1985 kamen die beliebten deutschen TV Moderatoren Thomas Gottschalk und Mike Krüger mit einer verrückten, abstrusen aber zugegeben auch genialen und fantasievollen idee um die Ecke: Was wäre, wenn man sich in jeden X beliebigen TV / Videofilm hinein beamen könnte? Welche Streifen würde man wählen bzw. welche Rollen würde man übernehmen? Würde man als Supermann die Welt retten oder würde man als Veteran John Rambo gegen den geltungsbedürftigen Sheriff Teasle und seine Gefolgsleute kämpfen? Um nichts anderes geht es nämlich in ihrer Komödie Die Einsteiger, die 2022 mit einem Herz für anspruchsarme deutsche Retro Comedy zwar immer noch die Lachmuskeln amüsant auf Trab halten kann, letzten Endes ist das Niveau aber auf Grund des amateurhaft wirkenden Schauspiels, der einfältigen Rahmenhandlung und der staubigen Optik überschaubar, was jedoch nichts heißen muss, schließlich kann auch qualitativ ausbaufähiges Filmmaterial einen gewissen Unterhaltungswert besitzen.
Die Einsteiger ist der vierte und letzte Supernasen Film, wobei die Bezeichnung Supernasen eine Anspielung auf die langen Riechkolben der beiden Hauptdarsteller ist. Vorher waren Gottschalk und Krüger in Piratensender Powerplay (1982), Die Supernasen (1983) und Zwei Nasen Tanken Super (1984) zu sehen. Regie führte Siggi Götz, der bereits bei den anderen Supernasen Filmen das Sagen hatte. Der Plot folgt dem Erfinder Mike (Mike Krüger), der einen Video-Integrator, ein Gerät, mit dem man in Videofilme einsteigen kann, erfunden hat und mit seinem Mitbewohner Tommy (Thomas Gottschalk), einem zweitklassiken Autoren und Tankwart, zahlreiche Abenteuer in unterschiedlichen Filmen miterlebt. Die amüsanten Reisen der beiden sind in Gefahr, als ein deutscher und ein japanischer Elektrokonzern auf die Maschine aufmerksam werden und versuchen, sich die neue Technik unter den Nagel zu reißen...
Kein großes Geheimnis sollte sein, dass die unterhaltsamsten Passagen von Die Einsteiger die Filmeinstiege von Mike und Tommy sind, welche im Rahmen des offensichtlich knapp bemessenen Budgets kreativ, einfallsreich und komisch umgesetzt wurden. Egal ob sie nun in Indianer Jones eine Frau retten, sich in einer Rocky parodierenden Box Schlacht wieder finden, von Blutsaugern wie in Tanz der Vampire gejagt werden, oder in einem Western am Galgen um ihr Leben betteln: Die unverkennbaren Nachstellungen wissen wirklich zu überzeugen und die platzierten Witze, auch wenn sie manchmal etwas plump sind, sorgen für ausreichend Erheiterung mit berühmt berüchtigtem Augenzwinkern. Kritisch ist eigentlich nur die Häufigkeit bemängeln: Ein paar irrwitzige Filmauftritte mehr hätten dem Streifen bestimmt nicht schlecht getan.
Dafür taugt die halbgare und oftmals ausgesprochen dämliche Handlung in der Filmrealität zwischen den einzelnen Abenteuern bestenfalls als Lückenfüller. Offensichtlich wollte man auch hier betont witzig sein, womit man es in manchen Momenten ein wenig übertrieben hat: Mike wird trotz seiner bahnbrechenden Erfindung wie ein geistig beeinträchtigter Hinterwäldler charakterisiert. Auch Tommy entpuppt sich als merkwürdiger Sonderling: Mit einem albernen Roller fährt er zu seinem Tankstellenjob und dort hat er auch nichts besseres zu tun, als kleine Jungenstreiche zu spielen oder den Möchtegern Casanova raushängen zu lassen. Am schrillsten sind jedoch die unbeholfenen Diebstahlversuche der Neider, welche sich der Maschine bemächtigen wollen, während der gewöhnungsbedürftige Song Supernoses von Oliver Onions fast schon tot gespielt wird. Was in den Film im Film Szenen als locker flockiger, leicht verdaulicher Klamauk durchgeht, wirkt in den Zwischensequenzen trotz der humorvollen Ausrichtung ein bisschen anstrengend und peinlich.
