Ich weiß nicht, ob es Ihnen genauso ergeht, wenn ich an einen Kinderfilm oder an einen Film mit einem frechen, gewieften Knaben und die 90er Jahre denke, fällt mir unweigerlich Kevin - Allein zu Haus (1990) ein. Kein Wunder, die sehenswerte Komödie von Chris Columbus lockte damals alleine in Deutschland über 5 Millionen Menschen in die bundesweiten Kinos und machte Macaulay Culkin über nacht zum gefragten Hollywood Star. Nicht ganz so bekannt ist da der nicht minder Lustige So ein Satansbraten (1990), mit deutlich derberen Witzen und einem richtig ungezogenen Rotzlöffel: Der siebenjährige Junior Healey (Michael Oliver), welcher seine Umwelt in Angst und Schrecken versetzt. Problem Child, so der Originaltitel, kann die Qualität von Kevin - allein zu Haus nicht ganz erreichen, startet aber einen fetzigen Angriff auf die Lachmuskeln und bietet herzerfrischende Unterhaltung für die ganze Familie. Das wirtschaftliche Abschneiden ist auch nicht von schlechten Eltern: Bei einem Budget von knapp 10 Millionen Dollar konnten weltweit knapp 73 Millionen Dollar umgesetzt werden.
Dreimal dürfen Sie raten, wer für die Rolle des unzähmbaren Satansbratens ebenfalls vorsprechen durfte: Richtig, der damals noch völlig unbekannte Macaulay Culkin! Doch die Casting Verantwortliche Sherry Sims entschied sich für Michael Oliver, da dieser sie mit seinem frechen, aber trotzdem unscheinbaren Aussehen von sich überzeugen konnte. Als Regisseur feierte Dennis Dugan sein Debut, der laut eigenen Aussagen bei seinem Vorstellungsgespräch eine irrwitzige Show auf einem Couchtisch ablieferte, was die Chefetage von Universal als Hinweis auf eine besonders ausgeprägte komödiantische Ader sahen. Die Story von Scott Alexander und Larry Karaszewski wurde durch den Los Angeles Times Artikel "Ein adoptierter Junge - und Terror beginnt" aus dem Jahr 1988 inspiriert. Ben und Flo Healy (John Ritter; Amy Yasbeck) können aus biologischen Gründen keine eigenen Kinder bekommen und etschließen sich zur Adoption. Aus dem Waisenhaus wird ihnen der herzallerliebst anmutende 7 jährige Junior (Michael Oliver) vermittelt und das Familienglück scheint perfekt zu sein. Doch bald merken Sie, dass der Knabe alles andere als unschuldig ist: Ein durchtriebener Bengel der nur Unsinn im Kopf hat und seine Umwelt terrorisiert. Als sie ihn zurückgeben wollen, erfahren sie vom Heimleiter Mr. Peabody (Gilbert Gottfried), dass Junior schon dutzende Male "umgetauscht" wurde, worauf Ben eine wegweisende Idee hat...
Wenn ich die prozentuale Quote an gelungenen Gags und Sehenswürdigkeiten beziffern müsste, käme ich auf ein geschätztes Verhältnis von 80/20, was für eine Komödie, die zum größten Teil auf Unfug und Schabernack ausgelegt ist, kein schlechter Wert ist und richtig misslungene Witze kennt so ein Satansbraten so gut wie gar nicht. Es ist schon faszinierend, was der kleine Quälgeist so alles an Gemeinheiten im Repertoir hat: Da wird auf dem Baseballplatz mit dem Schläger für Ordnung gesorgt, da wird ein befischtes Aquarium mit einem Staubsauger trocken gelegt, da werden anzügige Fotos von Nonnen geschossen, da lernen Katzen fliegen, da wird ein Bär beim Camping als Schreckgespenst mißbraucht, oder ein Kindergeburtstag wird im wahrsten Sinne des Wortes gesprengt - egal was sich Junior so alles einfallen lässt, es bleibt garantiert kein Auge trocken. Das Niveau der Jokes deckt alle verfügbaren Bandbreiten ab von angenehm ansprechend bis hin zu derb unter der Gürtellinie, bei so ein Satansbraten ist für jeden Humor, beziehungsweise für jeden Geschmack etwas dabei, was auch für die abwechslungsreiche und stimmige Musikbegleitung gilt (Steppenwolf - Born to be wild; Iggy Pop - Real wild child).
