Todesmarsch der Bestien
Originaltitel: Condenados a vivir
Herstellungsland: | Spanien (1972) |
Standard-Freigabe: | FSK keine Jugendfreigabe |
Genre: | Splatter, Western |
Alternativtitel: | Bronson's Revenge Cut-Throats Nine Cutthroats 9 Cutthroats, The Todesmarsch der lebenden Teufel, Der |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 6,72 (18 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Sergeant Brown von der Nordstaaten-Armee hat ein Himmelfahrts-Kommando übernommen: Mitten im kältesten Winter soll er neun Schwerverbrecher in Ketten aneinandergeschmiedet durch Schnee und Berge zu einem Zwangsarbeiterlager 400 Meilen entfernt bringen. Mit dabei sind seine Tochter Kathy und zwei Begleitsoldaten. Es ist ein Marsch ohne Wiederkehr. Schon nach wenigen Meilen wird der Transport überfallen, die beiden Begleitsoldaten getötet. In der allgemeinen Panik gehen die Pferde mit dem Proviantwagen durch. Das einzige Gewehr, das dem Trupp bleibt, hat Sergeant Brown. Hungernd und frierend schleppt sich die Gruppe durch Eis und Schnee - bis eines Nachts einer der Gefangenen den wahren Grund für den Transport entdeckt. Als er versucht, mit einem Stein seine Ketten zu zertrümmern, sieht er: Die Ketten sind aus purem Gold, eine geschickte Tarnung zum Schutz vor Überfällen. Die Gier nach dem Gold lässt alle jegliche Menschlichkeit vergessen. (Mike Hunter VHS)
Sieht man sich die Filmlandschaft vor allem in den USA zu Beginn der 70er Jahre an, so könnte man zu dem Schluss kommen, Todesmarsch der Bestien (Spanien, 1972) ist ein Kind seiner Zeit. Mit einem unbekannten Ausmaß an ungeschönt und blutig dargestellter Gewalt zeigt der Film von Jose Romero Marchent den Transport von sieben aneinandergeketteten Schwerverbrechern, die von Sergeant Brown und seiner Tochter zum nahegelegenen Fort überführt werden sollen.
Dem Italowestern typisch finden wir verschwiegene, schmutzige und raue Charaktere wieder, die weder als moralische Vorbilder dienen, noch Schwiegermutters Lieblinge werden könnten - Mario Girotti stellt hier wohl die rühmliche Ausnahme dar (spielt aber nicht mit). Diese unterschiedlichen Charaktere verbindet (im wahrsten Sinne des Wortes) ein ihnen unbekanntes Geheimnis. Ihre sie an den Füßen fesselnde Kette besteht aus Gold, welches als solches äußerlich unkenntlich gemacht wurde.
Damit haben wir zunächst einmal eine äußerst spannende Konstellation. Nicht nur, dass diese Schwerverbrecher, verurteilt wegen Mordes und Vergewaltigung, in der Überzahl sind, sondern auch noch als Cover für einen Goldtransport dienen. Dass dieses Geheimnis den Verurteilten nicht lange verborgen bleibt sollte keine Überraschung sein. Doch wie verhalten sie sich nun dem Sergeant und seiner attraktiven Tochter gegenüber und auch untereinander? Wir haben eine Gut(?) gegen Böse Situation. Macht und Ohnmacht stehen sich scheinbar gegenüber. Dass der Sergeant als Soldat zum Schutz eine Waffe bei sich führt, verschärft die Situation und das Ungleichgewicht noch mehr.
So wie nun der Transportwagen zerstört wird, müssen sich alle Beteiligten zu Fuß weiter durch die verschneite Berglandschaft bewegen - die Gefangenen mit der schweren Kette am Fuß und der Sergeant um sein und das Leben seiner Tochter bemüht. Bis es zum ersten Toten kommt, dauert es nun auch nicht mehr lange. Und munter, wie nach einem Abzählreim, kommt einer nach dem andern um und dabei zeigen alle, dass sie sich selbst der Nächste sind. Homo homini lupus! Aber durch die Dezimierung kommen alle in die Zwickmühle. Man kann zwar die Fessel (explizit) vom toten Körper trennen, aber das Gewicht des Goldes wird nicht dezimiert. Die Situation wird immer extremer für alle beteiligen. Arbeitet man nun mit- oder gegeneinander.
