Hard Boiled
Originaltitel: Lat Sau San Taam
Herstellungsland: | Hongkong (1992) |
Standard-Freigabe: | SPIO/JK geprüft: strafrechtlich unbedenklich |
Genre: | Action, Drama, Krimi, Thriller |
Alternativtitel: | Hard-Boiled John Woo's Hard Boiled God of Guns Ruthless Super-Cop Hot-Handed God of Cops La Shou Shen Tan |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 9,21 (125 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Inspektor Yuen vom HongKong Police Department setzt alles daran, die brutalen Waffenschieber-Syndikate HongKongs für immer zu zerschlagen.
Seit Monaten werden Undercover-Agenten eungeschleust und Vorbereitungen für den vernichtenden Schlag getroffen, um hinter die Identität eines Vermittlers zu kommen, der seine schmutzigen Geschäfte in einem chinesischen Teehaus abwickelt.
Als Yuen dort auftaucht, um einen weiteren Waffendeal zu vereiteln, eskaliert die Situation.
Es kommt zu einer wilden Schießerei, bei der die Hauptverdächtigen, aber auch viele Unschuldige den Tod finden.
Inspektor Yuen steht wieder ganz am Anfang.
Doch in seiner sturen Entschlossenheit, Gerechtigkeit auszuüben, bleibt er den Waffenschiebern auf der Spur - und bricht dabei alle Regeln des Gesetzes. (Laser Paradise DVD-Cover)
Jeder von uns ist in seinem Leben mal durch irgendetwas oder irgendjemanden in so hohem Maße verärgert, dass in seinem ansonsten normal funktionierenden Hirn starke Zerstörungsgelüste oder sogar Mordgedanken auftreten können. Diverse Paragrafen im StGB und die grundsätzlich vorhandene Wertschätzung des menschlichen Lebens wissen aber in der Regel zu verhindern, dass es tatsächlich zur Ausübung solcher in der Realität schwerer Straftaten kommt. Berechtigterweise stellt sich allerdings die Frage was der brave Durchschnittsbürger nun mit seiner aufgestauten Frustration anstellen soll? Anerkannte und legitime Mittel den angesammelten Aggressionen Herr zu werden sind unter anderem die Benutzung unterschiedlichster Sportgeräte (z.B Boxsack) oder das Aufsuchen des nächsten Waldstückes, um dort durch lautes herausschreien aller Hassgefühle sämtliche Tiere aus dem Winterschlaf zu erwecken. Da diese Lösungen von Bewegungsmuffeln und Tierschützern selbstverständlich abgelehnt werden, machte ich mich auf die Suche nach einer alternativen Möglichkeit zum Stressabbau und wurde letztendlich in einem Film namens "Hard Boiled" fündig.
In "Lat Sau San Taam" (so der Originaltitel) bleibt kein Stein auf dem anderen und schon die erste Ballerorgie in einem Tee-Haus stellt klar, dass in diesem Film keine Gefangenen gemacht werden. Zartbesaitete Zuschauer müssen sich warm anziehen, denn das Blei-Gewitter welches Regisseur John Woo auf den Bildschirm zaubert fordert nicht nur eine Unmenge toter Gangster sondern auch eine hohe Anzahl völlig unschuldiger Opfer. Proportional zum menschlichen Kollateralschaden steigt auch die hemmungslose Zerlegung des vorhandenen Inventars, wobei dieser Umstand aufgrund des unermesslichen Munitionsverbrauches auch nur die logische Konsequenz darstellt. Inszenatorisch ist der gezeigte Vernichtungsrausch wahrlich meisterlich festgehalten und die perfekte Kameraarbeit führt das Publikum mitten ins Geschehen. Blutige Slow-Motion-Erschießungen werden in jedem erdenklichen Winkel/Zoom detailverliebt zelebriert und die geschickt eingesetzte Schnitttechnik sorgt für ausreichend Abwechslung beim anspruchsvollen Cineasten. Desweiteren sorgen die coolen Protagonisten für lässige Stunts, die zwar nicht unbedingt den physikalischen Gesetzen entsprechen aber spektakulär in Szene gesetzt wurden...
...Beim Zuschauer macht sich nach dem ersten Feuergefecht eine deutliche Linderung der Wut-Emotionen bemerkbar und er könnte nun wieder sorglos vor die Haustür gehen ohne den hochgetunten Audi A8 vom nervigen Nachbarn mit dem Baseballschläger zu bearbeiten. Aus prophylaktischen Gründen ist an dieser Stelle jedoch unbedingt der weitere Konsum von "Hard Boiled" zu empfehlen, denn das Actionmeisterwerk legt nochmal eine ordentliche Schippe drauf.
