Das Hollywood auch ein dunkler Ort sein kann, der viele Träume zerbrechen lässt und Menschen, die die Hoffnung auf Ruhm haben, benutzt und dann wegwirft, dürfte den meisten klar sein. Auch die Tatsache, dass viele Produzenten ihre Macht ausnutzen und angehende Schauspieler*innen unter dem Versprechen von Filmrollen sexuell ausbeuten, ist nicht erst seit der Affäre um Harvey Weinstein bekannt.
STARRY EYES transportiert diese Realität in einen Horrorfilm und macht das ausgesprochen gut. Dabei fängte der Film sehr gemächlich an. Man sieht Sarah, eine angehende Schauspielerin, die in einem an die US-Restaurantkette Hooters angelehnten Restaurant in knapper Bekleidung den Gästen Junkfood serviert. Die Arbeit stinkt ihr, ist aber notwendig, da sie noch kein Einkommen aus der Schauspielerei hat. Sie geht zu Castings, feiert mit ihren Freunden und wird trotz der Unterstützung des angehenden Regisseurs Danny immer unzufriedener, vor allem, als ihr ihre Mitbewohnerin die Rolle in einem Werbespot wegschnappt. Doch bei einem Vorsprechen für einen Horrorfilm beginnt sich alles zu ändern.
Etwa die erste Stunde von STARRY EYES vergeht mit der Schilderung von Sarahs Leben. Dabei ist die Darstellung durch die bis dato eher unbekannte Alexandra Essoe sehr lebensnah und man nimmt ihr die Rolle ab. Nicht umsonst hat sie in den letzten Jahren Rollen in einigen Filmen ergattern können, so z.B. MIDNIGHTERS, der vor kurzem bei uns auf DVD und BluRay erschienen ist, THE SUPER mit Val Kilmer, DOCTOR SLEEP oder zuletzt in den Netflix-Produktionen SPUK IN BLY MANOR und FACELESS.
Noah Segan, der die männliche Hauptrolle spielt, wardagegen bereits vor dieser Rolle in Filmen wie LOOPER oder CHAIN LETTER zu sehen. Auch er haucht seiner Figur gekonnt Leben ein, so dass man beginnt, ihn zu mögen und dementsprechend gespannt sein Schicksal verfolgt. Bei den anderen Schauspielern schwankt die Qualität teilsweise, starke Negativausschläge gibt es aber nicht.
Während dieses betont langsamen Storyaufbaus werden die Ereignisse zwar etwas merkwürdig, fußen jedoch komplett in der Realität. Den Regisseuren Kevin Kölsch und Dennis Widmayr, die mit STARRY EYES ihren Debütfilm ablieferten, gelingte das Kunststück, den Horror äußerst leise und suggestiv in die Geschichte einfließen zu lassen. Hier eine merkwürde Reaktion der Hauptdarstellerin, dort eine kuriose Forderung beim Casting, aber lange Zeit geschieht nichts, das nicht rational zu erklären wäre. Widmayr und Kölsch, die zuletzt das kontrovers aufgenommene Remake von FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE gedreht haben, sowie Kameramann Adam Bricker, der mit den Regisseuren später noch in ihrem Segment des Episodenfilms HOLIDAYS zusammenarbeitete, unterstreichen die unheimlichen Momente mit eindringlichen Bildern, z.B. Stroboskop-Efekten bei einem Casting, die den Zuschauer genauso desorientieren, wie die handelnde Person. Dabei sieht man dem Film seine Independent-Herkunft oft an, was in diesem Fall aber vor allem den Realismus unterstreicht, der in dieser Phase vorherrscht. Mir persönlich gefällt diese Langsamkeit, sie ist aber auch der Grund, warum viele den Film langweilig finden werden.
Dann jedoch dreht der Film, und zwar sowohl vom Tempo her als auch von der Thematik. Plötzlich herrscht Okkulthorror vor und der Zuschauer bekommt einige ausgesucht ekelerregende Splatter- und Make.Up-Effekte zu sehen, die zum einen handwerklich sehr gut gemacht sind, zum anderen aufgrund des langen und ruhigen Aufbaus umso mehr schockieren.
Insgesamt ist den beiden Regiedebütanten hier ein grandioser Erstling gelungen, der eine gute Story, interessante Charaktere und harten Body-Horror in einem Okkult-Schocker vereint, der sich den einen oder anderen, mehr als deutlichen Seitenhieb auf das System Hollywood nicht verkneifen will und zudem noch mit einem tollen Soundtrack glänzt, der die düstere Story kongenial untermalt.
Seit ich STARRY EYES auf dem Fantasy Filmfest zum ersten Mal gesehen habe, hat dieser einen festen Platz in der Liste meiner liebsten Filme und die BluRay einen Ehrenplatz in meinem Regal.
Folgerichtig
10/10