"Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein."
'Friedrich Nitzsche'
Es ist nun 1 Jahr her, seit dem Beckys Ehemann Dan beim klettern in den Bergen verunglückte. Doch noch immer hat sie sich nicht von diesem Verlust erholt und sucht ihr Seelenheil in Alkohol und Medikamenten. Um sie mit ihren Ängsten zu konfrontieren und dadurch aus dem Loch herauszuholen überredet ihre beste Freundin Hunter sie zu einem wahnwitzigen Unternehmen. Die beiden wollen den B76- Tower besteigen. Ein alter Fernsehturm mitten im Nirgendwo. Nach einigem Zögern willigt Becky ein und man beginnt kurze Zeit später mit der Kletterei. Doch das marode Bauwerk ist nicht dafür ausgelegt nach so langer Zeit wieder bestiegen zu werden, denn kaum sind die beiden Abenteurer oben angekommen, brechen sämtliche Steighilfen ab ! Becky und Hunter sitzen fest…in 600 Metern Höhe !
FALL
Regisseur Scott Mann zeigte bereits in Filmen wie dem blutigen Actionkracher -The Tournament- oder -Final Score- daß er gerne mal in die Vollen geht. Nun tat er sich mit den Produzenten des Unterwasser- Thrillers -47 Meters Down- zusammen und hob das Genre auf ein neues Level…buchstäblich ! Weniger Hai dafür…High.
Grace Caroline Currey (Shazam, Annabelle 2, Serie Bones) spielt die traumatisierte Becky. Das einst so fröhliche Mädel ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, seitdem ihr Ehemann (Mason Gooding) ums Leben kam. Zu niemanden möchte sie Kontakt, nicht einmal zu ihrem Vater (leider nur eine kleine Rolle, Jeffrey Dean Morgan; Rampage - Bigger meets…, Batman vs. Superman, Red Dawn) der sich einfach nur Sorgen macht.
Nur ihre Freundin Hunter (Virginia Gardner; American Horror Stories, Halloween 2018), die das Unglück ebenfalls miterleben musste, hat noch diesen gewissen Draht zu ihr. Die Youtuberin versucht mit immer verrückteren Mutproben auf diese Art mit dem Erlebten umzugehen. Aber was sie jetzt vorhat, soll für ihre Follower der absolute Wahnsinn werden !
"Und wenn dir jetzt von deinen Followern keiner hilft, wirst du merken, dass sie sich in Wahrheit einen Dreck um dich scheren !"
Es geht nicht mehr. Ich kann's einfach nicht mehr. Damals als Kind…meine Güte da war alles kein Problem. Ich hab nicht mal drüber nachgedacht sondern einfach getan. Hinauf auf Bäume, Klettergerüste kein Thema. Später dann Gerüste erklommen und meine Arbeit verrichtet oder Berge bestiegen…sich frei gefühlt. Und heute ? Ich bekomm ja schon Zustände wenn ich zu Hause vom Balkon runterschau. Aus is mit schwindelfrei ! Nix mehr mit Höhe, das ist vorbei. Warum auch immer. Der Mensch ändert sich wohl mit der Zunahme des Alters ;-) Dann ist aber die Frage irgendwie berechtigt weshalb ich mir dann einen Film zu Gemüte führe der in einer doch recht beachtlichen Höhe spielt. Vielleicht wird man mit zunehmendem Alter auch a bisserl bescheuert…
Etwas verrückt muss man wohl auch sein wenn man einem solchen Hobby nachgeht wie die Freunde Becky, Dan und Hunter denen man im Intro beim klettern an einer senkrechten Felswand beobachten kann. Man frotzelt, gibt etwas den Klugscheißer, ist aber stets konzentriert bei der Sache. Allerdings scheint Becky nicht die Mutigste zu sein und muss durch Dan des öfteren gecoacht werden. Hunter allerdings flitzt wie ein geölter Blitz die Wand hoch und kann sich ein paar Seitenhiebe nicht sparen. Man mag sich. Plötzlich aber verliert Dan den Halt und… Mein lieber Schwan ! Also die Einleitung hat's schon mal in sich ! Der Pulsschlag ist erhöht, das Herz schlägt Purzelbäume und die Handflächen benötigen ein Handtuch. Nach diesem kurzen aber intensiven Schock (für mich als Nicht- schwindelfreier vielleicht deswegen so rabiat) gönnt sich der Film eine kurze Pause und widmet sich Becky etwas genauer. Whiskey stapelt sich in ihrem Kühlschrank, im Badschrank hortet sie Tabletten. In Bars fühlt sie sich wohl und ruft aus lauter Verzweiflung immer aufs neue Dans Nummer an…nur um seine Stimme auf der Mailbox zu hören…spricht Nachrichten drauf. Ja, das geht einem ziemlich an die Nieren und kann das evtl. nachvollziehen wenn man ebenfalls einen geliebten Menschen verloren hat. Auch Beckys Vater (Morgan spielt äußerst einfühlsam !) findet einfach keinen Zugang mehr zu ihr und erntet des öfteren wüste Beschimpfungen. Keine Angst, der Film mutiert keineswegs zu einem Psychogramm einer traumatisierten jungen Frau. Dafür sorgt Hunter die sich als Youtuberin mittlerweile einen Namen (Danger D. Was für ein Knaller ! :-D ) gemacht hat. Liebe Leute, nix gegen Tubeler die wirklich interessante Dinge machen. Let's Plays für PC- oder Konsolenspiele, Kochen und Backen, Heimwerkertipps usw. Alles gut, alles bestens. Aber wenn manche denken es sei in irgendeiner Weise interessant und wichtig zu zeigen seinen neuen Rasierapparat auszupacken oder wie viele Seiten das neue Buch hat obwohl derjenige gar nicht lesen oder schreiben kann. Achtung Spitze ! Auch daß es nicht wichtig ist zu zeigen wie man beispielsweise sein Klopapier abreißt…! Hunter macht eher leicht verrückte Dinge. Sie nennt es Stunts, sind aber dann aber eher bescheuerte Mutproben. Und mit ihrem neuen Stunt will sie für gehörig Klicks sorgen. So und hier kommt jetzt Becky ins Spiel. Anfangs ziert sie sich noch, willigt aber schließlich ein…zu diesem…Abenteuer.
