Savaged... zugegeben, was habe ich mich auf den Titel gefreut. Nachdem sich durch die, zum Teil, hervorragende "I spit on your grave" Remake Trilogie das Rape and Revenge Genre in den Nullerjahren wieder etablierte und auch Titel wie das sehr gute Remake von "Last House on the Left" hervorbrachte, wurde es umso schneller wieder langweilig, weil immer mehr Titel erschienen, welche sich in Sachen Gewaltdarstellung gegenseitig toppen wollten, denen es dann aber an Substanz fehlte. Ähnlich wie beim Torture Porn Genre war eine gewisse Sättigung erreicht. Da kam "Savaged" um die Ecke und brachte mit einer zusätzlichen Fantasy Komponente frischen Wind rein. Dabei ist die Story gar nicht mal so umfangreich. Wenn man sich den deutschen Trailer anschaut, oder das Backcover liest weiß man im Grunde die ganze Handlung. Überraschungen gibt es nicht, weswegen ich im Folgenden auch immer wieder Stellung zur Handlung beziehe. Aber laut Konfuzius ist ja bekanntermaßen der Weg das Ziel. Durch meine Sichtung des Titels begab ich mich also auf den Weg und eckte dabei aber mit etlichen Stolpersteinen an. Diese, sowie diverse positive Punkte möchte ich jetzt näher beschreiben.
Auf dem Cover des Films wird ja schon mit Worten wie "Rape and Revenge", "I spit on your grave" und "The Crow" geworben. Die erste Frage ist also: Trifft das denn eigentlich zu? Im Grunde kann man das mit "Ja" beantworten. Allerdings mit ein paar Besonderheiten. Ja, es geht um eine Vergewaltigung und ja, danach folgt ein Racheakt. Allerdings stirbt die Hauptfigur nach ihrer schweren Misshandlung, wird dann aber wiedererweckt ( dadurch wird die Brücke zu "The Crow" geschlagen ) und ein Geist eines Apachenhäuptlings übernimmt den Körper der Hauptfigur. Und hier kommt der Clou ... denn der Rachepart wird ausschließlich vom Geist jenes Häuptlings ausgeführt, welcher seine eigenen Gründe hat Rache an der Truppe auszuüben. Wenn die Seele der geschändeten Frau mal wieder durchblitzt, ist es ihr einziges Ziel zu ihrem Freund und damit raus aus dieser Hölle zu kommen. Das sie selber Rache nehmen will, ist bis zum Ende nicht wirklich ersichtlich. Und damit unterscheidet sich die Hauptfigur von Jennifer Hills oder Eric Draven, da diese aus persöhnlichen Gründen auf Rache sannen, während hier der Körper des Opfers lediglich als Werkzeug dient. Auf jeden Fall eine interessante Grundidee!
Für Michael S. Ojeda war dieser Film ein Herzensprojekt. Er führte nicht nur Regie sondern war auch für den Schnitt verantwortlich und schrieb das Drehbuch. Da kommen wir schon zum ersten Problem. Und das sind die Figuren. Bei der sadistischen Vergewaltiger Truppe hat er sich eindeutig beim ersten "I spit on your grave" Remake bedient. Einen völlig psychopathischen Anführer welcher seine Truppe beeinflusst? Check! Einen Mittäter welcher außerdem noch Deputy des angrenzenden Städtchens ist? Check! Einen jüngeren indirekten Komplizen welcher Mitgefühl zeigt und eigentlich nicht ganz so böse ist? Check! Dazu noch einen konstanten Rassismus über die Bande gelegt und fertig ist der Lack! ... Nein, kreativ ist das nicht. Und das geht mit der Opferrolle, Hauptrolle Zoe, weiter. Diese ist ziemlich stereotyp, anfangs sogar sehr nervig geschrieben. Wie sie zu Beginn des Films permanent dummgrinsend Selfies von sich macht, selbst während der Autofahrt, macht es im Grunde schwer Sympathien für sie aufzubauen. Ich vermute mal dass es Herrn Ojeda selbst aufgefallen ist, dass er bei der Profilierung seines Hauptcharakters nicht weiterkam und er deshalb zu einem Kniff gegriffen hat. Was macht man wenn man als Zuschauer mit der Hauptfigur mitfiebern soll, das Charakterprofil es aber anfangs nicht hergibt? Richtig, man schreibt eben dieser Figur eine Beeinträchtigung/Behinderung auf dem Leib. In diesem Fall ist Zoe taubstumm und zack, die Sympathien sind da. Ich möchte betonen, dass die letzte Aussage nur eine Mutmaßung von mir ist. Fakt blieb für mich, das die Charaktere nicht wirklich gut geschrieben sind. Trotzdem erkennt man sie an und fiebert zum Teil sogar mit. Wie kommt das aber zustande?...
