Wenn's mal etwas gibt das auf dem herkömmlichen Wege nicht erledigt werden kann, kommt Sie ins Spiel. Ohne große Worte zu verlieren schafft sie dann die Probleme aus der Welt. Für immer. Denn sie ist die beste Killerin die die sogenannte Firma zu bieten hat. Kollateralschäden selbstverständlich inbegriffen. Doch der aktuelle Auftrag verläuft nicht ganz wie geplant und sie tötet das erste Mal in ihrem Leben die falsche Person. Nur dumm daß sie sich jetzt auch noch um die Tochter des Opfers kümmern muss… Ach Mist…auch ein wütender Vater heftet sich nun an ihre Fersen. Was für ein Scheißtag !
GUNPOWDER MILKSHAKE
Bruce Willis war es in -Der Schakal-, Anne Parillaud und Bridget Fonda in -Nikita- bzw. -Codename: Nina-. Oder Jean Reno in -Leon - Der Profi-. Der Auftragskiller treibt nicht erst seit gestern sein Unwesen im Bereich des Actionfilms. Und im Laufe der Zeit durfte sich dieser weiterentwickeln und wenn man so will modernisieren. Heutzutage ist der Profikiller nicht mehr nur der waffenaffine Typ der aus der Ferne den Abzug seines Scharfschützengewehrs betätigt sondern darf nun auch Hände, Beine und Füße sprechen lassen…und was er sonst noch findet. Wie uns jüngst ein gewisser John Wick zeigte. Mit vorliegendem Film von Regisseur Navot Papushado (Big Bad Wolfes, Rabies, ABC's of Death) knallt dir nun der nächste moderne Vertreter des Killers einen vor den Latz ! Doch dieser "Terminator" ist weiblich (oooooooh jeeee) und hört auf den Namen…
…Sam (also ich find sie ja richtig niedlich; Karen Gillan; Jumanji, Avengers, Guardians of the Galaxy 1+2, Oculus). Wortkarg, nie lächelnd und jedem Gefühl entrückt erledigt sie Auftrag für Auftrag bzw. Personen um eine Prämie einzusacken. Gezögert oder nachgefragt wird nicht. Zudem schlägt sie sich seit dem teenageralter alleine durch nachdem ihre Mutter Scarlet (ruppig freundlich Lena Headey; Der dunkle Kristall, 300: Rise…, Chroniken der Unterwelt, Dredd) sie von einem Moment zum anderen verlassen hat. Ab diesem Tag hat sich…
…Nathan (Paul Giamatti; u.a. San Andreas, Ironclad), Chef der sogenannten "Firma", für die auch Scarlet arbeitete, um Sam gekümmert und ihr alles beigebracht. Er ist es auch der ihr Aufträge zuteilt und mit der Durchführung jener stets vollends zufrieden war. Eigentlich sollte es mit dem neuen Job auch problemlos laufen, doch Sam ist diesmal am Abzug nicht nur zu schnell, sondern muss sich auch noch um ein kleines Mädchen…
…namens Emily (Chloe Coleman) kümmern die in einem ziemlichen Schlamassel steckt. Wie gesagt…ein echter Scheißtag !
"Nathan sagt wir sollen dir nicht wehtun. Jedenfalls nicht zu sehr."
"Das ist echt süß. Und ich versuche euch nicht zu töten."
Liebe Freunde des durchgeknallten Films. Keine Panik wenn die ersten Minuten des Streifens durchflimmern. Ihr Fernseher ist nicht kaputt. Und auch mit ihren Augen ist alles in Ordnung…denk ich zumindest. Denn wie entflohen aus einem Comic schmettern dir die grellsten Farben das launig gestaltete Intro um die Sehwerkzeuge. Von Regenbögen in Beschlag genommene, Drive-In Schilder (kennt man aus den USA) preisen die Namen der Darsteller und Mitwirkenden an. Schwungvolle Musik begleitet den farbigen Reigen und macht schon irgendwie Freude. Und Drive-In ist das Stichwort. Denn eine dieser Örtlichkeiten fungiert als Dreh- und Angelpunkt von Aufträgen und den Ausführenden. Wenn's was zu besprechen gibt trifft man sich hier, nachdem die nette Kellnerin von den "Kunden" sämtliche martialischen Werkzeuge abgenommen hat. Safety First wie der Lateiner sagt. Nicht daß jemand die Nerven verliert. Im Zuge der Präsentation des Lokals reisen wir kurzzeitig einige Jahre zurück um Sam als Teenie (Freya Allan) zu erleben. Rotzig, unzufrieden, rhetorisch ziemlich weit, wartet sie dort auf ihre Mutter die, wieder einmal, zu spät ist. Der rosafarbene Milkshake (deswegen wohl der Titel ?) mit den beiden Strohhalmen darin, welche schon beinahe in dem süßen Zeug ersaufen, steht unangetastet in der Mitte des Tisches. Als Scarlet dann endlich auftaucht wirkt sie gleichermaßen gehetzt wie ruhig. Daß sie verfolgt wird ist offensichtlich. Und Sam weiß selbstverständlich womit ihre Mutter ihr Geld verdient. Nach einem kurzen Beweis ihrer Fähigkeiten an den besagten Verfolgern findet sich die Story wieder in der Gegenwart ein.
