Blues-Folklore in Form eines Roadmovie
Robert Johnson (1911-1938) gilt als einer der einflussreichsten Bluesmusiker aller Zeiten. Um die genaue Todesursache ranken sich einige Legenden. Sein Mythos beruht aber vor allem auf dem Gerücht, er habe seine Seele dem Teufel verkauft, damit der Blues eins mit ihm wird.
CROSSROADS:
Musikstudent Eugene Martone ist hinter dem einen Stück von Robert Johnson her, von dessen Werk angeblich nur 29 von 30 Songs produziert wurden. Schließlich findet er heraus, das ein noch lebender Bekannter Johnsons im örtlichen Altersheim sein Gnadenbrot bekommt. Kaum hat er jenen Willie Brown, der verspricht den Song Preis zu geben, aufgespürt, türmt er mit dem alten Mann auf dessen Bedingung hin, um sich auf eine lange Reise zu den Wurzeln des Blues zu machen...
INFOS:
Etwas ungewöhnlich erscheint beim Blick auf die Credits der Name des Regisseurs: Walter Hill. Ansonsten eher bekannt für ruppiges Actionkino ("Driver", "Nur 48 Stunden", "Red Heat", "Last Man Standing"), inszenierte er mit "Crossroads" ein waschechtes Roadmovie. Aus der Besetzung ragt vor allem Joe Seneca deutlich hervor. Seine Darstellung des schlitzohrigen "Blind Dog Fulton" Willie Brown bietet einigen Witz und trägt den Film in besonderem Maße. Seneca war übrigens der ältere Herr, mit dem sich Michael Jackson im Clip zu "The Way You Make Me Feel" unterhielt. Kein geringerer als "Karate Kid" Ralph Macchio tauschte 1986 seinen Kampfdress gegen den Sechssaiter, und macht seine Sache gar nicht mal schlecht. Eigentlich bin ich alles andere als ein Fan seines Schaffens, da er gerade im dritten Teil der Handkanten-Reihe so dermaßen grottig war, das selbst Steven Seagal als Charakterdarsteller durchgehen könnte. In Hills Roadmovie liefert er jedoch eine passable Vorstellung ab, die in der deutschen Synchro lediglich durch einen mehr als unpassenden Sprecher verdorben wird.
"Na also, der berühmte Long-Island-Bluesman kommt mich mal wieder besuchen"
Bei den Nebenrollen gibt es ein Wiedersehen mit Joe Morton ("T2", "Speed"), wogegen man Jami Gertz vielleicht noch als Verlobte von (Sturmforscher) Bill Paxton aus "Twister" in Erinnerung hat. Für mich, als Musik- und Gitarrenliebhaber ist der Gastauftritt von Steve Vai natürlich ein besonderer Leckerbissen. Als selbstverliebter Saitenhexer Jack Butler ist er am Ende "Lightning Boy" Martones Widersacher. Erwähnenswert ist, das Vai bei jenem Gitarrenduell (Cutting Heads) beide Parts einspielte, während sich der ebenfalls bekannte Ry Cooder um alle weiteren Szenen von Macchio kümmerte. Diesem gelang es wiederum erstaunlich gut die Illusion zu wahren.
FAZIT:
Walter Hills "Crossroads" ist vor allem ein empfehlenswerter Film für Bluesfans. Die Story ist gut erzählt und besonders die musikalische Untermalung kann als Gewinn bezeichnet werden. Vor allem das berühmte Gitarrenduell kann am Ende die Kastanien aus dem Feuer holen. Dort nimmt einen das merkwürdige Voodoo-Feeling gefangen, welches durch Teufel Legba und sein Gefolge transportiert wird, ehe Macchio schließlich anfängt zu tricksen... Defizite gibt es dennoch, z.B. in Form der fehlenden Chemie zwischen Seneca und Macchio: Irgendwie harmoniert dieses Filmpaar nicht besonders. Der alte Hase überstrahlt Macchio mit seiner Präsenz so dermaßen, das dessen Bemühungen mitunter recht hilflos wirken, wobei man anmerken muß, das dieser den Part des Grünschnabels verkörpert. Dennoch scheint sein Spiel erst aufzutauen, wenn mit Gertz "die Liebelei" ins Spiel kommt.
Unterm Strich schafft es CROSSROADS bei mir auf 7 Punkte. Er ist aufgrund der Thematik zwar nicht für Jederman geeignet, weiß andererseits jedoch als überdurchschnittlicher Musikfilm mit Roadmovie-Anstrich zu gefallen. Langeweile kommt trotz der einfachen Story zu keinem Zeitpunkt auf, während Seneca auf amüsante Weise der Spagat zwischen Harte Schale, weicher Kern gelingt. Die zum Teil bedrohlich wirkenden Albträume und Rückblenden seines Charakters Willie Brown punkten ebenso wie der passend eingestreute Südstaaten-Flair und der Fingerzeig auf Rassismus. Gerade hier verschweigt die deutsche Übersetzung übrigens eine Bemerkung des Musiklehrers, der den schwarzen Blues im Original als >primitive Musik< bezeichnet. Im deutschen entfällt dieser Unterton und es wird lediglich von angeborener Musik gesprochen...
7/10