The Devil all the Time erzählt uns einen Ausschnitt aus dem Leben einiger Personen in den 50er und 60er Jahren, im ländlichen Amerika. Genauer gesagt rund um und in den Käffern Coral Creeke, Knockemstiff und dem Städtchen Meade. Willard Russell kommt aus dem 2. Weltkrieg zurück, in dem er menschenunwürdige und brutale Dinge erlebt hat. Er lernt in einem Diner in Meade ein Mädel kennen, welches er heiratet. Aus dieser Ehe geht Sohn Arvin hervor. Als Arvin ein kleiner Junge ist, stirbt seine Mutter Charlotte an Krebs, nicht aber nicht ohne Willards krankhafte Idee sie durch Gottesanbetung und Opferung von Tieren am Leben halten zu können, was auch Sohn Arvin in die Welt der Gewalt einführt... Schon durch die erste Begegnung zweier Personen im Diner, wird sich das Leben aller Beteiligten auf kurz oder lang ändern...
Ich möchte zur Handlung nicht viel verraten, da es zwei Effekte hätte. Zum Einen sollte man möglichst wenig wissen, zum anderen würden Spoiler der doch behäbigen, aber eben sehr zweckdienlichen Handlung noch mehr schaden. Ich persönlich kenne die Buchvorlage Das Handwerk des Teufels von Donald Ray Pollock, und freute mich um so mehr, als ich merkte, dass The Devil all the Time die Verfilmung genau dieser darstellt. Ich dachte erstes sei ein Roman den ich noch nicht kenne. Kurzum: Ein möglicher passender deutscher Titel wäre für mich definitiv auch der bereits belegte GOTTES WERK UND TEUFELS BEITRAG.
Aber der Reihe nach. Die Story spiegelt im Grunde eine Zeit wider von knapp 20 Jahren, da sie im Grunde mit Willards Kriegsheimkehr in den Vierzigern beginnt, was aber nur ein ganz kurzer Teil ist, führt über Kindheit und Jugend, und sie endet Mitte/Ende der 60er Jahre - eben dort wo sie begann, im Dunstkreis der drei Orte. Knackpunkt hierbei ist Pollocks Gabe die Berührungspunkte der ganzen Hauptfiguren miteinander gekonnt zu verweben, und das über die vielen Jahre hinweg, ohne konfus oder unübersichtlich zu werden. Genau das hat Regisseur Antonio Campos definitiv 1:1 auf den Film übertragen können! Fehler finde ich da keine, wenngleich gegenüber der Vorlage ein paar kleine Änderungen bei einzelnen Sachen gemacht wurden. Die Änderungen fallen aber nicht ins Gewicht, und sind auch nicht sonderlich relevant, weil man es trotzdem gepackt hat, alles wichtige drin zu haben, nur etwas verkürzt. Näheres gern auf Nachfrage an mich...
Die Erzählweise ist ruhig, gemächlich, und dennoch wird die Geschichte stets vorangetrieben. Das fand ich sehr passend, da auch der Roman denselben Weg geht. Höhepunkte der Handlung in dem Sinne gibt es hier keine, das würde aber auch nicht zur Sache passen. Hier geht es um Abgründe, Menschen und deren Widrigkeiten. Niedrige Beweggründe, Inzest, Bigotterie, religiöser Wahn, Eifersucht, Gewalt. Spiralen die sich bei einem jeden unermüdlich weiter in nur eine Richtung drehen - nach unten. Moral gibt es hier wenig bis keine, und selbst wenn dann ist diese eigentlich nicht vorhanden oder lediglich aus der jeweiligen, charaktereigenen, Sichtweise zu deuten. Trotz der gewalthaltigen Story hält sich der Regisseur grafisch sehr zurück! Wirklich explizite Szenen sind ganz rar gesäht und spiegeln wenn dann höchstens den Zweck wieder, dem sie geschuldet sind, da hält das Buch teils doch eher mehr drauf. Geschadet hat das hier aber nicht, da The Devil all the Time ... der Name ist Programm, hier ist nichts Gutes, hier gibt es keinen positiven Bezugspunkt, und wenn dann nur kurz. Hier herrschen Armut, Dreck, Zweifel, Rache, Siff, Verrohtheit und Gewalt. Unterstrichen wird das Ganze noch durch eine Erzählstimme die uns durch die Szenerie führt, was ich im Übrigen unumgänglich finde!
Die Darstellung der damaligen Zeit wurde ebenso passend eingefangen, da nimmt man sich nix! Fahrzeuge, Orte, Häuser, Kleidung und Musik - hier passt alles wie die Faust aufs Auge! Bleiben noch die Darsteller, und da finde ich keinen einzigen der seine Sache nicht hervorragend gemacht hat! Tom Holland als Arvin Russell, Bill Skarsgard als dessen Vater, Pattinson als (Schweine)Priester... ganz stark auch Harry Melling als Prediger Roy oder Jason Clarke (den ich normal nicht wirklich gut finde) als Carl Hendersen. Auch die weiblichen Rollen sind gut besetzt, auch wenn diese bis auf Riley Keough und Elizah Scahlen als Lenora eher etwas untergehen.
Wer einen Film mit richtig mieser Laune und Botschaft sehen will, der deprimierend ist, runterzieht und teils ohne Worte zurücklässt, aber auch die niederen Instinkte anspricht, der ist bei The Devil all the Time goldrichtig! Da in Pollocks Romanen auch viel autobiographisches einfließt, würde ich mal behaupten, dass dies eine der schonungslosesten Offenlegungen der damaligen amerikanischen Landbevölkerung ist, die es bisher gab. Ich für meinen Teil halte den Streifen für einen der besten (wenn nicht den Besten) der je von Netflix produziert wurde - Chapeau! Es würde mich nach wie vor noch mehr freuen, wenn man sich an weitere Romane machen würde, statt Remakes und unsinnige Drehbücher und Fortsetzungen zu drehen - es gäbe SO VIEL Stoff, den man nicht einmal groß umschreiben müsste.... aber was rede ich.
Ich hoffe wird werden von dem Regisseur noch mehr hören, denn wer so ein Buch in so einen Film packen kann, der hat was drauf! Übrigens hat Jake Gyllenhaal hier mit produziert.
9/10