Ihr letzter Einsatz hat Spuren hinterlassen. Nicht nur beim Gegner sondern auch an ihr. Und während sie zu Hause vor dem Fernseher sitzt, ein Müsli in sich hineinschaufelnd, näht sie ganz nebenbei und ohne jegliche Regung eine klaffende Wunde am Arm. Gut, im ersten Moment mutet das was die Einleitung zu bieten hat schon etwas sonderbar an. Kann man dem zarten, in einen langen dunklen Mantel gehüllten Wesen mit dem tief ins Gesicht gerückten Hut abnehmen eine eiskalte Killerin zu sein ? Zugegeben konnte Ich es anfangs nicht. Charles Bronson in weiblich mit Hut und Mantel…keine Chance. Ich ertappte mich dabei zu denken daß das weibliche Geschlecht nicht in diese Rolle zu passen hat. Ich hätte mich ohrfeigen können ! Warum denn nicht ? Und was mich in der restlichen Laufzeit erwarten würde konnte ich natürlich nicht ahnen. Nämlich ein Dauergrinsen daß auch nach dem Film nicht verschwinden wollte ! Sam macht nämlich etwas was sie bisher noch wenig bis nie tat…sie denkt nach. Ihr neuer Auftrag wäre einfach gewesen.
Ziel aufsuchen, Geldkoffer abholen und wieder weg. Doch ihr Klient macht in ihren Augen den Fehler und geht ans klingelnde Kinderhandy. Vermutlich will der Typ ausplaudern was gerade passiert und sie knallt in dummerweise ab. Doch eine Stimme an der anderen Seite der Leitung weist ihn auf darauf hin daß seiner Tochter Emily etwas passiert wenn er nicht die Kohle rausrückt. Nachdem der eigentliche Auftrag also im Grunde abgeschlossen ist widersetzt sie sich den weiteren Anweisungen der "Firma" und Nathan, möchte das Kind befreien. Somit macht Sam sich mit der Kohle auf dem Weg während Nathan seinerseits seine Schläger aussendet. Auch die kleine Privatarmee des Vaters eines von Sams getöteten Sohnes nimmt Tuchfühlung auf. Ähnlichkeiten mit besagtem John Wick sind nicht zufällig und mehr als gewollt. Doch statt eines edlem Hotels stehen Sam neben dem Diner auch eine große Bibliothek (für Lesestoff der Marke 9mm und mehr) und ein Krankenhaus zur Verfügung. Doch im Gegensatz zu ihrem männlichen Pendant wartet vorliegender Film mit weniger, in meinen Augen unrealistischere Art von Action (wenn ich das mal so sagen möchte) sondern mehr nachvollziehbaren Fights (wenn ich dies ebenfalls so sagen möchte), Shootouts und jeder Menge derben Humor auf. Hier werden halt Pistolen noch so gehalten wie man sie hält und bastelt keine Knoten rein. Zudem darf die kleine Emily des öfteren ein paar kleine Frechheiten von sich geben was die Action wohltuend auflockert. A propos auflockern ! Das kleine große Highlight des Streifens besteht aus den drei Mädels von der Bibliothek. Carla Gugino (u.a. San Andreas, Nachts im Museum) als höflich ruhige Madeleine, Angela Bassett (durch zu viele OPs leider fast nicht mehr zu erkennen; Avengers, Black Panther, Contact) in der Rolle der rauhbeinigen Anna May und Michelle Yeoh (u.a. Tiger & Dragon, 007 - Der Morgen stirbt nie) als mütterliche Florence. Während sich also Sam und Emily durch die doch recht überschaubare Geschickte frotzeln und kalauern sei nochmal kurz auf besagte Action eingegangen. Hier macht der Humor ein kleines Päuschen denn da geht's echt zur Sache ! Neben Kämpfen die buchstäblich Hand und Fuß haben, dabei Knochen gebrochen werden und in die Osterzeit (die Kritik entstand einige Tage davor) passend Eier…äh…ja....spucken zusätzlich diverse Pistolen und Gewehre Tod und Verderben und sauen nicht nur die Umgebung sondern auch die Empfänger der Projektile gehörig ein. Leider auch unter der Zuhilfenahme einiger CGI Blutungen die sich aber glücklicherweise ganz gut in den Comiclook einfügen. Absolutes Highlight (eines unter vielen) ist der gefühlt halbstündige, zweiteilige (!) Showdown in der Bibliothek und dem Diner, in dem oben genannte Damen tatkräftig mitwirken die bösen Jungs ordnungsgemäß zu dezimieren.
"Du bist eine beeindruckende junge Frau. Es gibt keine andere Person auf der Erde mit dem ich lieber Menschen töten würde."
"Danke Mom."
Hach ich liebe diesen Film ! Und das obwohl es am Anfang so gar nicht danach aussah. Die Optik wie ein Süßwarenladen bunt…fast schon zu bunt. Kurzzeitig gewöhnungsbedürftige Hauptakteurin die beinahe gelangweilt wirkt. Doch all das muss so sein, sonst würde der weitere Film einfach nicht funktionieren. Ja es gibt ein paar Längen und auch ein paar Schlaglöcher, aber ehrlich gesagt war mir das im Endeffekt sowas von wurscht ! Der Streifen macht einfach zu sehr Laune als das man sich mit unwichtigen Kleinigkeiten aufhält.
Äh…wer war nochmal dieser John Wick ? Ach ja…der mit dem blauen Hustenbonbons…
ses
8/10