Nathan Hine (Harry Collins) ist neben Brian Paulin einer dieser amerikanischen Filmemacher, der glücklicherweise noch schönen handgemachten Splatter und Gore abliefert. Wie bei den meisten Filmemachern, die am Anfang ihrer Karriere stehen, hat er meist Kurzfilme gedreht. Hier wären Titel wie sein erster Kurzfilm The Last Days of Livermore oder der 2019 entstandene Keepsake zu nennen. Während The Last Days of Livermore noch nicht der ganz große Wurf war, aber in Anbetracht eines ersten Regieversuchs durchaus kurzweilig unterhalten konnte, hat Keepsake schon ordentlich nachgelegt und unter anderem den wohl längsten Kehlenschnitt mit anschließender Enthauptung der Kurzfilmgeschichte zu bieten.
Nathan Hine's erster Langfilm, der hier zu besprechende The Sideling Hill, ist ein Film, der die Tradition von Splatter Ikonen wie Brian Paulin oder Olaf Ittenbach versucht fortzuführen, aber insgesamt dann doch weniger Splatter bietet und dafür mehr Wert auf Atmosphäre legt. Ganz nebenbei sei bemerkt, dass die beiden Filmemacher in letzter Zeit auch sehr aktiv sind. Paulin's neustes Werk Septic ist kürzlich in den Staaten erschienen (dazu demnächst mehr) und beim Olaf läufts, soweit ich das beurteilen kann, auch sehr gut. Dass der deutsche Amateur-Splatter auch in den Staaten eine gar nicht mal so kleine Fangemeinde hat, zeigt uns sogar dieser Film. Wer aufmerksam genug hinschaut, kann unter anderem ein Poster von Psycho Productions König der Kannibalen entdecken. Die Affinität für Splatter und Gore bei allen Beteiligten sollte aber spätestens dann ersichtlich werden, wenn man sich den Namen der Produktionsfirma anschaut, welche hinter diesem Werk steht. HardGORE Core Productions.
In einem einleitenden Wort von Nathan Hine wird erklärt, dass es von diesem Film eine Vielzahl an Versionen gibt. Es gibt eine Standard-Fassung, also den Regular Cut, einen Director's Cut sowie einen Unreleased Cut. Hier ist der Name etwas irreführend, denn unveröffentlicht ist dieser nicht und wenn man sich die Disc von Dead Format Films geholt hat, sind auch alle Fassungen dort enthalten. Besonders wichtig ist das nicht, meine Review bezieht sich aber ausschließlich auf die Standard-Version.
Wie es bei vielen Indie-Filmemachern häufig vorkommt, hat Nathan Hine hier auch selbst eine der Hauptrollen inne. Begleitung erhält er von Bob Vresilovic. Nicht, dass den Mann jetzt jemand kennen würde, aber wer eventuell Keepsake gesehen hat, wird Bob und seine Enthauptung von dort kennen.
Nun geht es hier erst einmal um einen Mann (Nathan Hine), der aus dem Krieg nachhause kommt und sich nicht mehr so recht in das zivile Leben einfinden mag. Er hat einen Kameraden, der auch ein guter Freund von ihm war, im Krieg verloren und ist seitdem traumatisiert, hat ein Alkoholproblem entwickelt und gibt sich die Schuld am Tod seines Freundes. Zwei seiner Freunde wollen ihn auf andere Gedanken bringen und mit ihm in einem verfluchten Tunnel die Nacht verbringen.
Wie heißt es so schön: Wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr. Man benötigt kein Studium der Psychologie, um zu erkennen, dass die Idee einen ohnehin traumatisierten Typen mit Alkoholproblem in einem klaustrophobischen und düsteren Tunnel zu stecken, sicherlich nicht die beste Art der Traumabewältigung ist. Die Konsequenzen, die daraus erwachsen werden auch alle bald am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Zunächst lässt man sich aber erst einmal viel Zeit um die Charaktere vorzustellen und bis alle Beteiligten dann mal am titelgebenden Sideling Hill ankommen, ziehen gut und gerne 30 Minuten ins Land. Dies ist letztlich auch schon das größte Problem dieses Streifens, er geht einfach viel zu lang. Die Standard-Version hat eine Länge von 2 Stunden. Für einen Splatter-Film ist das einfach viel zu lang, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers aufrechtzuerhalten. Einer der wenigen Splatter-Filme, der trotz einer solchen Filmlänge überzeugen konnte, ist vielleicht Rohnstock's Necronos, der ist in voller Länge aber auch eine absolute Schlachtplatte, wovon Sideling Hill trotz einigen gut gemachten und blutigen Szenen weit entfernt ist.
