Nach dreizehn Jahren ein Prequel zu Orphan - Das Waisenkind zu drehen, ist ganz sicher von wildem Mut geprägt. Vor allem deswegen, weil man wieder die Hauptdarstellerin von damals, die aufspielende Isabelle Fuhrman, als etwa neunjährige Esther besetzte. Die schon damals zwölfjährige Schauspielerin ist nun Mitte zwanzig und, nun ja, das kann die Inszenierung nicht so galant, sauber und effektiv kaschieren wie einst, als das die Sache mit dem Alter der Antagonisten zum Schlusspfiff nicht so dermaßen durchbuchstabiert schien. Allerdings sollte für die meisten Interessenten die Katze der Geschichte wegen auch aus dem Sack sein, wagt man sich an diesen Streich. Der erste Film spielt ja mit einer mörderischen Figur, die zwar wie ein Kind aussieht, aber keines ist, der zweite Film dreht nun das Zepter etwas, indem dieser halt eine tatsächliche ältere Darstellerin wie ein Kind wirken lassen muss, um das Konstrukt in sich stimmig wirken zu lassen. Logisch oder klar ist das deswegen nie, aber halbwegs unterhaltsam und eben in sich stimmig. Das funktioniert bisweilen gut, meist solide und nur ganz selten offenbart sich die Tatsache, dass Isabelle Fuhrmann eben kein Kind mehr ist. Ihr eingefangenes Gesicht und das flaue Make Up in Nahaufnahmen sind grandios und viele Körperdoubles kaschieren bei Totalen die Größenunterschiede zwischen allen Figuren. Das ist mitunter beeindruckend geraten, gerade weil man beim Sehen so akribisch darauf achtet. Die Perspektiven und Aufstellungen haben was.
Doch weshalb es diesen extrem grauen, aschfahlen und leblosen Gesamtlook gebraucht hat, ist schleierhaft. Und zwar buchstäblich. Der erste Film war schon kein Vorführmaterial, aber das ist schon einer Zumutung nahe. Egal ob HD oder UHD, das Bild ist eine Katastrophe und das Geld für die Scheiben dann auch weg. Ich habe lange nichts derart verwaschenes und von Schlieren behaftetes gesehen. Oder eben fast nicht gesehen. Als wankendes Stilmittel und tröpfelnder Tusch der Hauptfigur wegen lässt es sich zwar mit viel Mühe begründen, allerdings nicht entschuldigen. First Kill sieht richtig schwach aus, Score und sonstiges gewinnen wenig dazu. Hier verbeißen sich durchkomponierte Perspektiven auf schlechtem Untergrund und einer Farbpallette, die lediglich grau in wenigen Varianten bedient. Das Fundament ist zu schmal, um tragfähig zu sein. Lange hat mich nichts mehr so sehr irritiert, wie dieses Bild mit diesem dicken Tuch über allem.
Rein inhaltlich verpasst man leider wenig, das Muster ist nur allzu bekannt, denn das Original lässt wenig Spielraum und die Weiter-, beziehungsweise Rückführung ist klar definiert, auch wenn am Ende etwas Zucker drauf rieselt. Im Rahmen der Möglichkeiten liefern Regie und Drehbuch was geht und irgendwie mehr vom Selben, so aufregend und überraschend wie 2009 wird es allerdings nie. Isabelle Fuhrman spielt okay, ungestüm und kindlich. Psychotisches Chaos, wunderbar. Auch die Nebenbank kann was. Julia Stiles gehört zwar nicht zur ersten Garde, doch durch diese limitierte Figur hindurch überzeugt sie. Das gilt auch für den Rest der Darsteller. Daraus resultiert allerdings auch ein gewisses Schnaufen, denn so richtig nah geht einem niemand im Film, mitfiebern kommt nicht auf. Distanz auf allen Stühlen. Das wirkt sich auf die Spannungskurve aus, auf die Empathie, die Antipathie und so weiter. Ein paar derbe Effekte können da auch nicht viel reißen, auch weil diese oft lieblos aneinander geklatscht, wenig kreativ und beliebig sind. Letztlich bleibt ein halbwegs interessantes und durchaus gescheitertes Experiment, dessen Gesamtwirkung nur solide ist. Für und Wider, alles in das Korsett mit einst gegossen, dazu noch die originell gedachten Ungereimtheiten. Für mehr als die paar Zähler reicht das nicht, vieles steht sich im Weg, so punktiert der Paukenschlag zum Schluss auch sein möchte. Aufgrund der Bildqualität rate ich von den teuren Scheiben ab. Hier tut's auch einfach mal die DVD oder der Stream. Ganz sicher. Thema absolut auserzählt.
5/10