Was ich persönlich an dererlei Komödien gut finde ist, wenn bei all dem Geblödel auch ein ernster Hintergrund sprich eine Message dabei ist und bei Problem Child wird immer wieder angedeutet, nach was sich der kleine Junior wirklich sehnt: Nach jemandem, der ihn so liebt, wie er ist, denn das kannte er in seinem jungen Leben noch nicht, er wurde immer nur abgelehnt. So gerät der Bub in eine Zwickmühle: Die Ausgrenzung anderer führt zu noch aggressiverem Verhalten, was ihn wiederum noch unbeliebter bei seinen Mitmenschen macht. Es kommt nicht von ungefähr, dass Junior sich beim Fernsehen als Vorbild den verurteilten Killer Martin Beck (Michael Richards) aussucht und ihm Briefe in den Knast schickt, denn laut TV Interview war der "Mörder mit der Fliege" auch immer alleine und hatte niemanden der ihn versteht. Den nachdenklichen Teil von so ein Satansbraten hätte ich gerne noch ein bisschen konkreter gehabt, die Anspielungen sind zwar über den ganzen Film verteilt, auf eine weitere Vertiefung der Materie wurde aber leider verzichtet, dass vorhandene Potenzial wird nicht ganz ausgespielt.
Im Gegensatz zu Macaulay Culkin ist Michael Oliver eine Eintagsfliege geblieben und ist eigentlich nur noch für die Fortsetzung Ein Satansbraten kommt selten allein (1991) gebucht worden. Schade, er hätte durchaus das Zeugs gehabt für weitere Filme, denn in Problem Child erfüllt er die Anforderungen an seine Rolle zur vollsten Zufriedenheit. Die aufmüpfigen, ungezogenen Seiten verkörpert er genauso evident wie das er sein liebenswertes Engelsgesicht aufsetzt. Als kümmernder Familienvater mit Prinzipien überzeugt der am 11.09.2003 viel zu früh von uns gegangene John Ritter, der egal was Junior auch anstellt, immer versucht, für ihn Verständnis aufzubringen. Seine gütige Ausstrahlung hilft ihm hier ungemein, um authentisch zu wirken. Komplett anders sieht Jack Warden als windiger Geschäftsmann und knausriger Großvater das neue Familienmitglied, er merkt sofort, dass mit Junior etwas nicht stimmt und kann mit seiner knurrigen, trockenen Art positive Akzente setzen. Die weiteren Akteure liefern solide Leistungen ab und können auf ihre Weise zum unbestreitbaren Unterhaltungswert von So ein Satansbraten bei tragen.
Neben ein Satansbraten kommt selten allein (1991) wurde noch ein dritter Teil 1995 mit dem Namen ein Satansbraten ist verliebt veröffentlicht, der aber mit komplett anderen Schauspielern aufgezogen wurde und mit den ersten beiden, meiner Meinung nach gelungenen Teilen nur noch den Titel gemeinsam hat. Das Original Problem Child 1 liefert jedenfalls eine pfiffige Idee mit einem ernsten Hintergrund, einem fetzigen Soundtrack, irrwitzigen Gags und prima agierenden Darstellern. Selbstverständlich sitzt nicht jede Pointe und auch ein bisschen mehr Tiefe bei der angeschnittenen Thematik der fehlenden Wertschätzung eines Kindes, welches eigentlich nur geliebt werden will, hätte sicherlich nicht geschadet. Unterm Strich bleibt eine sehenswerte Komödie für jung und alt und eine Empfehlung für jeden, der für locker flockige Familienbespaßung etwas übrig hat. "Ich bin über tausend Meilen gefahren, um mit einem 7 jährigen abzuhängen?" MovieStar Wertung 8 von 10 Punkte.
8/10