Keine Zeit zu sterben...oder doch?
Der Begriff >Zäsur< kommt mir unweigerlich in den Sinn, wenn ich an diesen 25. Film des Franchise um den britischen Agenten James Bond denke. Gleichzeitig ist es der fünfte und letzte Auftritt Daniel Craigs, der über alle Filme hinweg eine sehr spezielle Art hatte: Eine Mischung aus Bulldogge und Rausschmeißer ohne besonders viel Charme und noch weniger Humor. Müsste ich all seine Missionen nach der SB-Skala bewerten, so käme er bei mir wahrscheinlich auf 4 von 10 Punkten. Klingt nach wenig, doch gemessen an seinen immerhin fünf Auftritten überzeugten mich lediglich "Casino Royale" und "Skyfall" nachhaltig. Soll heißen: Diese beiden Werke sollte meiner Meinung nach jeder Bond-Fan gesehen haben.
Die ursprüngliche Idee, nach den immer ausufernderen "Gadget"-Bonds mit Brosnan frischen Wind zu versprühen war ja grundsätzlich eine Gute. Allerdings haben sich die Macher selbst ausgetrickst, denn auf lange Sicht vergaßen sie bei ihren Plänen völlig, daß Bond-Filme auch eine Handlung haben müssen, die weder kompliziert noch anstrengend ist. Vor allem aber war es in meinen Augen ein mehr als großer Fehler, die Vesper-Lynd-Story über sämtliche Craig-Filme aufzublasen und grandiose Bösewichte (u.a. Le Chiffre) rückwirkend zu Marionetten eines völlig blassen Blofelds zu machen (sorry Christoph!)
Nach "Skyfall" dachte ich: Ja, Bond ist im 21. Jahrhundert angekommen und sich dennoch treu geblieben. Tja, obwohl ich nie ein großer Fan von Craigs Darstellung war, so war das drumherum grundsätzlich erfrischend neu verpackt worden: Ein junger Tüftler namens Q, der männliche M-Nachfolger, neue und liebgewonnene Autos im Fuhrpark. Daneben gesellten sich wieder Einsatzorte mit Flair und Exotik. Wackelkameras wie die aus der Obergurke "Ein Quantum Trost" wurden weitestgehend eingemottet und schon allein der Titelsong von Adele war ein Qualitätssiegel erster Güte.
Wäre es bei diesen drei Filmen geblieben, so hätte Craigs Bond am Ende mehr Steine im Brett, doch leider kamen dann noch zwei Werke welche die guten Ansätze zunichte machten. "Spectre" war abermals unterhaltsam, doch der Twist mit der Einführung Blofelds war genauso ärgerlich wie die "große Liebe", welche Bond über den Weg lief und auch den Nachfolger mitbestimmen sollte...
NO TIME TO DIE:
Musik: gut (bis auf den Titelsong!)
Szenerie: gut
Kamera: befriedigend bis gut
Darsteller: befriedigend bis gut (vom schauspielerischen her)
Charakterzeichnung: ungenügend
Story: ungenügend
Man sieht´s: gerade die letzten Punkte sind (für mich) ein wesentlicher Faktor bei einem Film und hier kackt der Jubiläumsbond gnadenlos ab: 007 ist nicht mehr die Figur, die man über all die Jahre liebgewonnen hat sondern nur noch ein austauschbarer 08/15 Agent, dessen Gefühlsduselei inzwischen alles in Frage stellt, was dieses Franchise so groß werden ließ. Angefangen bei der nervigen Querverbindung zu "Casino Royale" ("Oh liebste Vesper") über die hanebüchene DNA-Story, Felix Leiters plötzliches Ableben bis hin zum völlig verkorksten Finale...
Die Höchststrafe ist jedoch, das mich am Ende fast alle Figuren (einschließlich Bond) kalt ließen und mich lediglich das Ableben von Leiter verstört hat. Egal ob 007, Madeleine Swann oder ihre Tochter...alles in allem ein merkwürdiges und überlanges Rührstück vom Familienbond, welcher Morgens brav das Frühstück zubereitet, ehe er einige Zeit später vor dem blassen Rami Malek auf die Knie sinkt und um "Gnade" fleht. Waltz hat sich mit seiner Beteiligung ebenfalls keinen Gefallen getan, denn auch wenn ich ihn für einen tollen Mimen halte, so scheinen seine Figuren stets die gleichen Macken wie Hans Landa oder Dr. King Schultz inne zu haben. Ein positiver Lichtblick war allenfalls Ana de Armas: Als Agentin Paloma brachte sie einen Hauch Charme und Atmosphäre mit, der einen an bessere Tage der Reihe denken ließ...
F A Z I T:
Es mag sein, daß ich aufgrund meiner Liebe zu dieser Reihe immer gewisse Probleme mit Craigs-Bonddarstellung hatte, doch das dieser durchaus überzeugen konnte, bewiesen "Casino Royale" und "Skyfall". Nein, es sind viel mehr die Macher, welche (in bester "Star Wars"-Tradition) vieles zerstören, was den Zauber einer Filmreihe ausmacht(e). Wir leben im Jahr 2021 und auch wenn sich die Welt seit Connery und Moore weitergedreht hat, so haben gerade jene Darsteller diese Marke geprägt. Denkt man heute an diese Filme, so sieht man daß, was Bond ausmacht: Ob nun beim skrupellosen Sexappeal eines Connery oder der humorigen Ironie von Moore. Dalton wie auch Brosnan haben danach ebenfalls gut gespielt und der Filmfigur nichts von ihrer Aura nehmen können.
Mit Craig kam dann der große Umbruch: Moderner, realistischer und...weniger Charme. Hier offenbart sich aber ein ziemlich gedankenloser Wechsel von einem der Grundrezepte einer Figur wie Bond. Wenn ich ehrlich bin, dann schaue ich mir inzwischen lieber einen neuen Teil der "Mission: Impossible"-Reihe an, denn diese hat sich über die überschaubare Zeit von 25 Jahren zum besseren Franchise entwickelt. Natürlich sind diese Filme auch fern vom Realismus angesiedelt, doch unterhalten sie mit ihrer ungestümen Art allemal besser als die inzwischen mehr als kruden Bond-Premieren. Bei 007 hat man leider immer mehr den Eindruck das der Drops gelutscht ist und den Machern die Storys Schnuppe sind. Craig steht für diese traurige Entwicklung: Nicht nur, das er anscheinend ein gewisses Mitspracherecht genießt (Produktion), Nein, es erscheint fast so, als mutiere Bond immer mehr zu Craig und alles was in den Filmen mit seiner Beteiligung passiert wird ständig weitergesponnen, ohne das es völlig neue Rahmenhandlungen geben dürfe.
Bei einem Ranking der Craig-Ära würde dessen letzter Auftritt bei mir den vorletzten Platz einnehmen, denn auch wenn viele der Actionszenen launig umgesetzt wurden, so krankt dieser Film an einer völlig verkorksten Handlung und Charakteren, die (mich) nicht berühren konnten. Ich gebe ihm trotz des ärgerlichen Endes (...) 4 von 10 Punkten...und bete, das es vielleicht der Beginn zu etwas Neuem aber Vertrauten (!) ist. Ansonsten möchte ich die Produzenten darum bitten, dieses Franchise für immer ruhen zu lassen!
4/10