Ich gebe es zu, wenn es um Fussball geht, war ich bis vor kurzem der Ansicht, dass dies eine klassische Männerdomäne ist. Damenfussball kann auf Hochleistungsniveau niemals so schnell, so athletisch und vor allem so attraktiv wirken wie bei den Männern, dache ich mir. Meine Meinung musste ich zumindest teilweise revidieren, als ich die begeisternden Spiele bei der Frauen Europameisterschaft in England sah. Eine ähnliche Meinung hatte ich auch vom Frauen Kampfsport und als ich kürzlich den Titel Lady Bloodfight (2016) entdeckte, musste ich schon ein wenig schmunzeln. Nach ein paar vielversprechenden Resonanzen im Internet gab ich dem Hong Kong Martial-Arts Streifen aus dem Jahr 2016 eine Chance und wurde mehr als positiv überrascht. Lady Bloodfight ist ein sehenswerter Turnier Klopper, der auf den Pfaden von Bloodsport (1988) jede Menge spektakuläre, blutige Fights liefert, mit überzeugenden Darstellerinnnen punkten kann und der vor allem auch von seiner Story her ein paar nette Einfälle zu bieten hat. Lady Bloodfight muss sich mit nichten vor der männlichen Konkurrenz verstecken und ist für Martial-Arts Fans, die Vorurteile außer acht lassen, auf jeden Fall einen Blick wert.
Der Inszenierung nahm sich Chris Nahon an, der mit dem Jet Li Action Kracher Kiss of the Dragon 2001 sein Regiedebut gegeben hatte und 2008 für den japanischen Vampir Actionfilm Blood: The Last Vampire verantwortlich war. Für die Kämpferauswahl bzw. das gelungene Casting war Temur Mamisashvili zuständig, während die Schriftsteller Bey Logan und Judd Bloch die Story schrieben, welche bewusst Inhalte vom berühmten Vorbild mit einbaut, sich aber auch nicht zu schade ist, eigene Ansätze zu etablieren. Hong Kong 2016: Die chinesischen Kampfkünstlerinnen Shu (Muriel Hofmann) und Wai (Kathy Wu) liefern sich einen erbitterten Finalkampf im Full Contact Turnier Kumite. Als nach über 8 Stunden kein Sieger feststeht, entscheidet die Jury auf unentschieden, sehr zum Unwohl der bis in die Haarspitzen motivierten Konkurrentinnen. Also wird eine Challenge ausgerufen: Jede muss im nächsten Jahr eine Schülerin ins Turnier bringen und der bessere Schützling entscheidet, wessen Meisterin die wahre Königin des Kumites ist. Während Shu sich für die amerikanische "Touristin" Jane (Amy Johnston) entscheidet und ihr ihren spirituellen Weg beibringt, lässt Wai die junge Straßenschlägerin Ling (Jenny Wu) eher Kraft und Schlagtechnik trainieren. Die neuen Teilnehmerinnen schlagen sich in der gnadenlosen und blutrünstigen Ausscheidung wacker und im weiteren Turnierverlauf müssen alle Beteiligten feststellen, dass ihre Vergangenheit und ihr Schicksal unmittelbar miteinander zusammenhängen...
Der ursprüngliche Arbeitstitel hieß Lady Bloodsport und diesem Namen macht der Film alle Ehre. Es ist schon faszinierend, wie viele Anspielungen und wie viele Erinnerungen an Van Dammes Klassiker mit eingebaut wurden und Kenner der Materie werden auch einige nicht ganz so offensichtliche Parallelen erkennen. Das Turnier heißt wie bei Bloodsport Kumite, eine Kämpferin stiehlt von ihrer späteren Lehrerin ein seltenes Schwert, der Dimak (=Todesschlag) feiert sein Revival und die extrem feindselige und gnadenlose Russin Svietta wirft der Heldin eine "Du bist die Nächste" Chong Li Gedächtnis Ansage an den Kopf, nachdem sie ihre Freundin eliminiert hat. Natürlich werden auch bei der weiblichen Endausscheidung exotische Kämpfer mit unterschiedlichen Kampfstilen aus der ganzen Welt präsentiert und was den Blutgehalt angeht, steht Lady Bloodfight dem legendären Kampfsportfilm in nichts nach. Kritiker könnten von fantasieloser Kopiererei sprechen, ich sage, wir haben es hier eher mit einer ehrwürdigen Hommage zu tun und die eigenen Weiterführungen und Interpretationen können ebenfalls überzeugen. Vor allem ist es den Story Writern gelungen, eine stimmige Geschichte mit interessanten Figuren zu präsentieren, deren Zusammenhänge im weiteren Filmverlauf aufgedeckt werden und deren persönliche Vergangenheit eng miteinander verknüpft ist. Klar ist, der Plot wird beileibe keinen Innovationspreis gewinnen und gegen Ende gibt es sogar eine extra Portion mystischen Kitsch, für Kampfsportfilm Verhältnisse wirkt die Story aber trotzdem überraschend ausgeklügelt und durchdacht.
