„John Wick: Chapter 2“ ist ein Film von Chad Stahelski.
Am Drehbuch schrieb Derek Kolstad.
Den Titelhelden spielt Keanu Reeves.
Nach seinem Feldzug gegen Viggo ist John zurück im Ruhestand, doch alte, offene Rechnungen und ein damit einhergehender, neuer Auftrag holen ihn in die Welt zurück, aus der er dachte, entkommen zu sein.
Das ist Problem 1 von John Wick: die Länge von 123 Minuten passt nicht auf eine solch schmale Story, wenn man auch den mittig gesetzten Twist schon meilenweit im Vorraus riecht.
90-100 Minuten wären erneut ausreichend gewesen.
John interagiert in diesem Film mit einem überzeugenden Ensemble.
Laurence Fishburne, ein Freund aus Matrix-Zeiten, gibt den Bowery-King.
Er spielt Wick bzw. Reeves sehr gnadenlos gegen die Wand.
Ja, Reeves überzeugt in seiner Rolle als kämpfender Auftragskiller.
Aber Fishburne befindet sich rein vom Schauspielerischen her schlichtweg auf einem anderen Niveau.
Er bringt eine gewisse, heiß glühende Tiefe mit.
Den Bösewicht gibt übrigens Riccardo Scamarico.
Sein Rollenname lautet Santino D´ Antonio.
Im Vergleich mit Viggo (Mikael Nyqvist) ist Santino aber ein flach geschriebener, bedeutungsloser, facettenarmer, simpelst gestrickter, zu keiner Zeit interessanter, überhaupt nicht unterhaltsamer Lackaffe.
Ich habe bei ihm immer auf den großen Moment gehofft, in dem er endlich eine Art gefährliche bzw so etwas wie charakteristische Gestalt annimmt.
Aber: Fehlanzeige.
Da ist Rapper Commons Cassian schon eine ganz andere Hausnummer.
Von der gleichen Lässigkeit wie John Wick selbst, dominiert er die Stage des Gegenspielers, zusammen mit Ruby Roses Ares, die D´ Antonio auch ohne eine Zeile an gesprochenem Wort vom Treppchen stößt.
Apropos Dominanz.
John Wick dominiert nicht mehr.
Man hat herausgefunden, wie man die Nahkämpfe der Fortsetzung spannend gestalten kann.
Eine weitere, haltlose One-Man-Army-Show wäre in heutigen Zeiten wahrscheinlich nach hinten losgegangen.
Also müssen es jetzt nicht mehr nur tänzerisch anmutende Kill-Choreographien richten, sondern echte Kampfeinlagen.
Da die Darsteller, allen voran Reeves und seine bemitleidenswerten Kollegen auf sterbender Seite, größtenteils wieder selber Hand an diese anlegen, entsteht erneut ein fantastisches, glattes Bild, wenn es um Actionsequenzen geht.
Keine Jumpcuts.
Keine Zooms.
Kein Schütteln.
Nur die Symphonie nicht jugendfreier, auf ein paar sehenswerte Spitzen geeichter Gewalt gegen Menschen, die sich jetzt auch mal wehren können und so diesbezüglichen Situationen noch ein ganzes Stück mehr Hitze verleihen.
Spätestens, wenn zwei atemberaubende Konfrontationen ohne jegliche Reibung gegeneinandergeschnitten werden, beginnt man, sie zu verfluchen.
Die Schusswaffen in John Wick 2.
Denn John greift in diesem Film mehr zum Ballermann, als es für das Verhältnis zur Filmlänge im Anbetracht der flachen Geschichte gut ist.
Das mitunter auch noch bei Finsternis.
So sieht man im Angesicht vermeintlich fetziger Kopfschüsse durch Salven blutdurstiger Schrotflinten nicht einmal das oftmals kunstvolle Ergebnis.
Zum Deckungsshooter verkommt man nie.
Aber zum drögen „Ein Schlag-Zwei Schlag-Kopfschuss“-Prinzip, das vielleicht im Stripclub des Erstlings überraschend gut funktioniert hat, allerdings nicht zwei bis drei große Szenen durchgehend tragen kann.
Klar, in anderen Filmen des Genres wird mehr zur Waffe gegriffen, als die Dinge selber in die Hand zu nehmen, doch bei diesem Franchise liegen meine Erwartungen woanders.
Ich will Nahkämpfe, Gun-Fu und keine expandierten Schussgefechte.
In kurz, ohne viel spoilern zu wollen: mehr „Bleistiftsache“.
Die Beziehungen der Charaktere zueinander sind weiterhin interessant sowie originell.
Das Böse hat auch in JW2 weiterhin Respekt vor dem Guten.
Was der Erstling in Sachen Worldbuilding angedeutet ha, vertieft Kolstad deutlich.
Ein gebasteltes Uhrwerk fängt an, zu laufen.
Damit ist am Ende klar, dass ein Sequel auf sich warten lässt.
Dieses Pulver verschießt man nicht in einem Film.
Die Musik von „John Wick 2“ hat man erneut ansprechend gewählt.
Doch der Moment des „Holy shit“ fehlt.
Dabei habe ich mich sehr darauf gefreut, das euphroische Gefühl des Iosef-Assaults einmal mehr in mir zu finden.
Der letzte Akt ist inszenatorisch wunderschön gestaltet.
Ein Spiegellabyrinth, bei dem Zuschauer gerne miträtseln dürfen, kitzelt den letzten Dollar des Budgets für die wuchtige Wertigkeit des Gesamtwerkes heraus.
Insgesamt gelingen Stahelski durch Lichteinflüsse sehr viele, nette Spielereien, bei deren Erscheinung man sich stets im Zuge eines breiten Grinsens erwischt.
Sein Style heißt Neon.
Am Ende des Tages kracht Wick 2 bei mir einfach nicht so, wie sein Vorgänger.
Es fehlen die Viggo-Essenz, das Action-Moment, der musikalische Brecher.
Im Vergleich zum Nachfolger geht er zwischen seinen Nachfolgern förmlich unter.
7/10 wird die niedrigste Bewertung im Rahmen der (bisherigen) Trilogie sein.
7/10