MAD MAX - JENSEITS DER DONNERKUPPEL
Mit Mad Max (1979) und Mad Max II – Der Vollstrecker (1982) hatte Regisseur George Miller zwei Meilensteine des Action/Science-Fiction-Films erschaffen, die große Erfolge an den internationalen Kinokassen waren. Kein Wunder also, dass drei Jahre später ein weiteres Sequel folgte. Und diesmal wollte man hoch hinaus … während der erste Teil noch eine Low Budget-Produktion war und der zweite Teil ein Budget von vier Millionen Dollar hatte, stattete man Miller diesmal mit 10 Millionen Dollar aus. Da dieser befürchtete, dass ihm der Aufwand dieser Produktion über den Kopf wachsen könnte, zumal er noch um den im Alter von 33 Jahren bei einem Helikopterunfall verstorbenen Mad Max-Produzenten Byron Kennedy trauerte, bat er seinen Kumpel George Ogilvie (The Dismissal, 1983) um Hilfe. Die beiden drehten Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel, der Kennedy gewidmet ist, u.a. in der Minenstadt von Coober Pedy und in den Blue Mountains. Mel Gibson war wieder in der Rolle des Max Rockatansky zu sehen; weitere Mitglieder der Besetzung waren Bruce Spence (Mad Max II – Der Vollstrecker, 1982), Angelo Rossitto (1908-1991 / Freaks, 1932), Helen Buday (Im Schatten Der Cobra, 1989) sowie Angry Anderson, Sänger der legendären australischen Hardrock-Band Rose Tattoo. Den größten Besetzungscoup landeten die Macher des Films mit der Verpflichtung der Sängerin Tina Turner, die auch zwei Songs zum Soundtrack des Films beisteuerte. Die restliche Musik stammt diesmal nicht von Brian May, sondern von Maurice Jarr (1924-2009 / Topaz, 1969).
Max Rockatansky (Mel Gibson) streift immer noch durch die Gegend, bis ihm unterwegs sein Fahrzeug und sein gesamter Besitz gestohlen werden. Er vermutete beides in der Siedlung Bartertown, wo mit allem gehandelt wird.Aunty Entity (Tina Turner), die Gründerin von Bartertown, macht Max ein Angebot. Er bekommt ein Fahrzeug und Methan, das Benzin als Treibstoff abgelöst hat, wenn er dafür den kleinwüchsigen Master (Angelo Rossitto) ausschaltet, der für die Energieversorgung von Bartertown zuständig ist und Entity quasi in der Hand hat. Der Haken an der Sache – Master bildet eine Einheit mit Blaster (Paul Larsson – Der Höllentrip, 1980), einem schier unbesiegbaren, muskelbepackten Hünen …
Wenn ein Film (und dann auch noch eine Fortsetzung von zwei erfolgreichen Vorgängern) ein zweistelliges Millionenbudget bewilligt bekommt, muss das nicht immer ein gutes Zeichen sein. Und auch wenn Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel zur Zeit seiner Veröffentlichung durchaus Kritikerlob ernten konnte, beklagten sich andere Filmjournalisten/Fans (oft aus der Retrospektive) darüber, dass man Mad Max einen viel zu leichten Ton verpasst und ihn „Hollywood-ized“ habe. Das ist unübersehbar und ein gewichtiger Grund dafür, dass Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel (für mich) der schwächste Teil der Reihe ist.
Schon der Beginn des Films irritiert etwas. Während die ersten beiden Teile mit düsterer, unheilschwangerer Musik begannen, die bereits reichlich Endzeitstimmung verbreitete, und die folgenden apokalyptischen Szenarien voller geschrotteter Fahrzeuge und roher Gewalt schon mal akustisch andeutete, bekommt man hier einen recht entspannten Tina Turner-Song zu hören. Da kann ja keine Weltuntergangsstimmung aufkommen! Und auch der dem Song folgende Film ist viel leichter und bunter als man es vom Mad Max-Franchise gewohnt ist, was ein großes Manko ist. Denn auch wenn die Idee mit der Gesellschaft, wie sie in Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel dargestellt wird (dazu später mehr), nicht schlecht ist, wird dieses Konzept nicht vollständig ausgeschöpft. Die durchgängig bedrohliche, dunkle Atmosphäre, die die beiden Vorgänger auszeichnete und so gut machte, fehlt hier fast vollständig. Dafür haben George Miller und sein Co-Autor Terry Hayes der zweiten Hälfte von Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel eine äußerst kitschige Erlösergeschichte um einen Stamm von Kindern und Jugendlichen verpasst, die besser zu einem familienfreundlichen Abenteuerfilm und weniger zu einem postapokalyptischen Actionspektakel passt, so dass es zu der einen oder anderen Geduldsprobe für den Zuschauer kommt. Besonders nervig ist die Szene, in der die Geschichte des Stamms - „unterstützt“ von einer Art Choreographie und ständiger Wiederholung der Sätze – erzählt wird. Und auch sonst muss man bei der einen oder anderen Szene mit den kindlichen und jugendlichen Darstellern eine Menge Geduld aufbringen. Gleiches gilt für den im ersten Filmdrittel ständig krakeelenden Master.
