Pig von Adam Mason, ist ein Film, der seit seiner Entstehung im Jahr 2010 alles andere als leicht zu bekommen ist. Es hat damals einige Aufführungen auf einschlägigen Festivals gegeben und danach ist dieses Werk ohne ein offizielles Release verschwunden. Der Grund liegt darin, dass sich Regisseur Adam Mason zum damaligen Zeitpunkt frustriert aus der Filmbranche zurückgezogen hatte und keinen Wert mehr darauf legte mit seinem Werk Einnahmen zu generieren. Wer fleißig gesucht hatte, konnte damals mit etwas Glück diesen Film trotzdem noch irgendwo im Internet finden oder eines der wenigen Bootlegs erwerben. Aus anderen Gründen hat Pig ein ähnliches Schicksal wie The green Elephant ereilt und bis zum heutigen Tage warten beide noch auf ein offizielles Release. Die generelle Nicht-Verfügbarkeit hat Pig dann auch schnell einen gewissen Kultstatus unter Fans des extremen Films eingebracht. Dies ist wohl auch Masons Ziel gewesen, um gegen Ende seiner Karriere nochmal ein Zeichen zu setzen.
Adam Mason ist inzwischen wieder zurück im Filmgeschäft und hat auch erst kürzlich sein Pandemie-Drama Songbird veröffentlicht, Pig wird aber wohl weiterhin der Allgemeinheit verschlossen bleiben.
Ich selbst habe auch nicht mehr damit gerechnet, diesen Film einmal auf einem physischen Datenträger zu finden, da ich zum damaligen Zeitpunkt auch noch nicht so tief in der Materie war und die "Veröffentlichung“ schlicht verpasst habe. Kürzlich bin ich dann aber doch noch fündig geworden, weshalb ich mich nun auch in der Lage sehe, diesen Film zu besprechen.
Die Geschichte ist denkbar einfach und erzählt 70 Minuten die Geschichte eines Typen, der in seinem Wohnwagen irgendwo in der amerikanischen Prärie lebt. Nebenan haust eine geistig behinderte Frau in einem Käfig, die von ihm geschwängert wurde und gelegentlich zum "Spielen“ oder Füttern herausdarf. Als Nebenbeschäftigung gehen die beiden dann noch dem Quälen und Ermorden von männlichen und weiblichen Opfern nach. Das Drehbuch zu diesem Werk stammt von Adam Mason und Andrew Howard, der auch direkt die männliche Hauptrolle übernommen hat und glaubhaft einen Psychopathen verkörpert. Das Drehbuch kann bei diesem Werk allerdings nicht viel mehr als ein Grundgerüst gewesen sein, denn aufgrund der Inszenierung war wohl bei allen Beteiligten viel Improvisationstalent gefragt.
Die Inszenierung ist bei diesem Film dann auch besonders hervorzuheben, denn der Film wurde angeblich komplett an einem Stück gedreht. Mit absoluter Sicherheit kann ich das zwar nicht bestätigen, denn es gibt eine Szene, die sich häufiger wiederholt, nämlich dann, wenn der Täter eine Kühlbox öffnet und der Deckel in das Blickfeld der Kamera gedrückt wird. Hier könnten Cuts gesetzt worden sein, allerdings sind diese, wenn überhaupt vorhanden, so geschickt gesetzt, dass es dem Zuschauer im Grunde nicht auffällt. Es handelt sich zwar nicht um einen Found-Footage-Film, aber die Kameraführung ist bedingt durch die Improvisation des Kameramanns und der Schauspieler selbstverständlich etwas wackeliger als in einem durchschnittlichen Film. Die Kameraführung verleiht dem Gezeigten dadurch aber nicht nur einen erschreckenden Realismus, sondern auch Tempo. Der Zuschauer wird in die Szenerie hineingeworfen und erhält keine Möglichkeit, um auf Distanz zu gehen und wird gezwungen dem psychotischen Treiben unmittelbar zu folgen. Auf diese Weise wird durch die kompromisslose Inszenierung eine ähnliche Wirkung erzielt, wie es zwei Jahre später auch der grandiose Hate Crime vollbracht hat. Allerdings wurde die Intensität dort noch einmal gesteigert und Pig kann rückblickend damit nicht ganz mithalten. Dennoch vermag dieses Werk ein paar unangenehme Szenen zu bieten und den Zuschauer glaubhaft in den Alltag eines Psychopathen einzuführen.
