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Abwärts

Herstellungsland:Deutschland (1984)
Standard-Freigabe:FSK 16
Genre:Thriller
Alternativtitel:Out of Order
Bewertung unserer Besucher:
Note: 7,50 (10 Stimmen) Details

Inhaltsangabe:

Freitagabend in einem Bürohochhaus. Die Gänge menschenleer, die Angestellten auf dem Weg ins Wochenende. Für die letzten vier Nachzügler der Beginn eines Alptraums. 100 Meter über dem Boden bleibt der Fahrstuhl stecken. In ihm der Buchhalter Gössmann, gerade entlassen und mit dem Inhalt des Bürosafes in seinen Taschen, der abgehalfterte Macho-Yuppie Jörg, seine Kollegin und Ex-Geliebte Marion und der Schmalspurrebell Pit. Vor Montag ist keine Hilfe zu erwarten. Für eine lebensgefährliche Situation eine zu explosive Mischung. Angst schürt Wut und Hass und es kommt zu erbitterten Auseinandersetzungen. Dann reißt das erste Kabinenkabel... (Screen Power DVD-Cover)

Diese Kritik enthält Informationen über den späteren Handlungsverlauf der Geschichte.
eine kritik von rullep:

Die vergessene Perle

"Made in Germany" gilt ja schon seit ewigen Zeiten als Garant für Qualität. In der Filmwelt wird aber im allgemeinen ein großer Bogen um unser Land gemacht, was man auch gut verstehen kann wenn ich an Til Schweiger und Konsorten denke... Nein, viel mehr geht es um die, seit dem zweiten Weltkrieg verlorene Identität einer Filmindustrie. Wo Murnau und Lang mit "Nosferatu" und "Metropolis" Maßstäbe in Sachen Film setzten, ist Deutschland seit der Nazi-Diktatur stumm geblieben. Zugegeben: Ausnahmen gab es, allerdings mehr im Neuen Deutschen Film der 70er, als Regisseure wie Fassbender und Co. einen neuen Stil schufen. Dieser war weit entfernt vom miefigen 50er Jahre Heimatschinken, und packte Gesellschaftsrelevante Brennpunkte an: Unbequem, schmerzhaft und entlarvend.

Während uns Spielberg, Scorsese und Lucas im New Hollywood mit bösen Haien, verspannten Taxifahrern und Sternenkriegen bekannt machten, wurde in Deutschland nach wie vor mit kleinen Brötchen gebacken. Erst im Jahr 1981 erschuf Wolfgang Petersen nach Jahrzehnten wieder mal eine große Produktion, die sich hinter der Traumfabrik nicht verstecken musste. "Das Boot" ließ in der Kinofassung zwar einiges an Klasse auf dem Grund des Ozeans zurück, doch war als großes Ganzes ein Paradebeispiel für Filmkunst. Zwar hatte es mit der "Blechtrommel" bereits zwei Jahre zuvor einen Achtungserfolg aus deutschen Landen gegeben aber dieser war vom Aufwand her kein Vergleich zur Geschichte der U96.

Ihr merkt schon, ich hole weit aus ;-) Kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieser Review: ABWÄRTS. Regie: Carl Schenkel, ausgestattet mit minimalster Handlung und dennoch...eine Offenbarung. Trotz Stereotypen und dem Umstand, das sich die Geschichte zu 90 Prozent in einem Fahrstuhl abspielt, kann ich diese Perle immer wieder sehen. Natürlich profitiert der Film von den Schauspielern und ich möchte mir erst garnicht vorstellen, wie ein Remake mit Til Schweiger in Jörgs (Götz George) Rolle aussehen würde :-(

