Invasion U.S.A. – Hunters hirnlose Mission
Puh… Wo soll ich anfangen? Und vor allem, wie? Erst einmal mit Trivia zu Joseph Zitos „Invasion U.S.A.“ mit Chuck „The Beard“ Norris in der Hauptrolle als USA rettende Ein-Mann-Armee Matt Hunter? Denn da gibt es jede Menge interessanter und semi-interessanter Fakten rund um den Film. Zum Beispiel, dass Chuck Norris ursprünglich Whoopi Goldberg als nervige Sidekick-Reporterin wollte, Regisseur Joseph Zito jedoch Melissa Prophet favorisiert hatte, die zwar unbestreitbar attraktiv ist, jedoch nicht schauspielern kann. Das kann Chuck Norris zwar auch nicht, doch seiner Karriere hat dieser Umstand nie geschadet. Der Disput zwischen Star und Regisseur führte sogar so weit, dass beide, trotz des finanziellen Erfolges von „Missing in Action“, ihrer ersten gemeinsamen Arbeit, nie wieder zusammengearbeitet haben. Ganz anders sah der finanzielle Erfolg von „Invasion U.S.A.“ zunächst aus, da er an den Kinokassen seine Kosten von für Cannon Films vergleichsweise hohen $10.000.000 nicht einspielen konnte. Auf dem Heimkinomarkt entwickelte sich „Invasion U.S.A.“ für MGM jedoch zum Hit und zählt auch heute noch für viele Fans von 80’s Actiontrash zu ihren Guilty Pleasures dieser Zeit.
Matt Hunter (Chuck Norris) genießt die Superagentenrente in den Sümpfen Floridas, fängt mit seinem besten Freund zusammen Krokodile, hackt Holz und trägt gerne offene Jeanshemden zu Jeanshosen. Die 80er, man kennt sie. Doch dann kommt in der deutschen Version Bösewicht Michael Hames… oder Mikhail Rostov, wie er im Rest der Welt heißt, verkörpert von Narbennase Richard Lynch, und plant die Terrorisierung und gewaltsame Eroberung der USA. Und nur ein Mann kann diesen diabolischen Plan kommunistischer Invasoren stoppen: Matt Hunter, mit dem Mikhail… ich meine Michael noch eine Rechnung offen hat.
Die Story klingt schon sehr dünn, die Handlung des Films ist sogar noch dünner, um nicht zu sagen dümmer. Chuck Norris verkörpert eine mit Akimbo Uzis alles umnietende Ein-Mann-Armee, die selbstverständlich von der Regierung heimlich diesen Auftrag bekam, um nicht als gesetzloser, sein Unwesen treibender Vigilant zu gelten. Damit ist sein fahrlässiger Gewalteinsatz zum Beispiel in stark frequentierten Einkaufszentren zur Weihnachtszeit selbstverständlich vertretbar. Mit dem Schauspieltalent einer Steinmauer gesegnet ballert und prügelt er sich von Set Piece zu Set Piece, nur lose an sowas wie eine Handlung gebunden. Viel Erklärendes fiel laut Editor Daniel Loewenthal auf Menahem Golans Geheiß dem Schneideraum zum Opfer, wodurch „Invasion U.S.A.“ zwar flott erzählt ist, jedoch vorne und hinten keinen Sinn ergibt und buchstäblich zu einer episodenhaften Aneinanderreihung von Explosionen, Actionszenen und böser, zum Teil rassistischer Klischees verkommt. Chucks alter Ego ist immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort und tritt in Kommunisten… Pardon, Terroristenhintern, bis Karl Marx das Manifest aus den Händen fällt. Ein loses, lautes Flickwerk, mit gerade einmal so viel Handlung, dass man die Guten von den Bösen unterscheiden kann.
Trotzdem kann man Joseph Zitos Inszenierung durchaus viel Positives abgewinnen. Die Actionszenen sind abwechslungsreich, spannend, spektakulär und müssen sich auch in puncto Stunts nicht vor den großen Kinokrachern dieser Jahre wie „Rambo II“, „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ sowie „James Bond 007 – Im Angesicht des Todes“ verstecken. Eine ihresgleichen suchende Materialschlacht, die kein Stein auf dem anderen lässt. Ganze Wohnsiedlungen wurden dem Erdboden gleich gemacht, unzählige Fahrzeuge zerstört, 129 grafische Tode zelebriert. Dazwischen fangen ruhige, stilvolle Kamerafahrten stimmungsvoll die Szenerie ein und versprühen fast sowas wie Weihnachtsatmosphäre, zumindest bis Chuck Norris im offenen Jeanshemd und die Ecke gedüst kommt. Für Cannon Films Actiongülle ist „Invasion U.S.A.“ ein visuell schöner Film, unbestreitbar. Und auch akustisch knallt es kräftig, während Cannon Films Stammkomponist Jay Chattaway einen passenden, synthielastigen Score auf die Ohren der Zuschauer zimmert. Ja und Richard Lynch spielt einen einprägsamen Antagonisten, auch wenn das einprägsamste an seiner Darstellung, aufgrund mangelnder Figurenzeichnung, sein vernarbtes Gesicht ist.
Und was bleibt nach 100 Minuten „Invasion U.S.A.“? Viel Spaß, viel Kopfschütteln und am allermeisten Lacher der unfreiwilligen Sorte. Allein die Szenarien der Terroranschläge. Unschuldige Familien, die in einer idyllischen Vorortssiedlung Weihnachtsbäume vor dem Haus schmücken. Überfüllte Einkaufszentren zur Weihnachtszeit. Eine vollbesetzte Kirche. Sogar ein Schulbus mit kleinen, singenden Kindern und das Kinderkarussell eines Freizeitparks sind den Terroristen nicht zu unmoralisch, um in die Luft gesprengt zu werden. Als ob Chuck Norris zusammen mit seinen Co-Autoren „schlimme Terroranschläge, die bei jedem Menschen Verachtung auslösen“ aus einem Hut gezogen und wirklich jeden Zettel verwendet hätten. Übergossen wurde die süßliche Klischeegülle mit einer bitteren Rassismus-Glasur, die selbst „Missing in Action“ wie ein Musterbeispiel politischer Korrektheit erscheinen lassen. So gibt es, bezeichnenderweise auch weil Joseph Zito auf die Besetzung Whoopi Goldbergs verzichtet hat, keinen einzigen positiven Schwarzen Charakter im Film. Sie alle sind entweder Diebe, Handlanger der Bösen, Drogenabhängige, Prostituierte oder Zuhälter. Und das wohlgemerkt in einer Region der USA, in der Afroamerikaner die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen. Da „Invasion U.S.A.“ aber den Geist des amerikanischen 50er Jahre Alien-Invasions-Kinos atmet, überraschen auch rassistische Klischees, welche direkt aus den USA der 50er Jahre stammen könnten, nicht wirklich. Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass „Invasion U.S.A.“ ein Fest für anspruchslose Actionfans ist, man anschließend aber so wenig Gedanken wie möglich an das Gesehene verschwenden sollte. Das verursacht nur Kopfschmerzen und cerebrale Auflösungserscheinungen.
Qualitätswertung: 5 von 10 Punkten
Unterhaltungswertung: 9 von 10 Punkten
Gesamtwertung: 7 von 10 Punkten
Und Jeanshemd zu Jeanshose sollte wieder Mode werden.
Bis zum nächsten Review!
Hochachtungsvoll euer Kable Tillman
7/10