars und dem jenseits von Gut und Böse überspitzten Texas Chainsaw Massacre 2.
Die Geschichte von Lifeforce ist nicht die von einer weit, weit entfernten Galaxis, sondern die einer terrestrischen Außerirdischen-Invasion auf der Erde, wo eine blutdurstige Vampir-Lady mit den schon erwähnten sehr spitzen Hupen nicht nur den Spaß am Geschlechtsverkehr aufrecht zu erhalten versucht, sondern auch die Fortpflanzung der eigenen Rasse voranzubringen. Weltraumvampire kann es ja nie genug geben, das wusste schon Jason X und wenn unschuldige Menschen von ihnen besessen werden, macht das meistens keinen Spaß. Klar, dass da die Regierung und einige versprengte Helden und Astronauten ihre Probleme haben, was in einer Psychiatrie in Yorkshire einen wichtigen Wendepunkt bereit hält und mit apokalyptischen Zuständen in einer gothischen Kathedrale im London der 80er Jahre endet.
Hört sich zugegebenermaßen von der Handlung nicht gerade überzeugend an, ist es aber doch. Die Geschichte des Vampirs und die Einheit von Ort und Zeit in einer Science-Fiction-ähnlichen Gegenwart haben es nämlich in sich. Hooper spielt nicht nur auf die politischen Querelen der damaligen Zeit an, sondern hat hier auch, wie ein Kritiker einst so schön sagte, seinen Ben Hur geschaffen, was nichts anderes heißt, als den Versuch, ein Meisterwerk zu inszenieren. Ob dies gelungen ist, lassen wir mal beiseite gestellt. Der Versuch zählt.
Wichtiger ist, dass Lifeforce ein tatsächlich superunterhaltsamer und vor allem sehr breit und gut erzählter Film ist, der keinen eindeutigen Helden hat und der nach mehrmaligem Schauen immer besser wird. Gewisse Parallelen zu Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum mögen zwar vorhanden sein, haben aber definitiv die besseren "Argumente" (wie z.B. ein organisches Gebärmutter-Raumschiff mit ausfahrbarem Regenschirmverdeck). Auch Mario Bavas Planet der Vampire kann als Vorreiter genannt werden, viel bringen tut auch dies nichts. Ich finde vielmehr, dass das Popcorn-Kino der 90er wie Independence Day ein klares Vorbild bei Lifeforce hat (leider mit weniger nackter Haut).
Das Drehbuch ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern, da neben Dan Jakoby der von uns allen verehrte Dan O'Bannon mitbeteiligt war, der nicht nur bei John Carpenters Studentenfilm Dark Star mit dem hässlichsten Wasserball-Alien aller Zeiten involviert war, sondern als bekennender Lovecraft-Fan vor allem für Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt verantwortlich zeigte und damit die Science-Fiction nachhaltig prägte. Die Musik von Henry Mancini ist überbordend orchestral, dass man sich wirklich in die guten alten Gefilde klassischer Sandalenfilme mit großem Pathos zurückwünscht.
Die Special Effects sind stellenweise zwar nicht die teuersten und es gibt manchmal etwas arg viel Matte-Painting, aber liebevoller geht es wirklich kaum, wenn man sich den mit ausgetrockneten Vampiraliens ausgestatteten Raumschiffinnenraum ansieht. Vor allem was die genialen Animatronics anbelangt werden Feinde des CGI voll auf ihre Kosten kommen. Kameramann Alan Hume war übrigens bei Die Rückkehr der Jedi-Ritter dabei und die nackte Außerirdischen-Vampirella Mathilda May sah nicht nur damals, sondern sieht mit ihren 53 Jahren heute immer noch sehr gut aus. Auch Steve Railsback ist ein unbekannter Bekannter im Nebenrollenfach (The Devil's Rejects, Barb Wire), genauso wie Peter Firth (Jagd auf Roter Oktober, Pearl Harbor), Frank Finlay (Der Pianist), ein gewisser Patrick Stewart (Star Trek: The Next Generation, Logan), Michael Gothard (James Bond 007 - In tödlicher Mission) oder Chris Jagger als Vampirbruder (dem realen Bruder von Rolling Stone Mick Jagger).
Alles in allem ist Lifeforce eine Cannon-Big-Budget-Low-Budget-Produktion der Extraterrestrischen-Airbag-Doppel-B-Klasse, die jeder Freund oder jede Freundin fortpflanzungsrelevanten Lebens begrüßen wird. Übrigens ist jede geschnittene Fassung abzulehnen, die nich nur in einigen Fällen dem Director's Cut entgegenläuft.
Fassen wir es kurz: Lifeforce war seiner Zeit ein Riesenflop, der im Herzen der Fans aber weiterlebte und weiterleben wird und andere Box-Office-Hits, die seitdem die gelbe Regenbogenstraße entlangliefen, locker in die Tasche steckte.
Colin Wilson, Autor der Romanvorlage, ausgewiesener Lovecraft-Fan und selbsternannter Existentialphilosoph, fand Hoopers Verfilmung übrigens eine der schlechtesten aller Zeiten. Aber der soll gefälligst sein Maul halten. Hooper, Cannon und Lifeforce haben immer gerockt. Und Michael Winner (Ein Mann sieht rot), der auch für die Regie angedacht war, hätte diesen Film bestimmt verhunzt (oder?). Manch einer bezeichnete Lifeforce gar als Hoopers missverstandenes Meisterwerk.
Von daher, schließen wir mit einem auf ewig unvergessenen Zitat der unbeachtetsten Liebesfilme der Filmgeschichte:
"Use my body!"
9/10