George spielt hier fantastisch das arrogante Arschloch. Dennoch ertappe ich mich immer wieder dabei, wie mir diese Figur sympathisch ist. Sie steht irgendwie für zwei Seiten: Einerseits der eingebildete Fatzke und andererseits das arme Würstchen, welches von Kontrahent Pit und seiner Ex Marion ein ums andere Mal rund gemacht wird. Hannes Jaenicke ist der junge dynamische Heißsporn Pit, außen cool und abgeklärt doch beim Anblick von Marion wird auch er schwach. Renée Soutendijk spielt den Vamp durchaus gut und ansehnlich, wobei ihre Rolle wohl eher zur Rivalität der beiden "Kerle" vorgesehen war. Daneben Wolfgang Kieling als nervös schwitzender Buchhalter, dessen Anspannung man quasi fühlen kann. Apropos Spannung: Wenn man bedenkt, das die Story mehr als einfach ist, umso erstaunlicher ist die Leistung Schenkels, hier so viel mehr rauszuholen. Die knapp 90 Minuten vergehen wie im Flug und während man Zeuge von Faustkämpfen in luftiger Höhe wird und sich fragt, ob ein gewisser Koffer den Besitzer wechselt, ist der Film auch schon zu Ende.

Die lange Einleitung diente mir als Denkanstoß dafür, weshalb ich ABWÄRTS als einen wahren Thriller Deutschlands betrachte. Er bringt alles mit, was in Hollywood keine große Herausforderung wäre, muß dabei jedoch mit minimalsten Mitteln auskommen. Egal ob Kamera, Schnitt, Musik oder Darsteller: Hier wurde im Jahr 1984 ein mitreißendes Werk kreiert, das für lange Zeit eine Sonderstellung in Sachen Thriller inne hatte. Erst im Jahr 2000 konnte mit "Das Experiment" ein weiterer Film in diesen Bereich vorstoßen. Ich liebe zwar auch "Bang Boom Bang" von 1999, aber dieser Film ist zum einen mehr als Gangsterkomödie einzustufen und lebt vor allem vom typisch deutschen, was auf internationaler Ebene wohl nur schwer funktionieren würde. 

Ich finde es sehr Schade das ABWÄRTS heutzutage in den Archiven verstaubt und praktisch nicht mehr im TV gezeigt wird. Er bekam seinerzeit zwar durchaus Lob und wurde mit diversen Filmpreisen ausgezeichnet, doch letztlich blieb er eine vergessene Perle im Einheitsbrei der deutschen Filmlandschaft. Weit entfernt von den Millionen an Fördergeldern, welche heutigen Produktionen zugestanden werden, macht er aus der Not eine Tugend und spielt seine Trümpfe gekonnt aus. Abzüge in der B-Note gibt es von mir lediglich für die etwas stereotype Zeichnung der Charaktere. Schauspielerisch wurde jedoch alles herausgeholt was möglich war, und am Ende gibt es gar ein Wiedersehen mit Kalle Grabowski und dem Fahnder...  

9/10
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Kommentare

17.12.2019 21:11 Uhr - Intofilms
2x
Ich meine, den schon einmal gesehen zu haben. Kann mich aber auch täuschen. Konkrete Erinnerungen fehlen komplett. Aber mein Gefühl sagt mir, dass da was war... (Kennt vermutlich jeder.)
Sehr interessante Filmauswahl und sehr schöne Review jedenfalls!

17.12.2019 22:52 Uhr - Nubret
2x
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Ein Klassiker. Und zusammen mit Dominik Grafs "Die Katze" (Review vorhanden/ebenfalls mit Götz George) sicherlich eines der eindrucksvollsten Beispiele für erstklassiges Spannungskino aus deutschen Landen.

Von Schenkel empfehle ich Dir wärmstens "Kalt wie Eis". Review ebenfalls vorhanden. Top Besprechung!

17.12.2019 23:33 Uhr - Rullep
1x
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17.12.2019 22:52 Uhr schrieb Nubret
Ein Klassiker. Und zusammen mit Dominik Grafs "Die Katze" (Review vorhanden/ebenfalls mit Götz George) sicherlich eines der eindrucksvollsten Beispiele für erstklassiges Spannungskino aus deutschen Landen.

Von Schenkel empfehle ich Dir wärmstens "Kalt wie Eis". Review ebenfalls vorhanden. Top Besprechung!