Wäre alles nicht so schlimm, wenn man dafür mit rasanten, halsbrecherischen Verfolgungsjagden mit extravaganten Fahrzeugen entschädigt würde, die ebenfalls zu den Markenzeichen der ersten beiden Teile gehören. Aber auch diesbezüglich ist Schmalhans Küchenmeister. Erst der Showdown bietet das, wonach wohl die meisten Fans des Franchises gelechzt haben dürften, auch wenn er nicht an die Qualität des Mad Max II-Finales heranreicht. In diesem Zusammenhang wahrscheinlich unnötig zu erwähnen, dass auch die Gewalt deutlich heruntergeschraubt wurde. Pustete Max im Vorgänger einem Widersacher noch mit der abgesägten Flinte die Birne weg, belässt er es hier bei dessen Kopfschmuck oder schlägt ihn KO.
Aber Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel hat auch seine guten Momente. So ist es begrüßenswert, dass sich die Strippenzieher des Streifens erneut um Weiterentwicklung bemüht haben. Während Mad Max eine Gesellschaft zeigt, die aus den Fugen gerät, und Mad Max II uns mitten in die Postapokalypse führte, zeigt Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel am Beispiel von Bartertown, die dank des erhöhten Budgets äußerst aufwändig und detailreich gestaltet wurde, dass sich die Menschheit langsam wieder berappelt. Hier zeigen sich Grundzüge der Zivilisation, es wird Handel betrieben, es gibt eine Art Gesetzgebung und ein Waffenverbot, so dass man nicht befürchten muss, an der nächsten Ecke die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. Man hätte mit dieser Idee so viel machen können, denkt man sich … was hätte Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel für ein Film werden können, wenn diese fragile Gesellschaftsform mit einer äußeren oder inneren Bedrohung konfrontiert worden wäre anstatt Max nach etwa vierzig Minuten aus der Stadt zu jagen? Bis dahin bekommt man einige starke Szenen zu sehen, wie z.B. Max´ „Vorstellungsgespräch“ und den Kampf in der Donnerkuppel, eine wirklich einfallsreiche, spektakuläre Szene. Leider ist die nächste erwähnenswerte Actionszene erst die finale Verfolgungsjagd, und auch wenn der Mad Max II-Showdown deutlich besser und vor allem entfesselter war (Wo war die sekundenbruchteilkurze Großaufnahme der aus den Höhlen quellenden Augen?), ist diese Actionsequenz spektakulär und einfallsreich und wartet mit dem einen oder anderen gelungenen Stunt auf. Und trotzdem muss man es an dieser Stelle sagen – auch George Miller scheint man als Regisseur gebremst zu haben, oder sein Buddy Ogilvie hat bei dieser Sequenz zu viel Verantwortung bekommen, aber irgendwie fehlt auch hier der inszenatorische Wahnsinn, den George Millers Karambolagen auszeichnete … die Choreographie der Crash-Szenen wirkt deutlich konventioneller als in den vorigen Teilen.
Mel Gibson bietet eine passable Vorstellung, nur hat man das Gefühl, dass er – auch wenn er seit dem ersten Mad Max-Film schauspielerisch dazugelernt hat – in den beiden Vorgänger engagierter aufgetreten ist. Auch Bruce Spence agiert in Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel deutlich zurückhaltender und deswegen auch weniger erinnerungswürdig. Tina Turner hat einige nette Auftritte und macht das beste aus ihrer Rolle, was auch für Angry Anderson gilt, der hier einen quasi unkaputtbaren Handlanger spielt, der später eher zu einer Art Running Gag mutiert. Helen Buday spielt die Rolle der Anführerin Savannah Nix recht gut, doch dafür muss man den im ersten Filmdrittel aufgrund seiner bereits erwähnten, polternden Art erst mal aushalten muss.
Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel ist ein äußerst mittelmäßiges Sequel mit vielen vertanen Chancen. Einige starke Momente können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man – höchstwahrscheinlich aufgrund des höheren Budgets – vieles von dem über Bord geworfen hat, was die ersten beiden Teile so gut (aber auch so düster) gemacht hat, um ein breiteres Publikum zu erreichen. Die Rechnung ging nur bedingt auf, da Mad Max – Jenseits Der Donnerkuppel ein bestenfalls moderates Einspielergebnis an den Kinokassen erzielte. So mussten dreißig (!) Jahre vergehen, bis ein weiterer Mad Max-Film in die Kinos kam. Allerdings ohne Mel Gibson …
4-5/10
5/10