Die Stunde des Jägers
Originaltitel: The Hunted
Herstellungsland: | USA (2003) |
Standard-Freigabe: | FSK keine Jugendfreigabe |
Genre: | Action, Thriller |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 7,93 (35 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
L.T. Bonham, Ex-Elite-Ausbilder der US Army hat sich eigentlich von seinem Beruf zurückgezogen, doch als sein ehemaliger Schüler Aaron Hallam in den Wäldern von Portland zwei Jäger brutal ermordet, bittet ihn das FBI um Hilfe. Gemeinsam mit der Agentin Anny Durrell nimmt Bonhan die Fährte des Killers auf. Das Duell zwischen Lehrer und Schüler entwickelt sich schnell zu einer gnadenlosen Hetzjagd auf Leben und Tod, denn je mehr Hallam in die Enge getrieben wird, desto raffinierter und brutaler schlägt er die Schneisen seiner Fluchtwege - bis sie sich Mann gegen Mann gegenüber stehen... (Concorde)
Da gibt es dieses Phänomen. Einen Film, welchen man vor langer Zeit mal angeschaut und für gut bis sehr gut befunden hat. Aus diversen möglichen Gründen ist dieser Film aber in der persönlichen Versenkung verschwunden. Meist passiert es, wenn man sehr viele Filme konsumiert. Da kann auch mal eine kleine Filmperle durchrutschen. Aber Jahre später stößt man wieder darauf. Getreu dem Motto: "Da war doch mal was!". Nun gibt es drei mögliche Optionen, was bei einer erneuten Sichtung passieren kann. Im besten Fall findet man den jeweiligen Streifen noch besser als in der Erinnerung. Es würde aber auch schon genügen, wenn der Film genauso gut ist wie "damals". Im schlimmsten Fall fragt man sich, wie man den Film jemals so hochloben konnte. Letzteres ist mir bei dem 2003 entstandenen Die Stunde des Jägers passiert. Meine letzte Sichtung ist etwa 10 Jahre her. Und vor der aktuellen Sichtung wäre ich gefühlt bei 9 Punkten gewesen. Doch der schlimmste Fall trat ein.
Die Grundgeschichte erinnert stark an First Blood aka Rambo. Kriegsveteran Aaron Hallam (Benicio Del Toro) leidet durch seinen Job an einer posttraumatischen Belastungsstörung, was das Ermorden von Zivilisten zur Folge hat. Für Aaron sind das aber keine Zivilisten, sondern Feinde. Sein alter Ausbilder L.T. Bonham (Tommy Lee Jones) wird engagiert um Aaron zu stoppen. Tatkräftige Hilfe bekommt er von der F.B.I. Agentin Abby Durrell (Connie Nielsen). Im Gegensatz zu John Rambo ist Aaron allerdings schon eine Zeitbombe bevor er nachhause kommt. Er schlachtet scheinbar grundlos zwei Jäger bestialisch ab und die Handlung nimmt ihren Lauf. Für die Regie konnte man William Friedkin (French Connection, Leben und Sterben in L.A.) gewinnen, was im Grunde immer ein Garant für Qualität ist.
Das klingt alles sehr spannend und ich möchte nochmals betonen, dass der Film bei mir jahrelang hoch im Kurs stand. Umso härter hat mich dann die Ernüchterung getroffen. Schon zu Beginn sind mir einige Logiklöcher aufgefallen. So macht die komplette Zeitlinie vom Ermorden der Jäger, über das Rekrutieren von Bonham, bis hin zur Untersuchung des Tatortes keinen Sinn. Auch die Art wie Bonham rekrutiert wurde, beziehungsweise von wem ist im Gesamtkonstrukt nicht nachvollziehbar. Aber nun gut, da schauen wir mal drüber weg. Zumindest habe ich mir das im ersten Viertel des Films noch eingeredet. Allerdings wurde es noch schlimmer.
Je länger der Film dauerte, desto mehr habe ich das Drehbuch hinterfragt. Der ganze Streifen wirkt nicht rund. Als hätte man vom Brainstorming sämtliche Ideen in den Film gepackt, ohne vorher zu filtern. So werden Aaron etliche Motive angehangen. Posttraumatische Belastungsstörung, angedeuteter religiöser Fanatismus oder auch philosophische Fragen wie: "Wer ist wirklich an der Spitze der Nahrungskette?". Außerdem wird auch angedeutet, dass Aaron recht haben könnte und wirklich eine politische Verschwörung dahinter steckt. Manchmal wird versucht ein psychologisches Drama darzustellen, nur um dann wieder eine reine Actionschiene zu fahren bei der die Story keine Rolle spielt. Man könnte dem jetzt zugute halten, dass man mehrere Motive in einem Action/Psychodrama kombinieren wollte. Dafür wirkt aber alles zu zerrupft, zu unstrukturiert. Ein Hinweis darauf gibt der Drehbuchautor. Das war nämlich nicht nur einer, sondern mit David Griffiths, Peter Griffiths und Art Monterastelli gleich drei. Und man wird den Eindruck nicht los, dass alle Drei eine eigene Interpretation der Grundstory hatten, was dann zu diesem strukturlosen Endprodukt führte.