Zu letzterem Eindruck tragen auch die sympathischen, aber gleichzeitig auch limitierten Darstellerleistungen bei. Dass Thomas Gottschalk einer der größten Entertainer im deutschen Fernsehen ist, möchte ich nicht abstreiten. Nur ist sein Schauspiel Anno 1985 höflich formuliert noch etwas hölzern. Bei seiner Tapsigkeit in Die Einsteiger hat man manchmal das Gefühl, da steht ein unerfahrener Schauspielschüler zum ersten mal vor der Kamera. Zu seiner Verteidigung muss jedoch gesagt werden, dass er in späteren Produktionen wie Zärtliche Chaoten II (1988) oder Trabbi goes to Hollywood (1991) deutlich sicherer wirkt. Mike Krüger steht seinem Pendant in nichts nach: Er ist auf jeden Fall mehr Komiker als Schauspieler und das meine ich absolut wörtlich. Sein Auftreten ist auf gut boarisch gesagt mindestens genauso patschert und damisch wie das seines Kollegen, wobei dies natürlich auch für den ein oder anderen herzhaften Lacher sorgen kann. Da auch die weiteren beteiligten Darsteller oft in blamable Situationen verstrickt werden, ist davon auszugehen, dass die Unbeholfenheit und die bewusst albern gezeichneten Charaktere Teil des Unterhaltungskonzeptes sind, was damals auch mit 1,2 Millionen Kinobesucher in Deutschland belohnt wurde, so gesehen haben die Verantwortlichen also fast alles richtig gemacht.
Als Hauptdrehort dienten Randgebiete der Münchener Innenstadt, die mit ihrem Straßenverkehr, mit den zur Drehzeit aktuellen Automodellen, mit den mit 80er Jahre Mode bekleideten Fußgängern und mit den einfachen Wohnungen ein authentisches Abbild der damaligen Zeit liefert, auch wenn die Kulissen natürlich etwas altbacken und eingestaubt wirken und nach heutiger Sicht zum primitiven Erscheinungsbild beitragen. Weitere Aufnahmen entstanden in Burg Kreuzenstein (Niederösterreich), auf Gran Canaria, in Gambia und in Reutlingen. Auf personeller Ebene hat Die Einsteiger noch zwei kleine Schmankerl zu bieten: Mit dem österreichischen Schauspieler Kurt Weinzierl (Der Fall Jägerstatter; Kottan Ermittelt), der in jedem Film im Film Abenteuer eine homosexuelle, auf Mike fixierte Rolle spielt und mit dem international bekannten Horror Darsteller Udo Kier (Das deutsche Kettensägemassaker; My Private Idaho), der als Vampir auftritt, konnten zwei bekannte Gaststars verpflichtet werden, was dem Cast nicht schlecht zu Gesicht steht.
Und was lernen wir daraus? Wer seine Ansprüche bezüglich gehaltvoller Handlung und professionellem Schauspiel auf halbmast setzt und sich den Albernheiten und den witzigen Filmparodien mit Sinn für äußerst flachen Humor hingibt, der kann auch bei einem verrückten und nach heutigem Befinden äußerst trashigen Streifen wie Die Einsteiger ordentlich unterhalten werden. Vielleicht sollte man sich auch einfach nur locker machen um Die Einsteiger als Stück deutsche Filmgeschichte in vollen Zügen genießen zu können. MovieStar Wertung 6 / 10 Punkte.
6/10