Darren Aronofski ist ein Regisseur der für seine unkonventionellen Filme bekannt ist. Mit seinem Debüt „Pi“ von 1998 hatte er bewiesen, dass er weiß, wie ein spannender Film auszusehen hat. Nach „Requiem for a Dream“ aus dem Jahr 2000 hat er erneut unter Beweis gestellt, dass er nicht davor zurückschreckt, sich gegen die massentauglichen Konventionen zu stellen indem er die Auswirkungen von Abhängigkeit und Sucht ungeschönt darstellt. Mit Arbeiten wie „The Wrestler (2008)“, „Black Swan (2010)“ und „Mother (2017)“ hat er seine unvorhersehbare und unkonventionelle Arbeit fortgeführt. Heute geht es um seine zweite Regiearbeit „Requiem for a Dream“.
Die Story dieses erdrückenden Werkes dreht sich nicht nur um Drogensucht, sondern auch um instabile Beziehungen wo keiner der Beteiligten dazu fähig ist, seinen Mitmenschen das Gefühl Liebe zu geben. Dieses verleiht dem Umgang mit der Thematik der Isolation mehr Tiefe und unterstreicht was Drogen, egal ob legale oder illegale für einen negativen Einfluss auf die eigene Person und das eigene Umfeld haben können, wenn man nicht weiß, wo man den Schlussstrich ziehen sollte. Bereits am Anfang des Ablaufes macht der Regisseur deutlich, dass die Situation für alle Beteiligten alles andere als rosig aussieht und in einer zerschmetternden Totenmesse enden wird. Die dramatische Spannung als auch die emotionale Bandbreite ist wunderbar in die Materie eingearbeitet und kann von Anfang bis zum Ende gehalten werden.
Der Cast ist sehr gut ausgewählt und schafft es die dramatischen Ereignisse authentisch wiederzugeben. Dabei sind Schauspieler wie Ellen Burstyn, welche unter anderem in William Friedkins Klassiker „The Exorcist (1973)“ mitgespielt hat. Sie spielt ihren Part als Sara Goldfarb mit Bravour und schafft es ihren Charakter Leben einzuhauchen. Dann hätten wir da noch Jared Leto in der Rolle ihres Sohnes Henry Goldfarb. Die meisten werden ihn aus Werken wie „Fight Club (1999)“, „American Psycho (2000)“ und „Blade Runner 2049 (2017)“ kennen. Auch er schafft es seine Rolle glaubhaft darzustellen. Nicht unerwähnt sollten Jennifer Conelly, die den Charakter von Marion Silver und Marlon Wayans, der die Figur von Tyrone C. Love verkörpert. Die innere Leere wird in jedem Augenblick sichtbar und zeigt auf abschreckende Art und Weise zu welchen Extremen diese ausgeweitet werden kann. Die Leistung der Schauspieler ist durch die Bank überzeugend. Ebenfalls eine Erwähnung wert ist die Tatsache, dass am Set während der Dreharbeiten echte Junkies dabei waren.
Das Grundgerüst dieses pessimistischen Filmes ist vielseitig und funktioniert auf narrativer als auch auf performativer Ebene. Wie schon oben erwähnt, sieht man das Geschehen aus den Blickwinkeln der 4 Hauptprotagonisten. Alle 4 Charaktere konsumieren täglich Drogen und fallen immer tiefer in die von sich selbst kreierte Abwärtsspirale. Dadurch dass die Story so abwechslungsreich und dementsprechend so aufgeteilt ist dass man genügend Zeit mit jedem Einzelnen verbringt, bekommt man eine sehr gute Perspektive in deren Innenleben als auch in deren persönlichen Gefühlswelt. Die Narrative Ebene ist wichtig um dem Publikum die Geschichte der Leidenden näher zu bringen während die performative Komponente in Form von negativ konnotierten körperlichen Auswirkungen als auch durch alptraumhafte Visionen eindrucksvoll demonstrieren, wie abgefucked das Leben sein kann, wenn man seinen täglichen Konsum auf die Spitze treibt. Gut finde, ich dass Darren Aronofsky sich nicht zurückhält, wenn es explizite Details angeht und dem Zuschauer einen hässlichen Blick auf die knallharte Realität ermöglicht. Neben dem unzensierten Director’s Cut gibt es eine entschärfte R-rated Fassung die den Schnittauflagen der MPAA entspricht.