Ein paar Minuten länger und ausgiebiger hätten die motivierenden Trainingssequenzen ausfällen können, die mir persönlich ein bisschen zu kurz geraten sind. Dafür konzentriert sich Lady Bloodfight voll und ganz auf das Kampfturnier, dass abseits der etwas arg schlicht und billig geratenen Sets bzw. Kulissen mit sehenswerten, fein choreografierten, temporreichen, intensiven und brutalen Fights aufwarten kann. Dabei verfolgt die dynamische Kameraführung gefällig das Kampfgeschehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und besonders druckvolle, blutige Treffer werden mit Nahaufnahmen und Zeitlupen in den Fokus gerückt, auch wenn in vereinzelten Szenen ein wenig der Überblick verloren geht, wenn Nahon es mit plötzlichen Zoom Attacken etwas zu gut gemeint hat. Die Duelle selbst sind zahlreich und mit der nötigen Abwechslung versehen, so gibt es viele unterschiedliche Athletinnen und Kampfstile, während am zweiten Turniertag sogar eine Waffenrunde eingeläutet wird, in welcher mit Äxten, Messern und Schwertern bis zum bitteren, tödlichen Ende gekämpft wird. Der hammerharte Showdown darf dann getrost als der Höhepunkt von Lady Bloodfight gesehen werden, wo abermals nochmal alle blutigen Geschütze aufgefahren wurden.
Und liebe Herren der Schöpfung: Das die Protagonisten hier Frauen sind, wirkt sich in keinster Weise nachteilig auf den Unterhaltungswert und auf die Qualität des Streifens aus. Die meist sehr attraktiven Darstellerinnen stellen sich im Ring jedenfalls alles andere als ungeschickt an und überzeugen durch die Bank mit beeindruckender Körperbeherrschung, fantastischen Moves und einer mitreißenden Kampfdarbietung. Schauspielerisch hat mir am besten die bildhübsche Amy Johnston gefallen, die im Ring Nehmerqualitäten beweisen muss und mit glaubwürdigem und transparentem Acting glänzt, wenn sie ihre persönliche, familäre Vergangenheitstragödie bewältigen muss. Muriel Hofmann und Kathy Wu gelingt es die notwendige Verbissenheit ihres Konkurrenzkampfes evident zu verkörpern und auch als Kampfsprtlehrerinnen können sie einen gefälligen Eindruck hinterlassen. Mit Mayling MG, welche die gemeingefährliche Russin Svietta spielt, hat man einen weiblichen "Chong Li" und exzellenten Bösewicht gefunden: Sie ist mindestens genauso fies und gewissenlos und richtet ihre Gegnerinnen im wahrsten Sinne des Wortes hin, während sie egozentrisch und charismatisch in die Kamera grinst und sarkastische One-Liner zum Besten gibt.
Wenn ich jetzt einen Quervergleich mit dem im gleichen Jahr erschienenen Karate Tiger 3 Remake Kickboxer: Die Vergeltung ziehen müsste, in welchem die Herren Moussi & Bautista versuchen in Van Dammes bzw. Michel Qissi's Fussstapfen zu treten, dann hat zumindest für mich Lady Bloodfight, auch wenn die finale Punktewertung die selbe ist, leicht die Nase vorne. Die Kämpfe sind hier druckvoller, spektakulärer, besser in Szene gesetzt und blutiger und gegen das Feuer von Amy Johnston wirkt der brave Alain Moussi wie ein schüchterner Schuljunge, der noch grün hinter den Ohren ist. Klar ist auch bei Lady Bloodfight nicht alles Gold was glänzt: Die Kampfschauplätze sind trist und lieblos, mehr Trainingseinheiten wären bestimmt nicht schlecht gewesen und am Schluss wird etwas zu sehr auf die Tränendrüsen gedrückt. Alles in allem überwiegt aber das positive deutlich und wir bekommen einen sehenswerten Kampfsportfilm präsentiert: "Ich bat um einen Drachen und du schickst mir eine Barbie!" MovieStar Wertung: 7 von 10 Punkte.
7/10