True Love Ways
Herstellungsland: | Deutschland (2014) |
Standard-Freigabe: | FSK keine Jugendfreigabe |
Genre: | Horror, Thriller |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 6,00 (6 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Die von Albträumen geplagte Sévèrine trennt sich von ihrem Freund, der das nicht so recht akzeptieren will.Tom schmiedet daraufhin einen perfiden Plan. Beide wissen jedoch nicht, dass der Plan bereits vorher existierte und sie Opfer einer brutalen Intrige werden. Auf der Flucht vor einer Snuff-Porn-Bande wird Sévèrine unfreiwillig von der Gejagten zur Jägerin. In einem blutigen Spiel vermischen sich Realität und Obsession, Gewalt und Erotik zu einem nicht alltäglichen Ende, an dem Sévèrine eine Entscheidung treffen muss... (Al!ve AG)
Im Jahre 2014 war tatsächlich ein Video im Umlauf, das eine halbnackte Schönheitskönigin zeigte, gefesselt an eine dreckige Matratze, gefangen in einem dunklen Kellerloch. Sie schrie und weinte, Interpol wurde eingeschaltet. Die Polizeibehörden wussten nicht, wie ihnen geschieht, als sie herausfanden, wer dieses Video gedreht hatte.
Sévèrine weiß auch nicht so recht, was mit ihr los ist. In einem kleinen, schlicht gestalteten Appartment, herrscht eine zermürbende Frustration. Dort liegt die junge Frau im weißen Kleid auf ihrem Bett, schaut ernst ins Rätselhafte, ab und zu auf einen besorgniserregenden Videofilm, während ihr Freund am Tisch sitzt, und um die Liebe ringt. Sie leben in Paris, die Kleidung, das Mobiliar, Frisuren, Autos, alles bis auf die Mobiltelefone deutet auf die Fünfziger hin, nicht mal die Dekade ist gewiss. Im Park, fasst eine 360 Grad-Drehung für die Schönheit zusammen, dass Kinder spielen, und Männer in schwarzen Anzügen Kameraaufnahmen vorbereiten, später sind der obskure Blick eines Mädchens, und die aufdringlichen Worte einer männlichen Person, irreführend. Die Auswirkung kann man im Antlitz von Sévèrine ablesen, das, auch wenn es sehr häufig genaustens frontal fixiert wird, niemals übersättigend sein könnte. Diese Frau mit ihren eindringlichen sowie suchenden bis entschiedenen Blicken, den häufig geöffneten, sinnlichen Lippen, ist das Herzstück. Diesem Eindruck möchte man sich nur ungern entziehen, ein fraglos schöner Mensch, dessen nebulöses Innenleben die Wahrnehmung vereinnahmt. Liebeskummer zieht den männlichen Part hin zur Bar, ein verständnisvolles Gespräch mit einem reifen Geschlechtsgenossen ist der Strohhalm für den ratlosen Jüngling. Worauf er sich nun einlässt, im Glauben, das würde etwas mit Liebe zu tun haben. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Seine erhoffte große Liebe räkelt sich zu Hause währenddessen hypnotisierend, die langen Haare umspielen das Kissen, ihr oft zentriert fokussierter Mund besitzt eine ungemeine Anziehungskraft, unsere Augen sind nur wenige Zentimeter davon entfernt. Der Bann, der von ihr ausgeht, durch vielseitige klassische Musik maximiert, wandelt sich zu einem Fingerzeig, als klar ist, dass die niederträchtigen Männer sie ebenfalls in sich aufsaugen. Erwischt. Die Sexualisierung beansprucht Sévèrine auch für sich.