Das liegt definitiv an den Darstellern! Denn beim Casting hat man auf jeden Fall ein glücklicheres Händchen bewiesen. Zoe wird von Amanda Adrienne gemimt und ihr allein ist zu verdanken, das man mit Zoe mitfiebert. Denn die Drehbuchschwächen, gleicht sie mit ihrer Leistung wieder aus. Egal ob Leid, Trauer, oder Wut. Sie bringt jede Emotion auf den Punkt! Auch Rodney Rowland überzeugt auf ganzer Linie. Er drückt dem Anführer der Psychobande seinen Stempel auf und agiert mit sehenswerter Spielfreude. Marc Anthony Samuel spielt den Freund von Zoe recht solide und er fällt auch nicht negativ auf. Auf der darstellerischen Seite ist also alles im grünen Bereich.
Wo der Film massiv Federn lässt ist die Inszenierung. Er beginnt als harter Rape and Revenge Film. Wobei die Vergewaltigung an sich nur kurz angedeutet ist. Diese Entscheidung begrüße ich allerdings. Hart bleibt es dennoch, ohne das man sich in Grausamkeiten suhlen muss. Der weitere Verlauf ist allerdings in meinen Augen etwas ungünstig gewählt. Zoe´s erste Vergeltung ist so überzogen dargestellt, dass sie schon an einen Funsplatter erinnert. Es folgen dann noch Szenen, in denen Zoe Kontakt zu ihrem Freund aufnimmt, was wieder eher dem Genre Drama zuzuordnen ist, nur um dann wieder in eine heftigere Gorerichtung zu gehen. Ich wurde den Eindruck nicht los, das die Macher irgendwann den Faden verloren haben und nicht mehr wussten in welche Richtung sie eigentlich wollen. Das traurige daran ist, das die einzelnen Elemente für sich genommen tatsächlich funktionieren. Beim harten Rape Part fiebert man mit. Die Dramaelemente sitzen und können schonmal einen Kloß im Hals verursachen. Die zum Teil überzogene Gewaltdarstellung zaubert einem das eine oder andere Lächeln ins Gesicht. Im Gesamtkontext bricht es dem Film aber das Genick. Hätte man sich für eine Richtung entschieden, wäre ein wesentlich runderer Film rausgekommen.
Fakt ist auch, dass der Film im Low Budget Sektor daheim ist. Das entschuldigt zwar manch einen eher unglücklichen Effekt, aber eben nicht alles. Mit ein paar besseren Regieideen hätte man auch manche Sachen vermeiden können. Als Beispiel möchte ich eine Szene gegen Ende des Films aufgreifen. Der Anführer der Bösen ballert vor Wut einen alten Röhrenfernseher kaputt. CGI Mündungsfeuer, Einschusslöcher und Explosion der schlechtesten Art bekommt man da serviert. Hätte man den Fernseher einfach mit einem Gegenstand kaputt geschlagen, hätte es den selben Effekt gehabt und es würde besser aussehen. Solche Kleinigkeiten durchziehen den ganzen Film.
Positiv zu bewerten ist allerdings, dass der Film etliche Genre Größen zitiert und huldigt. So kann man neben "I spit on your grave" auch Elemente von "The Crow", "Texas Chainsaw Massacre" oder "The Evil Dead" finden. Dazu noch etwas Bodyhorror ala David Cronenberg. Diesbezogen kommen Horrorfans auf ihre Kosten.
Bei den optischen Spielereien bin ich auch etwas zwiegespalten. In Anbetracht des Low Budget Faktors sieht das alles schon ganz ordentlich aus. Allerdings hat mich der konstante Farbfilter ziemlich gestört. Ausgewaschene Farben, stellenweise mit krassen grün/blau Stich und der Weichzeichner hinterließen den Eindruck, als würde man eine überlange Rückblende schauen. Hin und wieder griff man auch auf Slow Motion zurück, was aber im Kontext der jeweiligen Szenen für mich meistens unpassend war.
Wie ordnet man das alles also ein? Wir haben es hier auf jeden Fall mit einem ambitionierten Projekt zu tun, welches versucht hat frischen Wind ins Horrorgenre zu bringen. Man stolperte aber über zu vielen Zutaten, die man mit einbringen wollte und vergaß dabei seine eigene Identität. Versteht mich nicht falsch, der Film ist eine ganze Ecke davon entfernt ein Rohrkrepierer zu sein. Er ist aber auch genauso weit davon entfernt ein Meisterwerk zu sein. Und das ist jammerschade, da wirklich Potenzial vorhanden ist. Und ich will den Film auch gerne haben, aber dafür hat einfach zu viel nicht recht gepasst. Und so bin ich am Ende bei gut gemeinten 5 Punkten.
In diesem Sinne,
bleibt filmbegeistert!
5/10