Für einen vollwertigen Splatter-Film bietet dieser Streifen dann aber auch leider viel zu wenig brutale Effektarbeit, denn sehr lange wird hier daraufgesetzt, die Charaktere einzuführen und eine unheimliche Atmosphäre aufzubauen. Prinzipiell ist dies auch kein Kritikpunkt von meiner Seite und auch ohne viel Splatter kann so ein Film natürlich überzeugen. Die Schwierigkeit besteht dann aber darin, dass von Seiten der Filmemacher mehr inszenatorisches Talent gefragt ist, um Atmosphäre und die richtige Stimmung aufzubauen. Wenn am laufenden Band blutige Effekte geboten werden, kann so etwas schon einmal eher vernachlässigt werden. Bei so einer Art von Film ist eine tiefgreifende Charakterstudie eben immer mit Schwierigkeiten verbunden und in vielen Fällen funktioniert das nicht, weil die Schauspieler zu schlecht sind oder das ganze Werk nach Amateur-Produktion schreit und es so dem Zuschauer zumindest erschwert wird, sich mit den Charakteren zu identifizieren. Die Schauspieler geben sich hier durchaus Mühe, schaffen es aber nicht über dem durchschnittlichen Indie-Niveau zu agieren. Dazu kommen dann auch noch solche Kinderkrankheiten wie zu helle Belichtung oder ein Rauschen hier und da. Dinge, die der Amateur-Filmfan zwar normalerweise problemlos tolerieren kann, wenn die Geschichte aber nicht zu fesseln vermag und Effekte auf sich warten lassen, fällt das schon einmal eher negativ auf. Obwohl viel Zeit darauf verwendet wird, eine unheimliche Atmosphäre aufzubauen, mag das aber leider nie so richtig funktionieren. Das Erscheinen der Geister ist nur bedingt unheimlich und eine beängstigende Stimmung vermag der Film höchstens im Ansatz zu erzeugen.
In dem Tunnelgewölbe wird die Gruppe dann getrennt und minutenlang laufen die Charaktere durch dunkle Gänge und schauen sich um, während ein ruhiges Klavier in Dauerschleife vor sich hin klimpert. Die Soundkulisse ist prinzipiell nicht schlecht und ist auch in der Lage zu einer unheimlichen Stimmung beizutragen, wenn aber in regelmäßigen Abständen die immer gleiche Melodie gespielt wird, vermag diese keine Stimmung mehr zu erzeugen, sondern den Zuschauer eher zu langweilen oder gar zu nerven.
Bis auf eine etwas härtere Szene ist 90 Minuten nicht viel passiert. Im Finale geht es dann zum Glück aber noch ordentlich zur Sache. Da wird diverse Male in Bäuche gestochen und die Blut-Fontänen fliegen nur so durch die Luft. Ein Kopf wird kompromisslos von den Schultern abgesägt und effekttechnisch ist das alles auch nicht einmal schlecht umgesetzt. Da schlägt das Herz des Splatter-Fans höher und am Ende kommt sogar noch eine bewaffnete Gruppe an den Eingang des Tunnels und hätte man die auch noch alle zerfetzt, hätte das ein beeindruckendes filmisches Massaker werden können. Leider war dafür aber wohl nicht mehr genügend Budget übrig.
Abschließend also ein Film, der leider nicht ganz so viel Splatter bietet. Die Filmemacher waren etwas zu ambitioniert und haben sich aus meiner Sicht etwas verhoben, weil sie ein etwas anspruchsvolleres Werk drehen wollten und nicht nur stumpfe Gewaltausbrüche zeigen wollten. Letztlich war dieses Unterfangen aber nicht so erfolgreich, da das Budget und Talent sowohl vonseiten der Schauspieler als auch der Personen, die für Kamera und Setdesign verantwortlich waren, nicht ausgereicht hat, um genügend Spannung und Atmosphäre aufzubauen und schon gar nicht um diese 2 Stunden lang aufrechtzuerhalten. Das größte Problem ist hier aber klar die Länge des Films. Im Großen und Ganzen sind die wesentlichen Aspekte im Rahmen einer Indie-Produktion solide gelöst worden, die lange Erzählzeit erdrückt aber die nur mühevoll erarbeitete Spannung. Wäre dieses Werk nur 80 Minuten lang gewesen, wäre das Gesamtergebnis wohl auch interessanter ausgefallen. In dieser Form dreht sich die Geschichte aber leider zu lange im Kreis, ohne dass viel Erwähnenswertes oder Interessantes passiert.
Deshalb gibt’s dafür auch nur 5 Punkte.
5/10