No Country for Old Men
Herstellungsland: | USA (2007) |
Standard-Freigabe: | FSK 16 |
Genre: | Drama, Thriller |
Bewertung unserer Besucher:
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Note: 8,71 (41 Stimmen)
Details
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Inhaltsangabe:
Ein Mann (JOSH BROLIN) stolpert förmlich über einen blutigen Tatort, einen Pick-up-Truck, vollgeladen mit Heroin, und unwiederstehlichen zwei Millionen Dollar in bar. Seine Entscheidung, das Geld für sich zu behalten, setzt eine gewaltvolle Kettenreaktion in Gang, die noch nicht einmal das Gesetz von West-Texas aufhalten kann. (Paramount / Miramax BD-Cover)
Die Gebrüder Ethan und Joel Coen gelten vielen spätestens seit ihrem "The Big Lebowski" als Kultregisseure. Neben diesem vielzitierten Werk wirkt ihr Neowesternthrillerdrama "No Country for Old Men" beinahe wie ein Geheimtipp. Einrahmend stellt sich Tommy Lee Jones ("Alarmstufe: Rot") hier als Erzähler in der Rolle des Sheriffs Ed Tom Bell vor. Der erweist sich aber ebenso als Scheinprotagonist wie die Eheleute Llewelyn und Carla Jean Moss (Josh Brolin, "Planet Terror", und Kelly Macdonald, "Trainspotting"). Und das liegt nicht etwa daran, dass sie möglichen Sex (1/10) untereinander im Gleichklang mit dem durchweg stoischen Erzählstil vollkommen unaufgeregt erwähnen. Sie stehen in einem ganz anderen Schatten.
"Die Verbrechen heutzutage kann man nur schwer fassen."
Es ist jener des abgebrüht-psychopathischen Cleaners Anton Chigurh, als welcher Javier Bardem ("Mother!") dem Zuschauer das Fürchten lehrt - und das nicht nur bei seiner unorthodoxen Wundversorgung. Die zynischen Dialoge mit ihm lassen es einem eiskalt den Rücken herunterlaufen (Horror 4/10). Hierbei sticht er sogar den mit "Natural Born Killers" eigentlich selbstverständlicher für die Rolle seines Auftragsmörders Carson Wells prädestinierten Woody Harrelson aus, ohne dass dieser dadurch jetzt uninteressant wäre. Doch sein Konkurrent mit dem vermeintlich leeren Blick erweist sich spätestens dann als Unikat, wenn er auf weißen Socken mit einem zur schallgedämpften Waffe umfunktionierten Luftdruckgerät zu Werke geht. Solche Auftritte bleiben einprägsam in Erinnerung.
"Ich bin so einiges gewohnt: Ich arbeite bei Wal Mart."
Der gallige Humor (4/10) erreicht nicht die prägenden Ausmaße des berüchtigten Bowling-Spielers, scheint aber immer wieder durch. Dabei bleibt er so trocken wie die Landschaft, aus der eine Wüstenhitze herausflirrt, deren staubige Vergilbung sogar die Farbgebung zu infizieren scheint. Das passt zur alternden Haut der im Titel erwähnten Generation, die von der Skrupellosigkeit der nachwachsenden Drogendealerszene zunehmend entsetzt ist. Deren kühle, fast schon beiläufig vollzogene Kills werden Teil des trüben Alltags, so dass sie schleichend in den Offscreen abgeschoben werden, bis nur noch die Fassungslosigkeit der desillusionierten Gesetzeshüter von Belang scheint. Das ist ein wenig schade, weiß doch manch ein sinisteres Shootout im Mittelteil auch performativ-blutig zu gefallen, so dass man das eine oder andere spätere Ableben ruhig etwas expliziter hätte behandeln können (Gewalt 5/10). Die eingeschränkte Jugendfreigabe der FSK hätte jedenfalls noch etwas Raum für Derbheiten gelassen.
"Er hat dasselbe gesehen wie ich - und mich hat's jedenfalls beeindruckt."