Die schauspielerische Leistung ist bei der Umsetzung dieses durchweg pessimistischen sowie zynischen Western ist entscheidend, um eine glaubhafte Darstellung der verschiedenen Figuren und Handlungen unter Extremsituationen zu erzeugen. Man sollte keine meisterlichen Mimen erwarten, doch die einzelnen Figuren kann man untereinander Unterscheiden und jeder hat trotz des ähnlichen Charakters eigene Facetten, die auch überzeugend rübergebracht werden. Dass der Film keine Superstars in Petto hat, sollte dabei aber kein Grund sein, jenen zu verschmähen. Die meisten Darsteller finden sich in bekannten Italowestern in mehr oder weniger bedeutenden Rollen wieder. Also sollte man den Ein oder Anderen vielleicht aus weiteren Filmen her kennen.
Damit die Personen keine charakterlose Hüllen sind, erfahren wir als Zuschauer über Erinnerungssezquenzen mehr von ihren Taten. Dadurch wird ebenfalls deutlich, dass einer der Häftlinge der Mörder der Frau vom Sergeant ist, was die gesamte Odyssee und die Beziehungen untereinander noch viel spannender gestaltet. Das Spannungsniveau des Films an sich ist in der ersten Hälfte bedingt durch die Konstellation hoch. In der zweiten Hälfte flaut die Kurve etwas ab, um dann gegen Ende nochmals etwas zuzunehmen. Dürftig sind hingegen die Zwischensequenzen, die die Erinnerungen zeigen, da sie Schnitttechnisch holperig und unelegant und somit schwach gestaltet sind. Andere mögen das Stilmittel mit den zuvor eingefrorenen Bildern passend finden. Ich sehe sie als gewollt und nicht gekonnt.
Die begleitende Musik ist ok. Da man durch eine Vielzahl beeindruckender Italowestern durch bzw. gerade durch ihre Musik verwöhnt wird (Gruß geht an Morricone raus!), fehlt es dem Film an treibender oder gar noch drückender Musik, die die Stimmung des Films stärker untermalt. Sie ist zumindest nicht unpassend.
Seinen berühmt-berüchtigten Ruf hat der Film durch seine ungewöhnlich brutalen Tötungen erhalten. Kennt man aus anderen Genrevertretern Tötungen, die im Umfallen der Kontrahenten enden, so finden sich in Todesmarsch der Bestien genreübergreifend Elemente des Slasherfilms. Nahaufnahmen des eindringenden Messers in den Bauch des Opfer, die zeitlich sehr ausgedehnt sind, sowie das explizite Zeigen von Innereien zeugen eher von Giallo als Italowestern. Selbst der recht herbe Leichen pflastern seinen Weg wirkt in seiner Gewalt fast harmlos. Aber betrachtet man die Entstehungszeit des Films mit New Hollywood auf der einen Seite und Giallo auf der anderen Seite, so ist er doch von den Einflüssen von außen ein Kind seiner Zeit, dass sich zur Grundlage am sterbenden Genre des Italowesterns bedient hat und dabei eine neue Mixtur als Ergebnis hervorbringt. Auch die surrealen Aspekte mit Anleihen aus dem Genre des Zombiefilms machen aus dem Film etwas neues sowie eigenartiges, was ich so noch nie gesehen habe. Und auf seine eigene Art funktioniert der Film. Er würde sogar ohne diese explizite Darstellung funktionieren und sollte daher nicht auf seine „Schockeffekte“, die nice-to-have sind, aber nicht das Herz des Films ausmachen, reduziert werden.
(Die bestehende Beschlagnahme des Films ist für heutige Verhältnisse unangemessen. Die Indizierung hingegen historisch betrachtet nachvollziehbar, aber heute nicht mehr angemessen.)
Was bleibt am Ende zu sagen? Todesmarsch der Bestien, dessen Titel wirklich treffend ist, ist ein interessanter und atmosphärische dichter Genremix, dessen große Stärke in der Ausgangskonstellation der Beteiligten liegt. Zwar verliert der Film zwischenzeitlich an Spannung, kann sich aber mit einer sehr spannenden ersten Hälfte, sowie intensiver Plottwist nicht nur in die wärmende Hütte in der trostlosen Kälte retten, sondern fesselt einen auch an das Schicksal der aneinander Gefesselten bis zum bitteren Ende. In der Tradition typischer Genrevertreter folgt er einem zynischen und pessimistischen Pfad, bringt aber ungewohnte neue Elemente mit ein, die diesen Spätwestern doch noch sehenswert machen.
Ohne die bestehende Beschlagnahme und die dadurch geweckte Neugier, hätte ich ihn wohl nie angesehen. Ich habe es keinesfalls bereut.
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Kommentare
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23.07.2020 21:02 Uhr - lappi |
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23.07.2020 21:26 Uhr - Nubret |
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