"The Evil Within" ist ein Survival-Horror-Spiel aus dem Jahr 2014, das bislang eine Fortsetzung nach sich gezogen hat. Dem Review liegt ein Komplettdurchlauf auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad "Überleben" unter Nutzung der XBox-One-Fassung zu Grunde. Dieser beginnt mit dem Streifeneinsatz des alter ego namens "Sebastian", der ihn an einen von Leichen übersähten Tatort führt. In der Nervenklinik ist etwas faul: Doch noch ehe man sich Gedanken darüber machen kann, was das denn sein könnte, steht die Kamera regelrecht Kopf. Im Stile von "Blutgericht in Texas" im Vorratsraum eines Schlachthauses aufgehängt, bedarf es hektischer Freistrampelversuche. Der Bildschirmtod bei der Begegnung mit dem Metzger ist so gut wie gewiss.
Es handelt sich um die erste von vielen trial-and-error-Passagen, die mit einem tiefen Aufheulen verdeutlichen, dass der gewählte Schritt offenbar ins Elend geführt hat. Recht faire Rücksetzstellen halten den Frust in Grenzen, selbst wenn manchmal dieselbe Zwischensequenz aufgrund des Exitus mehrmals betrachtet werden muss. Allerdings geht das allzu häufig willkürlich wirkende Ableben des Protagonisten oftmals zu Lasten der Spannung. Diese tut sich ohnehin schwer. Die Zwischensequenzen wurden zwar atmosphärisch gestaltet, bleiben aber passiv. Tiefer unter die Haut geht das Gegnerdesign: Zombies mit einem Holzspaten im Schädel sind ein hässlicher Anblick, geschundene Opfer, die als menschliche Laborratten missbraucht wurden, erst recht (Horror 7/10). Eine gewisse Auflockerung mit sedierender Musik entsteht bei der Wiederkehr in den Zellentrakt der Irrenanstalt, wo keine Angriffe drohen und der Erfolg gespeichert werden kann.
"Dieser Ort ist substantiell für Sie."
In den Levels versteckte Schlüssel passen in die hier auffindbaren Schließfächer, in denen sich sehr nützliche Gegenstände befinden. Nicht zuletzt kann in einer Art Folterstuhl grünes Gel in Fertigkeitspunkte umgemünzt werden. Das erinnert an die Selbstoptimierung in "Bioshock", dessen Erzählstil, Tonbandgeräte aufzustellen, ebenfalls zu finden ist. Überhaupt wirkt "The Evil Within" bisweilen regelrecht zusammengeklaut. Das Versteck im Schrank kennt man aus "Alien: Isolation", die Steuerung in den Gefechten einschließlich der Obermotzduelle und der Hundewesen aus dem Franchise "Resident Evil", so manches Umgebungs- oder Kreaturendesign aus "Silent Hill" - und der Storyansatz? Der ist "Assassin's Creed" entliehen, das sich selbst zuvor bei "Matrix" bedient hatte.
Zimperlich geht es allerdings nicht zur Sache. Wenn die Köpfe getroffener Humanoider zerbersten, braucht die Enthauptung manchmal mehrere Salven, bis wirklich nur noch der Halsstumpf zu sehen ist. Mithilfe von Streichhölzern können am Boden liegende Wesen verbrannt werden. Bekommen sie den Polizisten zu fassen, gehen sie ihrerseits reichlich brutal vor (Gewalt 7/10). Humor (2/10) ist dagegen kaum vorhanden; Ausnahmen wie die Referenzen an "The Grudge" auf Postern in einem U-Bahn-Schacht bestätigen diese Regel. Auf sexuelle Inhalte wurde gleich ganz verzichtet (1/10). Auflockerungen erhält das metzel-lastige Gameplay durch kleinere Rätsel und Geheimnisse, die manchmal Freude am Knobeln bereiten, manchmal aber auch irritieren. So ergeben einige der gescripteten Events einfach keinen Sinn: Eine Kurbel kann zum Beispiel erst aufgenommen werden, wenn sie benötigt wird.
Die Munition ist dermaßen knapp verteilt, dass beim Test ein ganzes Kapitel neu gestartet werden musste, weil mit dem verbleibenden Vorrat ein entscheidendes Gefecht nicht mehr geführt werden konnte. Armbrustbolzen zum Selberbasteln können ein letzter Ausweg sein, wenn die Projektile für Revolver und Gewehr rar werden. Zwischendurch erklingen ordentliche geschriebene und hörbar synchronisierte Dialoge, schwankt die Auflösung zwischen protzigem Hochglanz und trashiger Pixel-Optik. Eher störend gerieten die gelegentlich unbesiegbaren Bosse, wobei zugestanden sei, dass durch eine Verfolgungsjagd mit einem Riesen-Monster im Genick willkommene Abwechslung geboten wird. Dennoch entstehen bis zum seltsam abgehackt inszenierten Finale geringfügige, aber schon noch erwähnenswerte Längen.
Eine kleine Spieleperle (7/10 Punkten) ist "The Evil Within" allemal, unter anderem als Beitrag zur Vielfalt im Pad-kompatiblen Schocker-Genre. Für mehr fehlt der Mut zu echter Eigenständigkeit - und das "gewisse Etwas". Die Begeisterung seiner Vorbilder erreicht dieser Trittbrettfahrer nur selten. Umfangreiche Unterhaltung sowie eine angemessene Härte nebst einem erkennbaren Bestreben, das Interesse des Zockers aufrechtzuerhalten, sind dennoch anzuerkennen.
7/10