Doch auch ohne Zuspitzung zu einer heftigen Klimax überzeugt der hervorragende "No Country for Old Men" auf allen Ebenen (9/10 Punkten). Der Nachhall seiner Melancholie erinnert ein wenig an Sergio Leones "Es war einmal in Amerika", manch eine bissige Zeile an Quentin Tarantinos beste Arbeiten. Derart grimmige Charaktere gibt es selten zu sehen. Und die düsteren Gefahren-Szenarien sind weit weg von dem Werbeclip-haften Hochglanz, der bei anderen Arbeiten aus diesem Jahrtausend so häufig zu beklagen ist.
9/10
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Kommentare
 DB-Co-Admin  15  3.911 |
Von den beiden Coens kenne ich keine schlechten oder mittelmäßigen Filme. Alle sind in meinen Augen mindestens gut, zu einem nicht unbeträchtlichen Teil gar großartig (habe zwei, drei ihrer Streifen bislang allerdings noch nicht gesehen). "No Country for Old Men" gehört für mich neben "The Big Lebowski" und "Fargo" zu meinen Top-3-Coen-Favoriten, wobei mir solch eine Listung schwer fällt, da ich "Blood Simple", "Arizona Junior", "Miller’s Crossing", "Barton Fink", "O Brother, Where Art Thou?", "Burn After Reading" oder "True Grit" ebenfalls liebe und auch eher stiefmütterlich behandelten bzw. lauwarm aufgenommenen Werken wie "Ladykillers" oder "Intolerable Cruelty" viel Postives abgewinnen kann.
"No Country for Old Men " jedenfalls ist in jeder Hinsicht grandios, seien es die Schauspielleistungen (Anton Chigurhs bizarrer Charakter, Aussehen sowie Javier Bardems Darstellung dessen brennen sich unweigerlich ein), das unkonventionelle, überraschende Drehbuch, die exzellente Kameraarbeit (Roger Deakins natürlich) oder das straffe Editing des alten britischen Gentleman Roderick Jaynes, der bereits seit den 30ern tätig war... und ist (ha!). Auch die nur äußerst minimalistisch vorhandene Musik-, dafür umso eindrücklichere Sounduntermaltung passen wie Arsch auf Eimer. Tolles Spannungskino, das in der ein oder anderen Szene durchaus an der Grenze zum Horrorgenre kratzt. Ein von mir sehr oft und gern gesehener, superber, entschleunigter, schwarzhumoriger, unheimlicher, atmosphärischer, lakonischer Neo-Noir-Thriller mit absolut passenden melancholischen Spätwestern-Elementen. 9 Punkte definitiv, vermutlich bin ich hier sogar schon bei einer 10. Wieder einmal extrem gut getroffen, dicker Hund! :)
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 DB-Helfer  11  1.882 |
Hervorragend!
Ja, die Coens scheinen eine Instant-Kult-Lizenz zu haben. Dieser hier ist zurecht mehrfach oscarprämiert, u.a. für die Leistung von Mr. Bardem. Würde tatsächlich auch noch einen Punkt drauflegen. Das 80er Setting, die Charaktere, die Tatsache, dass man den rauen Wüstensand fast schmecken kann, einfach genial! Bei aller Melancholie, wenn ich zehn Filme mit auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, ein Coen-Werk wäre dabei und "No Country for old Men" ist ein heißer Kandidat dafür. :)))
Deine Reviews lese ich aber unabhängig davon immer und überall, einsame Insel, Wüste, Mond... :)
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  17  5.435 |
Danke Ihr zwei!
@Dissection
Der Perfektionist in mir ätzt, dass Dein Kommentar gehaltvoller als das eigentliche Review sein könnte. "Fargo" müsste ich mal nachholen...
@Insanity
Wehe, auf der einsamen Insel gibt es keinen Strom.
;-)
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  10  1.409 |
Gaaaanz oben auf meiner "Muss ich noch gucken" Liste
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