Scott Adkins hat sich nicht nur als schlagkräftiger Protagonist in Direct-to-DVD-Reißern wie Undisputed II - IV oder Hooligan 3 - Never Back Down, sondern auch mit Nebenrollen in üppig budgetierten Filmen wie beispielsweise The Expendables 2, Doctor Strange und Das Bourne Ultimatum einen Namen machen können. Sein aktuellster Streifen hört auf den Namen Avengement und entstand als britische Produktion unter der Regie von Jesse V. Johnson (The Butcher - The New Scarface, Savage Dog), der zudem gemeinsam mit Stu Small (Accident Man) das Drehbuch verfasste.
Worum geht es? Der langjährige Häftling Cain Burgess befindet sich auf einem Freigang, um seine todkranke Mutter im Krankenhaus zu besuchen. Leider kommt er jedoch zu spät, da diese bereits gestorben ist, und ergreift prompt die Chance zur Flucht. Der Weg führt ihn geradewegs in die Stammkneipe seines Bruders Lincoln, dessen kriminelle Machenschaften ihn einst hinter Gitter brachten. Sämtliche Anzeichen deuten zusehends auf einen gewaltsamen Showdown hin, den nur eine von beiden Seiten überleben kann. Die Story, die sich als Mischung aus Knastaction, Krimi und Rachegeschichte präsentiert, wird mithilfe von zahlreichen Rückblenden in die Zeit vor und in dem Gefängnis erzählt, während die Gegenwart als Rahmenhandlung fungiert. Somit fügt sich das Puzzle aus Hintergrundinformationen nach und nach für den Zuschauer ohne große Mühe zusammen. Zudem nehmen die Spannungen zwischen den einzelnen Personen kontinuierlich zu, was dem Plot einen kammerspielartigen Anstrich verleiht.
Auf darstellerischer Seite beweist Scott Adkins als Cane, dass er nicht nur eine echte Martial-Arts-Maschine ist, sondern auch beileibe kein One-Size-Mime wie Zopfträger Steven. Seine physische Präsenz und sein kämpferisches Können sprechen schon für sich, allerdings gelingt es ihm auch, die emotionalen Facetten zum Ausdruck zu bringen. Der hünenhafte Craig Fairbrass (Cliffhanger, Rise of the Footsoldier I - III) verkörpert Canes Bruder Lincoln, den Inbegriff des skrupellosen und schmierigen Londoner Gangsterbosses. Thomas Turgoose, dessen Lausbubengesicht man u.a. aus This Is England und Eden Lake kennt, spielt den trotteligen und an ziemlicher Selbstüberschätzung leidenden Mitläufer Tune, der mit seinem tollpatschigen Verhalten für das eine oder andere Schmunzeln sorgt. Zu den weiteren prominenten Akteuren zählen Nick Moran (Harry Potter, Bube Dame König grAS) als Hyde, Lincolns rechter Hand, und Louis Mandylor (The Quest, Sinners and Saints) in der Rolle von Detective O'Hara. Zudem stellt Kierston Wareing (Rise of the Footsoldier, Fish Tank) als Kneipenwirtin mit losem Mundwerk einen der wenigen weiblichen Charaktere dar.
Die Inszenierung überzeugt insbesondere durch eine stabile und selbst in turbulenten Sequenzen übersichtliche Kameraführung, für die Jonathan Hall (Zombiber, Weg mit der Ex) verantwortlich zeichnete. Als Kulisse fungierte der LondonEast - UK Business and Technical Park in Dagenham, East London. In den zahlreichen blutigen und mit brachialer Wucht choreografierten Kampfszenen wird hemmungslos zugeschlagen, zugetreten, zugestochen, geschossen, verbrüht und es dürfen auch fleißig Gliedmaßen gebrochen werden. Unterm Strich handelt es sich definitiv um einen Härtegrad, bei dem bereits das Zusehen Schmerzen verursacht. Dementsprechend verwundert es kaum, dass die FSK der ungeschnittenen Fassung auch im dritten Anlauf keinen Segen erteilen wollte. Die musikalischen Kompositionen von Sean Murray (The Package - Killers Game) erinnern in ihrem Grundrhythmus zeitweise an Gangsta-Rap und das synthetische Dröhnen von Techno, bieten insgesamt jedoch eine angemessene Untermalung des Geschehens. Klassik-Fans dürfen sich zudem auf die kurze Einspielung von Vivaldis Der Sommer - 1. Satz freuen.
Fazit: Avengement ist beileibe kein geeigneter Streifen, um der Angebeteten beim gemeinsamen Filmabend zu beweisen, was für ein feinfühliger und kulturell interessierter Typ man doch ist. Für die passende Dosis beinharter Action zum Ausklingen eines langen Arbeitstages liefert dieser ruppige Genrebeitrag jedoch genau die richtigen Zutaten.
8/10