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Für eine Gruppe Studenten und junger Öko-Aktivisten beginnt das Hilfsprojekt am Amazonas mit einer Katastrophe, als ihr Flugzeug tief im dichten Dschungel Perus abstürzt. Auf der Suche nach Hilfe, müssen sich die Überlebenden notgedrungen auf den Weg durch den unwirtlichen und vor zahlreichen Gefahren gespickten Urwald machen. Eine Belastungsprobe, die jeden Einzelnen der jungen Leute an physischen und psychischen Grenzen bringt. Als sie nach endlosen Strapazen endlich auf einen Stamm einheimischer Indianer treffen, glauben sie zunächst gerettet zu sein. Doch die Erleichterung währt nur kurz: Erst jetzt bemerken sie, dass sie einer Horde Kannibalen in die Arme gelaufen sind, die es auf Menschenfleisch abgesehen hat. Eine Flucht aus dieser Hölle scheint unmöglich ...
Was wurde nicht schon alles zu "The Green Inferno" geschrieben, den Eli Roth sechs Jahre nach seiner Fortsetzung zu "Hostel" fertigstellte. Das Echo war ziemlich durchwachsen, auch hier auf "Schnittberichte.com". An sich ist das kein Wunder, kann man einen nordamerikanischen Dschungelkannibalenfilm von 2013 doch sowohl für aus dem Ort, als auch für aus der Zeit gefallen halten. Skeptisch stimmt zudem die Erwachsenenfreigabe der FSK für einen Beitrag, der im Abspann seine Huldigung an die Italo-Pulp-Vorlagen aus dem knochennagenden Urwaldhopsertum durch eine Art Best-of-Aufzählung offensichtlich gestaltet und hierdurch einen gewissen Empfehlungscharkakter für mehrere beschlagnahmte Titel wie "Cannibal Holocaust" oder "Die weiße Göttin der Kannibalen" erkennen lässt. Handelt es sich daher schon zwangsläufig um weichgespülten Mainstream, der viel zu hohe Erwartungen weckt, die dann zwangsläufig enttäuscht werden?
Nun, in einer Hinsicht muss dieser Vorwurf bestätigt werden. Denn von dem Sleaze an der Stiefelküste ist man nun einmal meilenweit entfernt. Rituale der Ureinwohner, die Sexualbezug zu den in Mitleidenschaft gezogenen Studentinnen aufweisen, lassen die westliche Kleidung der gefangenen Damen wie selbstverständlich an Ort und Stelle, meistens jedenfalls (3/10). Daneben versuchen potentielle Ekelmomente mit Fäkalien nicht einmal, mit Effekten zu beeindrucken. In einem anderen vielkritisierten Punkt ist dagegen Differenzierung gefragt. Der einmalig auftauchende Kifferhumor (5/10) kommt bar jeder Logik zustande und lässt verschämt den Kopf schütteln. Es gibt daneben jedoch sehr galantes Augenzwinkern zu vermelden, das sich in Fußnoten zum wenig jugendfreien Kino niederschlägt, die jenseits von beiläufig gezeigten Plakaten und Schriftzügen vor allem darin liegen, dass die Szenenästhetik der Aushängeschilder des italienischen Kannibalenfilms mal mehr und mal weniger versteckt auftaucht. Für Liebhaber ist diese Technik eine wahre Fundgrube an Insidern.
Alles andere ist in "Green Inferno" mindestens vorbehaltlos gut gelungen. Sein Herzstück sind sicherlich die drastischen Goreeinlagen zur Mitte hin (Gewalt 7/10), einschließlich explizitem Kannibalismus, dessen Praktizierung nach dem Ableben der Opfer ziemlich unappetitlich Fortgang nimmt (Horror 7/10). Da verzeiht man schnell, dass die Reise hin zu dem rauschenden, schlammbraunen Fluss in der schwülen Wildnis eine halbe Stunde der Spielzeit in Anspruch nimmt. Bis dahin ist ohnehin Kurzweil angesagt, was den charismatischen Darstellern zu verdanken ist. Sky Ferreira ("Baby Driver") als hübsche blonde Jüdin Kaycee mit Schlafentzugrändern unter den Augen glänzt als Skeptikerin, die ihrer Freundin Justine (intensiv: Lorenza Izzo) die Sympathien für die Protestler auszureden versucht.
"Du, Dein Aktivismus ist dermaßen uncool."
Ariel Levy glaubt man sofort, dass seine sexy Leitfigur der sozialen Bewegung Alejandro zu mobilisieren versteht, während mit Jonah (Aaron Burns) ein pummeliger Sympathieträger mit von der Partie ist. Gelangt die Gruppe schließlich in die titelgebende grüne Hölle, veredeln die Buschtrommeln den pathetisch konnotierten Score, zu dem imposante Vogelperspektiven im natürlichen Biotop des leuchtend bemalten Indio-Stammes zu bestaunen sind. Trotz des thematisierten Handy-Einsatzes der Regenwaldschützer wurde glücklicherweise auf das Gewackel von Handkameras verzichtet, so dass die Optik zum Besten gehört, was in dieser Kategorie zu finden ist. Als i-Tüpfelchen gibt Eli Roth sogar wieder einen dezenten Denkanstoß mit auf den Weg, indem er die mögliche Ambivalenz jugendlicher Rebellion aufzeigt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die kleine Filmperle "The Green Inferno" vollkommen würdig in die problematischen Fußstapfen ihrer Erblasser voller Tiersnuff und dramaturgischer Schwächen tritt (7/10 Punkten). Den Sexismus und die Tierquälerei hat Roth nicht übernommen, was indes auch unnötig gewesen wäre. Ein grober Ausrutscher auf Marihuana macht einen ähnlichen Fehler wie das Reboot zu "Freitag, der 13.", indem er sich an die Zielgruppe der stumpfen Kinogänger richtet, die nur gut finden, was ihrer Droge möglichst grenzdebil kichernden Zuspruch gibt. Der Rest funktioniert souverän, bei manchen Bildkompositionen aus Dickicht und Körpermalerei sowie den Blutstößen Nicoteros sogar ganz ausgezeichnet. In diesem an Sondermüll nicht armen Subgenre zählt der US-Beitrag des "Cabin Fever"-Schöpfers damit letztlich zur Auslese.
7/10