Soweit das Vorspiel. Die ersten Minuten des Films bestehen aus einer Mixtur aus Psychodrama und Traurigkeit, was sogar recht gut funktioniert und weniger aufgesetzt wirkt als man befürchten möchte. Dann aber nimmt der Streifen Fahrt auf als sich die Mädels zu diesem Turm begeben der aber auf keiner Karte verzeichnet ist. In einem Diner heißt es quasi nur "Folge dem Licht.". Der roten Signallampe an der Spitze des Towers, welche das nahende Unheil in rotem Schein verpackt in alle Richtungen schickt. Ja, zum zweiten Mal macht sich Gänsehaut breit und die Handflächen… Nur noch geschickt das "Betreten verboten. Lebensgefahr" Schild ignoriert und dann stehen sie vor diesem Monster aus Stahl ! Man kann den Rost beinahe riechen ! Aber was soll schon passieren, nicht wahr Hunter ? Das Ding steht schon so lange, also wird es euch Flöhe ebenfalls noch aushalten. Pah ! Bevor ich jetzt aber zu sehr in die Tiefe gehe sag ich nur daß der Aufstieg noch gerade so geklappt hat. Manch einer könnte sich fragen was denn jetzt passieren soll und wie die restliche Laufzeit mit Spannung gefüllt werden kann. Auch ich konnte mir nicht vorstellen wie das gehen soll, war aber dann umso überraschter daß dies so locker funktioniert hat. Denn der Regisseur kam mit einigen schrägen Ideen um die Ecke sorgt dafür daß die Fingernägel immer kürzer werden ! Hat man nämlich genug posiert, Hunter ihr Dekolleté genug in die Kamera gehalten und sich wichtig gemacht sollte eigentlich der Abstieg folgen. Schwierig ohne Leiter, die mittlerweile 600 m weiter unten montiert ist. Es folgen verzweifelte Versuche wieder auf den Boden zu gelangen… Das Stahlungetüm ächzt, die Stahlsicherungsseile geben flirrend, quietschende Geräusche von sich. Jede Windböe ist eine zu viel ! Mein lieber Herr Gesangsverein, ich glaube hier mein El Dorado gefunden zu haben ! Meine Höhenangst wurde definitiv nicht geheilt ! :-D Leider finden sich in diesem fast perfekten Thriller auch Dinge die einem echt verzweifeln lassen ! Nämlich daß man auf einfachste Dinge nicht kommen will obwohl die Lösung quasi vor einem liegt. Auch manch technische Dinge (Elektrik) erzeugen eher nen Knoten im Hirn als erhöhtem Herzschlag ! Okay, niemand weiß wie er selbst in einer solchen Situation handeln würde. Aber aus der Ferne betrachtet möchte man schon fluchen. Dem entgegen steht aber die grandiose Kamera eines MacGregor (Vivarium) der das Gefühl der Höhe wunderbar vermittelt und durch freche Einstellungen zusätzlich verstärkt. Gegen Ende holt Mann dann noch einmal den Knüppel aus dem Sack und präsentiert dem Zuschauer eine nicht zu erwartende Entwicklung !
"Das Leben ist kurz. Zu kurz. So solltest du jeden Moment genießen."
Kaum zu glauben was man mit einem Budget von gerade mal 3 Mio. $ und einer ned unbedingt großartigen Story so alles veranstalten kann. Vor allem wenn sich der Schauplatz auf winzige (geschätzt) 1m² beschränkt. Und das in luftiger Höhe ! Natürlich ist dieser Streifen eine Sache des persönlichen Geschmacks. Wer den genannten -47 Meters…- ordentlich fand, Filme wie -Abwärts- oder -Panic Room- auch ned verkehrt findet, könnte auch hiermit Spaß haben. Oder so blöd ist wie ich und trotz Höhenangst dieses Werk ansieht :-D Was soll's. Ich wurde wunderbar unterhalten, hatte Puls und Blutdruck. Da seh ich gern über eine Handvoll Ungereimtheiten hinweg. Und ja, YouTube ist nicht immer ein guter Ratgeber !
ses
8/10