Die ästhetischen Schießereien werden im weiteren Verlauf des Films mithilfe einer rasanten Motorrad-Stunt-Show und immer größer werdenden Waffen zu einem echten Rundum-sorglos-Paket für den Krawall-Fan. Seinen Höhepunkt findet das Spektakel im gut 30-minütigen Showdown in einem Krankenhaus, wobei die ganz nebenbei durchgeführte Evakuierung der Säuglingsstation dem Kugelhagel die gewisse Dramatik verleiht und im Action-Genre bis heute einzigartig ist. Herausragend ist außerdem die schweißtreibende Plansequenz in der sich zwei Schützen in allerbester "Two-Player-Coop-Modus" Tradition den Weg freiballern. Was den Bodycount betrifft liegt "Hard Boiled" übrigens weit über dem Durchschnitt und aufgrund des Dauerfeuers ist anzunehmen, dass die Darsteller am Ende eines Drehtages Druckgeschwüre vierten Grades an ihren Abzugsfingern ertragen mussten. Da hier so gut wie niemand mit nur einem Schuss niedergemäht wird kommen die eingesetzten Blood-Packs sehr gut zur Geltung und man darf gespannt sein zu welchem Ergebnis eine mögliche FSK-Prüfung nach vor kurzem vermeldeter Listenstreichung kommt. Um die Spekulationen mal etwas anzuheizen tippe ich auf eine "keine Jugendfreigabe", da die unzähligen unschuldigen Opfer und ein mit fremden Blut bespritztes Gesicht eines Babys das Gremium nicht gerade versöhnlich stimmen dürften.
Freunde des asiatischen Kinos wissen nur zu gut das "Hard Boiled" einen der wichtigsten Beiträge im sogenannten Heroic-Bloodshed-Sektor darstellt und in diesem Subgenre neben den stilisierten Actionsequenzen eine mehr oder weniger sentimentale Geschichte von allergrößter Wichtigkeit ist. In John Woo's bis dato letztem Hongkong-Actioner ist die Story recht einfach gehalten, dennoch sind Themen wie Freundschaft, Loyalität, Vertrauen und Ehre wichtige Bestandteile für das Erleben des Films. Inspektor "Tequila" (Chow Yun-Fat) verliert bei einer Schießerei seinen guten Freund Benny und begeht geleitet von einer Kurzschlussreaktion einen schweren Fehler. Frustriert über seine jetzige Situation führt er die Ermittlungen fort und lernt später den zwielichtigen Tony/Alan (Tony Leung) kennen, der allem Anschein nach etwas zu verbergen hat. Und dann gibt es da noch einen skrupellosen Gangster-Boss namens Jonny (Anthony Wong), dessen Handlanger "Mad Dog" (Philip Kwok) nicht bereit ist seine eigenen Prinzipien zu verraten. Mehr möchte ich von der Handlung an dieser Stelle nicht preisgeben, da jede weitere Einzelheit der zu Herzen gehenden Geschichte zuviel vorwegnehmen würde...
...Die Zugänglichkeit der tragischen Story hat beim Zuschauer nun sämtliche Zerstörungsgelüste zunichte gemacht und eine wohltuende pazifistische Ideologie macht sich bemerkbar, wodurch der gewaltfreien Auseinandersetzung mit Alltagsproblemen nichts mehr im Wege steht.
Die Synchronisation auf meiner Laser Paradies DVD macht den Eindruck als wären die Dialoge mit Absicht auf witzig getrimmt worden. Leider hat dieser Silberling auch nur die deutsche Tonspur an Bord und ich habe keine Vergleichsmöglichkeit mit der (angeblich) komplett neu synchronisierten DVD von e-m-s. Umso mehr darf man hier auf eine baldige Neu-Veröffentlichung hoffen, obwohl ich zugeben muss, dass ich die manchmal etwas albernen Gespräche nicht als sonderlich störend empfunden habe, da sie viele der Protagonisten nur noch sympathischer erscheinen lassen. Wie die schon erwähnte Kameraarbeit ist auch die musikalische Entwicklung sehr abwechslungsreich und von rhythmischen Trommel-Lauten über fetzigen Pop-Sound bis hin zum jazzigen Klarinetten-Spiel dürfte für fast jeden etwas dabei sein.