Aufgeregt, aufgrund äußerst merkwürdiger Vorkommnisse inmitten der Intimsphäre, fährt die Angebetete mit ihrem Kleinwagen durch den Wald, interpretiert viel Mysteriöses, und fragt sich wohl, warum sie sich zuvor so ein schreckliches Video angesehen hat. Selbst Dinge, die normalerweise nichts Bedrohliches an sich haben, bringen nun Furcht mit sich, was wirklich geschieht, ist relativ, Gefühle sind immer real. Die Angst findet zunehmend Berechtigungen, eine abgelegene Villa ist endlich etwas Normalität. Darin ist der Schlüssel. Das doppeldeutige Ausgeliefertsein, welches dort auf die Traumfrau wartet, fordert insbesondere daher heraus, weil dieser Mensch uns dann direkt anschaut. Abscheu und Sogwirkungen, mit Zoom, sind eins, psychisch erschütternd, nicht weniger anregend. Sie rennt in die Verderbtheit. Orte, die Schutz bieten, birgen gleichzeitig Gefahr, Männer in Anzügen, mit einer Kamera und einer Pistole in der Hand, sind hinter ihr her. Weitab von gesicherten Gefilden wechseln sich staccatoartig Licht und Schatten ab, die Musik steigert jede Dramatik würdig. Von vielen Seiten aus spitzt es sich zu, im lichten Wald, Brunnenschacht, in Kellergewölben, die bisher konstante psychosexuelle Anspannung geht einen Schritt weiter. Lebenssaft fließt, Sévèrine muss über ihre Grenzen hinausgehen, der Horizont erweitert sich unermesslich. Ist das das Ende? Unbefriedigend. Von Wegen, der Abschluss fügt doch noch alle Erzählstränge provokant zusammen, das Resümee bleibt auch uns überlassen.
Die oben erwähnte Werbekampagne war ein Vorgeschmack, auf das, was dieser Film bietet.
TRUE LOVE WAYS führte zu etlichen Vergleichen, mit Polanski, Lynch und Hitchcock, das lasse ich mir ebenfalls nicht entgehen. Nehmen wir die Autofahrt durch den Wald, eine tiefe Verbeugung vor PSYCHO, die sich sehen lassen kann. Eine wahre Freude, die immer bestens gelungene frontale Aufnahme dieses unwiderstehlich schönen Gesichts, das erotisierende Fundament der kompletten Dramaturgie. Unzerstörbar, auch, wenn literweise Blut die Bilder füllt, und stilvoll subtil dargestellte sexuelle Gewalt über allem steht. Ästhetisierte psychosexuelle Abgründe, auch dank einer präzisen Kameraführung (Oliver Geissler, Das Orgienhaus, auch Seiler) und guten Schnitten (Sarah Clara Weber, Der Mondmann). Die Protagonistin ist, egal ob nah, halbnah, in der Totalen oder Halbtotalen aufgenommen, so positioniert, dass entweder ihr Anmut im Vordergrund ist, oder Sévèrines Umgebungen in Bezug auf bestimmte Situationen an Bedeutung gewinnen. Eine schreiende, hilflose Frau, ist die Hauptfigur beileibe nicht, nur männliche Figuren scheitern. Die Anspannung gewinnt durch Gewaltakte an Bewegung, im Finale entlädt sich die Dynamik, und selbst das größte Übel wird partiell positiv konnotiert. Marquis de Sades Erben.
Mathieu Seilers Inszenierung in Schwarz-Weiß wird nicht für jedermann funktionieren, ganz zu schweigen dessen Drehbuch, leider beeinträchtigen etwas zu viele Zufälle die Effektivität. Das Spiel der Akteure ist ebenfalls so ungewöhnlich wie die Figuren. Anna Hausburg (Leroy) gibt die Hauptfigur optimal, Kai Michael Müller (Super Orange) macht als ihr Freund nichts falsch, und David C. Bunners (Spielzeugland) spielt den nennenswerten Fiesling gekonnt facettenreich. Beat Solèrs (Der Mann aus Eis) Musik ist über jeden Zweifel erhaben.
Psychohorrorfilme, mit einer metaphorischen, verwinkelten Struktur, enden für den einen mit einem Fragezeichen, und dem anderen mit einem Ausrufezeichen. Ein Independent -Juwel für Fans von geheimnisvollen Filmen mit einer düsteren Ästhetik!
Kommentare
11.11.2022 08:52 Uhr - JasonXtreme |
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11.11.2022 10:33 Uhr - cecil b |
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11.11.2022 11:10 Uhr - JasonXtreme |
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![]() DB-Co-Admin ![]() ![]() |
Danke für die Blumen ;)
Ja da kann ich mich nur anschließen. Mich hat das Langsame auch nicht gestört, und irgendwie krieg ich grade Bock den nochmal reinzulegen :D |
11.11.2022 11:22 Uhr - cecil b |
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![]() Moderator ![]() ![]() |
Das lese ich gerne. Aber deine Worte gefielen mir bisher ja ohnehin nicht selten. ;) :)
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