Die Schauplätze für ein negativ konnotiertes Drama sind perfekt und unterstreichen die nihilistische Atmosphäre, die von der ersten bis zur letzten Minute eingefangen wird. Die Tatsache, dass sich die Szenarien in denen intensiv Drogen konsumiert auf die eigenen vier Wände welche des Öfteren in kühlen abgedunkelten Räumen oder im Auto beschränken unterstreicht den realistisch konnotierten Grundton. Der tägliche Konsum in Kombination mit den visuellen Auswirkungen unterstreicht den Fatalismus der sich routiniert durch die Handlung zieht. Man kann die Szenen wo die Personen sich nach dem Konsum besser fühlen als eine träumerisch konnotierte Metapher deuten, in denen sich die Charaktere vor ihren Traumata verstecken wollen.
Die kalten als auch trostlos wirkenden isolierten räumlichen Gestaltungen sind der perfekte Rahmen, um alle wichtigen Faktoren die nötig sind um ein rundes Gesamtbild zu erzeugen sind wunderbar ausbalanciert. Die fantastische Kameraarbeit von Matthew Libatique ist grandios und überzeugt durch einfallsreiche Winkel, einer faszinierenden Beleuchtung und einer variablen Nutzung von umfangreichen Farbpaletten die für einen optischen Hochgenuss sorgen. Speziell der Gebrauch von Splitscreens um die Isolierung der einzelnen Individuen zu beschreiben fügt sich nahtlos in das Geschehen ein und zeigt, dass der Film wie bereits oben erwähnt mehr als Suchtprobleme behandelt.
Eine Sache die jeder Film braucht um Atmosphäre erzeugen zu können ist eine fesselnde musikalische Untermalung. Kein anderer als Clint Mansell ist für die brillante Vertonung verantwortlich. Sowohl bei „Pi (1998)“ Arononofskis Regiedebüt als auch bei „Black Swan (2010)“ hat dieser sich um die Komposition gekümmert. Das Ergebnis ist wie absolut gelungen und weiß in jeder Hinsicht zu gefallen. Vor allen Dingen das bekannte Theme von Kronos Quartet passt wie angegossen zur hoffnungslosen Atmosphäre, die durch die grandiose Musik Optimal zur Geltung kommt. Dadurch dass die Handlung in 3 Perioden strukturiert ist, wird dieser Eindruck spürbar. Der erste Abschnitt spielt im Sommer, welcher einem vermittelt, dass sich die Situation für die Agierenden verbessern könnte. Der zweite spielt im Herbst wo die Anzeichen, dass es eine Chance auf Erlösung gibt, drastisch dezimiert werden. Ab dem dritten und finalen Kapitel wird jegliche Hoffnung auf ein positiv konnotiertes Ende komplett zerrissen. Was die audiovisuelle Wirkung des Scores dieses depressiven auf Celluloid gebannten Meisterwerks verdichtet.
Fazit: Darren Aronofskys „Requiem for a Dream“ ist eine konsequent durchgezogene Abwärtsspirale, die ohne Rücksicht auf Verluste den täglichen Ablauf eines von Sucht beeinflussten Menschen bloßstellt. Die Bildsprache, die musikalische Untermalung und die Struktur sind behutsam eingesetzt und stellen sicher, dass die Message dieses düsteren Werkes trotz der expliziten Einzelheiten nicht außer Acht gelassen wird. Vom ersten bis zum letzten Moment wird die Spannungskurve auf einem hohen Niveau gehalten und kann bis zum bitteren Schluss gehalten werden. Das einige Abläufe sich wiederholen ist bei einer Suchtthematik logisch, da dieser Aspekt im Leben eines Junkies zum Alltag gehört und dementsprechend auch authentisch zur sein sollte. Die Schauspieler liefern allesamt eine verdammt gute Leistung ab und schaffen es mühelos diese ernste Erzählung mit der notwendigen Intensität wiederzugeben. Alle wichtigen Faktoren sind berücksichtigt worden und verschmelzen zu einer Einheit. Von mir aus gibt es klare 10/10 Nadeln.
*Der Begriff Performativ ist den Büchern von Prof. Dr. Marcus Stiglegger entnommen.
10/10