Sagt Ihnen der Begriff Asian-Death-Syndrom etwas? Nein? Dann wohl doch eher der 1984 erschiene Horrorschocker "Nightmare - Mörderische Träume", denn der "Vater" vom Albtraummörder mit Hut, rot-schwarzem Pulli, Messer-Krallenhandschuhen und verbranntem Gesicht ließ sich nach eigenen Aussagen hiervon inspieren. 1978 laß Wes Craven nämlich mehrere Berichte über südostasische Männer aus Einwandererfamilien, die während ihrer heftigen Albträume auf unerklärliche Weise gestorben waren, was die damaligen Behörden als Asian-Death-Syndrom betitelten. Die Person Freddy Krüger war eigentlich ein Knabe, welcher den jungen Craven im Kindesalter regelrecht tyranisierte, die Namensgebung für seine Horrorikone kann man also auch als eine Art spassige Rache verstehen. Weitere Inspiration holte sich Craven aus Gary Wrights Song "Dream Waver", von welchem er auch einen Synthesizer-Riff für den Score des Films übernahm. Der von seinem Schöpfer eigentlich als "One Shot" gedachte und lediglich 1,8 Millionen Dollar teure Nightmare - Mörderische Träume spielte weltweit sage und schreibe 57 Millionen Dollar ein und ebnete den Weg für das gefeierte Franchise eines der bekanntesten Killer der Filmgeschichte.
1981 stellte Craven sein Drehbuch unterschiedlichen Studios vor und stieß anfangs nur auf Ablehnung. Es dauerte 3 Jahre, bis er in der jungen New Line Cinema Corporation, welche bis dato nur im Filmvertrieb tätig war, ein produktionswilliges Unternehmen fand. Die Dreharbeiten begannen am 11.06.1984 und dauerten knapp 32 Tage. Im Orignalskript war Freddy Krüger übrigens ein Kinderschänder, um Vorwürfe der Ausschlachtung von zeitaktuellen realen Mißbrauchsfällen zu umgehen, wurde er im Film zum Kindermörder umfunkioniert. Die Teenagerin Nancy Thompson (Heather Langenkamp) muss miterleben, wie ihre Freundin Tina Gray (Amanda Wyss) auf unerklärliche Weise aufgeschlitzt wird, während ihr Freund Rod Lane (Jsu Garcia) für den Gewaltakt zu unrecht verdächtigt wird. In Wahrheit ging das Verbrechen nämlich auf das Konto des untoten Kindermörders Freddy Krüger (Robert Englund), der seine Opfer in deren Träumen umbringt und diese gleichzeitig real sterben. Auch Nancy wird von Krüger im Schlaf gejagt und entwickelt nach zahlreichen Albträumen eine Theorie, wie sie Krüger stoppen könnte. Mit Ihrem Freund Glen Lantz (Johny Depp) sagt sie dem mysteriösen Krallenmann den Kampf an. Ein fast unmögliches Vorhaben, den weder die Polizei, noch die eigenen Eltern wollen ihnen glauben...
A Nightmare on Elm Street, so der Originaltitel, spielt auf schockierende Art und Weise mit einer unser aller Urängsten, der Furcht vor den eigenen Träumen. Einschlafprobleme über einen längeren Zeitraum können Betroffene fast an den Rande des Wahnsinns treiben, doch stellen Sie sich einmal vor, sie dürften nicht einschlafen, weil Sie befürchten müssen, nie mehr aufzuwachen? Craven vermischt gekonnt die Grenzen zwischen Realität, Fiktion sowie übernatürlichen Phänomenen und visualisiert mit jedem Albtraum auf ein Neues die parapsychologische Hölle eines jeden Opfers, in dem er ihnen das personifizierte Böse auf den Hals hetzt. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie seien in Freddys Schattenreich gefangen, machen Sie sich keinen Vorwurf, dass kann durchaus auch als Cravens Intention gewertet werden, denn Nightmare transportiert wie kaum ein anderer Horrorfilm seinem Zuschauer das pure Grauen, die panische Bangnis vor der Nachtruhe, spannend, düster, dreckig und gemein mit einer nahezu beängstigend greifbaren Atmosphäre. Sollten Sie sich dann noch zu allem Überfluss dabei ertappen, den mystisch angehauchten Nightmare Schlagreim 1 und 2 Freddy kommt vorbei... mitzusprechen, dann sind Sie bereits verloren, dass Prunkstück hat Sie längst in seinen Bann gezogen.