Dies spiegelt sich auch an den Charakteren wieder. So schafft es der von Mark Pellegrino dargestellte Charakter Dale Hewitt, innerhalb von 40 Filmminuten seine Charaktereigenschaften und Motivationen mehrfach zu ändern. Fast könnte man der Ansicht sein, dass dieser Charakter absichtlich als "nicht greifbar" angelegt wurde. Auf mich wirkte es aber so, als ob man einfach den Faden verloren hat. Auch die restlichen Charaktere und schauspielerischen Leistungen sind FAST nicht der Rede wert. Connie Nielsen mimt die taffe F.B.I Agentin solide, mehr aber auch nicht. Die restlichen Nebendarsteller sind nur Stichwortgeber und bleiben nicht wirklich im Gedächtnis. Alles ist auf das Duell Tommy Lee Jones gegen Benicio Del Toro ausgerichtet. Und Herr Jones macht da auf jeden Fall die beste Figur. Es macht wirklich Spaß ihm bei der Arbeit zuzusehen. Mit Benicio Del Toro sieht es allerdings etwas anders aus. Grundsätzlich halte ich ihn für einen der besten Schauspieler überhaupt. Das hat er in Filmen wie Traffic oder 21 Gramm eindrucksvoll bewiesen. Dieses Talent blitzt hier aber nur ab und an mal durch. Ich konnte leider selten eine an posttraumatischer Belastungsstörung leidende Person erkennen, sonder oftmals nur einen stereotypen 08/15 Psychopathen. Hier würde ich aber Herrn Del Toro nicht in Gänze zur Verantwortung ziehen. Denn auch seine Figur scheint im Drehbuch nicht gut ausgearbeitet zu sein. Da hat es auch nicht geholfen, dass man später probiert hat Aarons menschliche Seite zu zeigen.
Apropos später. Im letzten Drittel fällt der Film dann nahezu komplett auseinander und mutiert zu einem Sammelsurium aus Film-, Anschluss- und Logikfehlern. So wird mitten bei einer Verfolgungsfahrt, bei der L.T. Bonham und Abby Durrell beteiligt sind, in eine Szene geschnitten in der besagte Personen plötzlich in Aarons Unterschlupf sind und Nachforschungen anstellen. Dabei hat Abby auch plötzlich eine andere Frisur und andere Kleidung an (was gerade bei diesem Charakter öfters im Film vorkommt), nur um im nächsten Schnitt wieder auf die eigentliche Verfolgungsjagd zu schneiden, bei der Abby wieder so wie vor dem ersten Schnitt aussieht. Das spricht für eine Szene, welche warscheinlich nie in den fertigen Film sollte, was wiederum für einen schlampigen Schnitt (Augie Hess) spricht. Und von da an geht es so weiter. Mehrere Kleidungswechsel von verschiedenen Personen, welche so niemals stattgefunden haben können, eine Brücke im Wald welche offenbar in allen Himmelsrichtungen zu finden ist, Wunden die sich im minutentakt öffnen und schließen. Ich könnte noch weitere Punkte nennen, aber Jedem sollte klar sein was ich meine. Es wirkt so, als ob die ganze Postproduktion komplett versaut wurde. Und ich bin mir nicht sicher ob William Friedkin daran noch beteiligt war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dieses Chaos abgesegnet hat.
Das klingt jetzt alles sehr ernüchternd, aber dennoch gibt es auch positive Punkte zu vermelden. Die Musik von Brian Tyler bleibt zwar nicht nachhaltig im Ohr, unterstreicht aber stimmig die jeweiligen Szenen. Kameramann Caleb Deschanel hat sowohl die Action-, aber auch die Naturaufnahmen zum Teil eindrucksvoll eingefangen. Und bei der Inszenierung der Actionszenen bewies Friedkin sein Können. Ob Kämpfe oder Verfolgungsjagden, dahingehend wird wirklich spannende Unterhaltung geboten. Aber eben nur wenn man die Szenen alleinstehend betrachtet. Im Gesampaket brökelt die ganze Nummer auseinander.
Immerhin wird man aber mit einem satten Endkampf und einer anschließenden, melancholischen Szene in den Abspann geleitet, welcher dann musikalisch mit "The Man Comes Around" von Johnny Cash abgerundet wird. So gibt es ein halbwegs versöhnliches Ende.
Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich eigentlich bei 6 Punkten gewesen wäre. Film-, Anschluss- und Logikfehler sind bei kleinen Produktion mitunter verzeihbar. Aber bei einem rund 50 Millionen Dollar teuren Film, bei dem etablierte Leute beteiligt sind, darf ein Chaos in diesem Ausmaß meiner Meinung nach nicht passieren. So ist der Streifen für mich leider nur noch Durchschnitt, und ich ärgere mich selbst ihn nochmal gesehen zu haben. Manchmal sollte man einfach an seinen Erinnerungen festhalten!
Kommentare
26.05.2022 08:17 Uhr - McGuinness |
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26.05.2022 12:14 Uhr - tp_industries |
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26.05.2022 14:19 Uhr - McGuinness |
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Hatte mir den über Prime bestellt, aber falls der nochmal günstiger zum ausleihen ist, dann schlage ich zu und lasse mir das Finale munden 😉
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26.05.2022 17:53 Uhr - Insanity667 |
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26.05.2022 22:42 Uhr - tp_industries |
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27.05.2022 05:36 Uhr - Insanity667 |
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27.05.2022 07:53 Uhr - tp_industries |
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![]() DB-Co-Admin ![]() ![]() |
Dann viel Spaß und ich würde mich über Feedback freuen! :)
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27.05.2022 16:25 Uhr - Insanity667 |
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27.05.2022 17:18 Uhr - tp_industries |
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11.06.2022 13:27 Uhr - cecil b |
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Verdammt gut getroffen, tp_industries! Optimal durchleuchtet, würde ich sagen.
Mit weiteren zustimmenden Worten würde ich nur wiederholen, was hier schon geschrieben steht. |
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