Review zu anderen, französischen Filmen:
High Tension - Die Horde - 96 Hours - Colombiana - Der Graf von Monte Christo - Willkommen bei den Sch'tis
Vorab, wie üblich: Ich habe möglichst wenig gespoilert und die Besprechung des Endes ist sichtlich abgegrenzt. Allerdings sind einige Fakten zwecks Spoilerfreiheit nur angedeutet und daher für jemanden, der den Film nicht gesehen hat, ggnf. nicht ganz klar.
Die neue französische Horrorfilmwelle überschwemmte von grob 2002 (Irreversibel) bis 2009 (Die Horde) die Horrorfilmwelt und muss sich auch heute nicht vor anderen, harten Horrorfilmen verstecken. Zugegebenermaßen können die Franzosen aber vor allem durch die brutale Mischung von Gewalt / Horror und Psycho / Thriller glänzen. Für mich persönlich ist und bleibt High Tension (2003 - siehe Special) der überzeugendste Beitrag (wieso? Deshalb!), allerdings stellt den psychisch härtesten Beitrag in meinen Augen ganz klar
(2008) dar. Nachdem ich die misslungene Neuverfilmung (2015) gesichtet habe (-> Review), fühlte ich mich förmlich genötigt, das Original nach Jahren mal wieder zu sichten! Im Film selbst entkommt die junge Lucie (Jessie Pham) Ihrer Gefangenschaft und nimmt als erwachsene Frau (Mylène Jampanoï) blutige Rache an einer Familie, die Sie für Ihre einstigen Peiniger hält. Doch die Monster der Vergangenheit lassen Sie nicht so einfach los.
Interessanterweise war übrigens Eli Rots (-> Special) Hostel (2005 - guter Film) eine wesentliche Inspirationsquelle des Drehbuchautors Pascal Laugier, der seinerseits an Depressionen litt, was durchaus einen gewissen Einfluss auf seine Arbeit gehabt haben dürfte. Weitere, eingebaute Verbindungen wären, dass in seinem vorherigem Film, Saint Ange - Haus der Stimmen (2004), die Hauptfigur Anna Jurin heißt; Namen, die auch in Martyrs vergeben wurden.
Ich habe Sie gefunden!
Die Darstellerinnen machen Ihre Sache absolut überzeugend und schaffen es trotz Ihres mörderischen Treibens Sympathien aufzubauen - Stichwort: Mitleid(en). Besonders wenn dann Monster in noch nicht einordbaren Szenen angreifen und die Darstellerinnen diesen mitunter hilflos ausgeliefert sind oder einer anderen Frau der angenagelte "Helm" abgenommen wird (nur in der ungeschnittenen Fassung!), zeigt dieser Psychothriller eindringlich, dass hier auch ein echt harter Horrorfilm vorliegt, der mit blutigen Einlagen nicht geizt.
Die Effekte sehen dabei grundsätzlich sehr gut aus - auch nach über einer Dekade. Martyrs überzeugt in allen Bereichen, stilistisch, wie auch handwerklich: Bild, Ton(-effekte), Licht, Schatten, harte, blutige Szenen - das Gesamtbild ist einfach krass! Die Atmosphäre durch die schonungslose und kompromisslose Umsetzung zieht den Zuschauer ebenso gekonnt in den Bann, man fiebert mit und weiß nie, was nun als nächstes kommen wird oder ob dies alles nur eine Einbildung der psychisch kranken Anna ist / sein könnte - waren dies wirklich die Täter? Was sind das für Monster? usw., was (also Einbildung oder Realität) besonders in Bezug auf den ein oder anderen, zuvor genannten, französischen Horrorfilm nicht ganz abwegig klingt.
Zweifle weiter...
Martyrs ist ein wahrer Alptraum, in den man mitgenommen wird, der konsequent seinen Weg voranschreitet; etwas, das man so noch nicht gesehen hat und vom Psychologischen her selbst den von mir sehr geschätzten Funny Games (1997) überbietet.
Zu den internationalen Freigabe sei so viel gesagt: Abgesehen von Japan (ab 15), Frankreich (ab 16 - Zusatzinfos) und Griechenland (ab 17) erschien Martyrs ab 18 bzw. mit der Höchstbewertung (+ gekürzte R-Rated). Seit dem 31.07.2012 ist Martyrs in Deutschland indiziert (siehe Index-Special), die ungeschnittene Fassung ist mit schwerem SPIO-Siegel erhältlich. Kleine Randnotiz, wo wir gerade bei international sind: Mir fällt ad hoc kaum ein Film ein, der auf so vielen Festivals (Ü20) vorgeführt wurde.
Fazit:
Ein Brett von Film! Hart, überzeugend, stimmungs- & wirkungsvoll. Mindestens
09 von 10 Punkten
######### BESPRECHUNG DER AUFLÖSUNG / DES ENDES - SPOILER #########
Den handlungstechnischen Umbruch mit der dekadenten Sekte, die mehr über das Leben nach dem Tod herausfinden will und dem einhergehenden Märtyrer-Gequatsche würde ich mal als einigen Wehrmutstropfen darstellen und als Schwachsinn abtun, dafür ist etwa die Häutungsszene natürlich absolut hart und die anderen o.g. Qualitäten bleiben ebenfalls gegeben! Die Tatsache, dass sich die einzige Frau erschießt, die das Geheimnis erfahren hat, rundet den Film bösartig ab.
######### SPOILER-ENDE#########
9/10