Effekttechnisch wurde mit überschaubaren finanziellen Möglichkeiten eine neue Dimension des Horrors geschaffen und der Streifen hat auch nach mittlerweile knapp 36 Jahren nichts von seinem Schrecken eingebüßt. Die phantasievollen Traumsequenzen sind im schaudrigen Halbdunkelmix gehalten und mit einem kontrastreichen Wechsel von Licht und Schatten ausgestattet, was den entstellten Psychopathen zusätzlich bedrohlich wirken lässt. Kalter Rauch ergänzt die morbide wirkende Szenerie und die unnachahmlich ekelhaft kratzenden Krallengeräusche von Freddys Messerklingen sorgen für grenzenloses Unbehagen, während der beklemmend-furchteinfößende Nightmare Score von Charles Bernstein dem Publikum den musikalischen Rest gibt. Wenn Sie denken, A Nightmare on Elm Street würde ein splatterhaltiges Massaker veranstalten, um zu schockieren, dann kann ich Ihnen sagen, dass Sie gewaltig auf dem Holzweg sind. Trotz 500 Gallonen reinen Kunstblutes, welches größtenteils für den berühmt berüchtigten Blutbrunneneffekt bei Johny Depps Ableben verwendet wurde, beinhaltet der Bodycount nur 3 Personen. Craven setzt bewusst auf eine psychisch spannende Realisierung der Albträume und stellt die Opferfurcht vor Freddy im eigenen Überlebenskampf in den Vordergrund, Blut wird lediglich bedacht und als höhepunktartiges, pointiert herausstreichendes Element verwendet.
Um den geeigneten Darsteller für Freddy zu finden, mussten hunderte von Schauspieler gecastet werden. David Warner erhielt als erstes den Zuschlag, sagte aber wegen Terminkonflikten ab. Der spätere Jason Vorhees Kane Hooder wurde ebenfalls in Betracht gezogen, dieser verlor jedoch das Rennen gegen Robert Englund, weil er der einzige war, der laut Regisseur Wes Craven die Figur des Freddy Krügers verstand. Diese Einschätzung untermauerte Englund mit einer phänomenal diabolischen Darbietung, den Enthusiasmus, die Ausgeburt der Hölle zu verkörpern, merkt man ihm in jeder Filmminute an. Auch Heather Langenkamp bekam ihren Auftrag, Nancy Thompson zu spielen, nicht geschenkt und musste sich gegen knapp 200 teils namenhafte Konkurrentinnen wie z.B. Demi Moore oder Courteney Cox behaupten. Langenkamp zu verpflichten war meiner Meinung nach ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg, ihre charismatische, mitreißende Performance als leidgeplagte, aber tapfere Powerfrau verdient allerhöchste Anerkennung, sie schafft es mit ihrer unvergleichlichen Ausstrahlung, dass Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Neben den beiden Hauptprotagonisten weiß auch das restliche Ensemble durchaus zu überzeugen, Johny Depp (Glen), Jsu Garcia (Rod ), Amanda Wyss (Tina) , Ronee Blakley (Nancys Mum) und John Saxon als Nancys Vater tragen mit soliden Leistungen zum Gelingen dieses Vorzeigefilms bei.
Wes Craven wollte ursprünglich Freddy Krüger duch Nancys Nichtglauben sterben lassen, doch Produzent Robert Shaye drängte auf ein Twist Finale, welches das Hintertürchen für weitere potenzielle Forsetzungen offen hält und Craven nur wiederwillig nachdrehte. Die Filmwelt weiß das zu schätzen, auch wenn keiner der folgenden Teile jemals mehr die Intensität und die Klasse des grandiosen Erstlings erreichen sollte. Herr Craven, wo immer Sie jetzt auch sein mögen, ich verneige mich vor Ihnen und bedanke mich mit diesem Review für ihr genrebezogenes Meisterwerk, welches ohne wenn und aber mittlerweile zu einem zeitlosen Horrorklassiker avanciert ist. Ihr Beitrag beweist, dass fesselnde Suspense auch ohne Splatterorgien und millionenschwere Budgets möglich ist, wenn man sich nur traut, allgegenwärtige Ängste anzusprechen und das goldene Händchen für die richtige Darstellerwahl besitzt. MovieStar Wertung: 10/10 Punkte.
10/10