Dieser Alltag besteht aus dem Quälen und Vergewaltigen anderer Menschen und der Jagd auf eben diese. So wird ein Opfer freigelassen, nur um es kurz darauf mit einem Jagdgewehr niederzuschießen. Der gesamte Film spielt in Echtzeit irgendwann am Nachmittag, weshalb es keine dunklen Nachtszenen gibt und die Morde alle gut zu erkennen sind. Eine Vielzahl blutiger Effekte ist aber trotzdem nicht zu bewundern, was aber im Grunde auch klar ist, denn aufwendige Effekte benötigen nun einmal Vorbereitung. Die dafür notwendige Zeit ist aufgrund des Drehs an einem Stück schlicht und einfach nicht gegeben.
Das Steinigen eines Opfers sowie der erlösende Schuss mitten ins Gesicht wird so auch aus einem entfernten Blickwinkel gezeigt. Weniger grausam ist der Film deshalb aber nicht und besonders durch solche Szenen wirkt der Film realistisch und fies. Das sehr kleine Budget sieht man dem Film zwar an, jedoch unterstützt die schlechte Bildqualität eher die dreckige Atmosphäre und könnte in Bezug auf das Gesamterlebnis sogar positiv bewertet werden. Kleinere Ruhepausen erhält der Zuschauer nur dann, wenn sich der Täter in die Sonne setzt um einen Wein zu trinken oder Fleisch zu grillen, bevor er sein nächstes Opfer misshandelt.
Die musikalische Untermalung ist sehr zurückhaltend und nur gelegentlich wird die rasche Inszenierung durch ein ruhiges Schlagzeug unterstützt. Richtige Dialoge zwischen Tätern und Opfern gibt es nicht übermäßig viele und auch die Kommunikation zwischen den Tätern gestaltet sich als schwierig. Es liegt wohl auch im Auge des Betrachters, ob die geistig umnachtete Frau eher als Täter oder Opfer zu zählen ist. Irgendwann strapaziert ihr permanentes Geschreie zusätzlich die Nerven des Zuschauers, wobei es der Schauspielerin (Lorry O'Toole) gelingt, ihre Rolle glaubhaft auszufüllen. Allerdings wirkt sie mit der Zeit auch etwas lächerlich und nervig, sodass sie mir wenigstens stellenweise auf den Wecker gegangen ist.
Ein Film also, der seinen Ruf sicherlich nicht völlig ohne Grund hat und der durchaus fesseln kann, wenn man bereit ist, sich auf dieses Werk einzulassen. Eine clevere Inszenierung und genug Tempo benötigen keine Gore-Effekte, um eine schockierende Wirkung auf den Zuschauer auszuüben. Langeweile kommt durch die schnelle Bildfolge nicht auf und der Zuschauer wird dankbar sein, wenn er in den ruhigeren Minuten Zeit zum Durchatmen bekommt. Durch die kurze Gesamtlaufzeit und vernünftiges Schauspiel vermag der Film von Beginn an zu fesseln. Adam Mason hat es geschafft, besonders durch die "einfache" Machart eine glaubhafte und ebenso schockierende Momentaufnahme aus dem Leben eines Mörders zu bieten.
Ein Werk von einem Filmemacher, der sich frustriert von der Horrorfilm-Welt abgewandt hat und der dabei einen harten und durch seine schwere Beschaffung äußerst seltenen Film geschaffen hat, der für mich eine kleine Underground-Perle darstellt.
Für so ein Werk gibt es dann auch verdiente 8 Punkte.
8/10