Ja Nubret, “Die Katze“ kenne ich ebenfalls. Neben George mit Landgrebe, Hoenig und Richter, nicht wahr? Den konnte man auch schauen, ist mir nur nicht so nachhaltig im Kopf geblieben.

Danke für den Tipp!

17.12.2019 23:36 Uhr - Rullep
2x
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17.12.2019 21:11 Uhr schrieb Intofilms
Ich meine, den schon einmal gesehen zu haben. Kann mich aber auch täuschen. Konkrete Erinnerungen fehlen komplett. Aber mein Gefühl sagt mir, dass da was war... (Kennt vermutlich jeder.)
Sehr interessante Filmauswahl und sehr schöne Review jedenfalls!


Wieder ein Danke für das Lob!

Ich glaube, das hier ist wirklich die richtige Plattform für meine Schreibwut :-)

17.12.2019 23:41 Uhr - TheRealAsh
3x
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Ein hervorragendes Review, das mich echt neugierig macht, bei vielen dt. Filmen bin ich echt nicht drin, was mir immer wieder schmerzhaft bewusst wird. Weiter so!

PS: mit "Once Upon..." bin ich natürlich stinksauer ;-)

17.12.2019 23:54 Uhr - Rullep
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@TheRealAsh

Ich danke Dir!

...und was den Quentin betrifft: Nicht mir soll er gefallen, solange du deinen Spaß hast ;-)

18.12.2019 02:09 Uhr - Laughing Vampire
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Mir wurde auch erst durch die Werke Eckhart Schmidts überhaupt bewußt, daß es ihn tatsächlich mal gab: Den deutschen "Genrefilm". Cool, brutal, lustig, gewagt. Heute wird diese Art von Film in Deutschland ja absolut nicht mehr produziert, aber gerade in den 70ern und 80ern gab es wohl noch einiges, was danach schnell in die Obskurität abgerutscht ist und nun immerhin nach und nach von Verleihen wie "Subkultur" wieder ausgegraben wird. "Abwärts" habe ich auch schon länger auf dem Schirm, könnte genau meins sein. Und nach deiner Kritik wird es wohl nicht lange dauern, bis der in meiner Sammlung landet -- vielleicht warte ich aber auch noch auf die längst angekündigte Bluray!

18.12.2019 09:02 Uhr - Dissection78
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Ach ja, Carl Schenkel. Der gute Mann ist jetzt auch schon sechzehn Jahre nicht mehr da. Ich verwechselte ihn früher des Öfteren mit Carl Schultz ("Das siebte Zeichen").

"Abwärts" hatte ich im letzten Jahrtausend mal gesehen. Damals ein sehenswerter, spannender Kammerspiel-Thriller, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich meine Sehgewohnheiten dermaßen verändert haben sollten, um dem Streifen nichts mehr abgewinnen zu können. Den werde ich mir bei einer ansprechenden Veröffentlichung gönnen. Bin gespannt.

Schöne Rezi, Rullep!

18.12.2019 09:09 Uhr - JasonXtreme
1x
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Und noch eine tolle Rezi - so kanns weitergehen. Zum Film hast Du alles gesagt, den mag ich auch sehr gerne!

18.12.2019 11:19 Uhr - Mr.Tourette
1x
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Danke für die gelungene Vorstellung. Kommt auf die Sichtungsliste...

18.12.2019 11:45 Uhr - Stoi
Den muss ich auch mal wieder aus dem Regal ziehen, lange nicht gesehen, aber so überschwänglich, wie in deiner Rezension, habe ich den nicht mehr in Erinnerung.
Kann sich ja ändern. :)
Apropos deutscher Genrefilm: Da kann ich noch HARMS (2013, von Nikolai Müllerschön) in die Runde werfen. Teilweise blutiger, schön quer besetzter Gangsterthriller mit Lauterbach, Prahl und Brambach. Der Film wurde meines Wissens privat finanziert ist leider völlig untergegangen.

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