Meisterregisseur John Woo ist DER Mann wenn es um opernhaft inszenierte Actionfilme geht und hat sein Können bereits mit beliebten Werken wie "A Better Tomorrow 1+2" (1986/87), "The Killer" (1989) und "Bullet in the Head" (1990) eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Auch seine ersten Hollywood-Arbeiten nach "Hard Boiled" können sich sehen lassen, denn mit "Hard Target" (1993) schuf er den meiner Meinung nach besten Jean-Claude Van Damme Film überhaupt und auch sein 1997 erschienener "Im Körper des Feindes" trägt eindeutig seine Handschrift. Damit die zwar simple aber doch bewegende Geschichte in "Lat Sau San Taam" auch funktioniert legen sich die Hauptdarsteller Chow Yun-Fat (Tiger & Dragon, 2000) und Tony Leung (Infernal Affairs, 2002) mächtig ins Zeug ohne dabei zu kitschiges oder überdrehtes Overacting zu präsentieren. Anthony Wong (Black Mask, 1996) und Philip Kwok (Story of Ricky, 1991) in den Reihen der Gangster spielen glaubhafte und ernstzunehmende "Arschlöcher" und können wie auch der Rest des gut harmonisierenden Cast überzeugen.
Fazit: "Hard Boiled" ist ein Actionfilm-Gigant der in einem Atemzug mit anderen erstklassigen Vertretern des Genres genannt werden muß und vielmehr als eine hirnlose Baller- und Gewaltorgie. Die zwischendurch erwähnte streßreduzierende Wirkung ist keineswegs sarkastisch oder ironisch gemeint, sondern soll vielmehr implizieren das der Film den Zuschauer auf eine angenehme visuelle Reise schickt und mit seinem elegant inszenierten "Blei-Kugel-Ballett" über zwei Stunden lang atemberaubend fesseln kann. Macht die Jalousien runter, nehmt ein kühles Bier zur Hand, dreht die Anlage hoch bis zum Anschlag und lasst euch ganz entspannt von der beeindruckenden Stunt-Show und den wuchtig gefilmten Shoot-Outs beglücken. Allerspätestens wenn die liebenswerte Story über eine Männerfreundschaft mitten ins Herz trifft , werden auch die zornigsten Zuschauer ganz ruhige Zeitgenossen. Volle Punktzahl für diesen genialen Film!
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Kommentare
28.10.2018 13:44 Uhr - sonyericssohn |
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![]() Moderator ![]() ![]() |
Sehr angenehm zu lesen. Macht Laune !
Danke dafür ! |
28.10.2018 14:56 Uhr - Knochentrocken |
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Einfach nur geil der Film!
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28.10.2018 16:48 Uhr - Nubret |
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Super Film, liebevolle Besprechung!
Weiter so! |
28.10.2018 21:03 Uhr - dicker Hund |
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Ganz starke Rezi zu einem ganz starken Woo. Es gab schon TV-Ausstrahlungen mit fast 30 Zensurfehlminuten...
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28.10.2018 21:51 Uhr - dogsoldier |
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Vielen Dank fürs lesen verehrte Kollegen!
@ dicker Hund Diese TV-Ausstrahlungen sind mir leider auch bekannt. Eine Zumutung für den Fan und eine Beleidigung für den Film! |
29.10.2018 00:40 Uhr - gorgiday |
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sehr geil das der auf bluray rauskommt. da gönnt man sich auch gern mal zwei bier, NACH dem audi besuch..
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29.10.2018 13:27 Uhr - dogsoldier |
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@ gorgiday
Besten Dank fürs lesen. Mal abwarten ob Hard Boiled wirklich neu veröffentlicht wird. Bis jetzt ist er "nur" vom Index gestrichen... |
29.10.2018 17:19 Uhr - tschaka17 |
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Klasse Film, klasse Rezi! Wobei mir von Woo tatsächlich "The Killer" noch etwas besser gefällt. Eine schöne, neu-gemasterte VÖ wäre wirklich fein.
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29.10.2018 20:24 Uhr - dogsoldier |
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Merci @ tschaka17
"The Killer" ist ebenfalls ein Glanzstück aus Woo's Filmografie und steht bei mir auch ganz hoch im Kurs. |
30.10.2018 12:44 Uhr - Horace Pinker |
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Exzellente Kritik zu einem der besten Woo Filme neben The Killer und Bullet in the Head, da kriege ich direkt Lust mir den mal wieder anzusehen, well done!
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30.10.2018 19:57 Uhr - dogsoldier |
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Auch an Dich ein dickes Dankeschön, Horace!
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