Amsterdam
Herstellungsland: | USA (2022) |
Standard-Freigabe: | FSK 12 |
Genre: | Drama, Thriller, Historie |
Alternativtitel: | Canterbury Glass |
Bewertung unserer Besucher: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Note: 7,00 (4 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Ein Arzt, ein Anwalt und eine Krankenschwester waren eines Tages in ... Amsterdam! Aus Fremden werden dort beste Freunde und zwischen letzteren entwickelt sich eine feurige Liebe. Während ihrer gemeinsamen Zeit in Amsterdam gehen die Protagonisten den Pakt ein, sich immer gegenseitig zu schützen – egal was passiert. Dieses Versprechen bekommt eine sehr entscheidende Bedeutung, als zwei der drei Freunde von Zeugen eines Mordes aus unerfindlichen Gründen zu Verdächtigen gemacht werden und plötzlich ins Zentrum einer hitzigen Mordermittlung geraten. Während sie alles daran setzen, die Wahrheit ans Licht zu bringen, stoßen sie auf eine der abscheulichsten politischen Verschwörungen der amerikanischen Geschichte. (Walt Disney)
Man muss professionelle Kritiken nicht derart aufmerksam verfolgen, um mitbekommen zu haben, dass David O. Russels Amsterdam kolossalen Schiffbruch erlitten hat, als dieser vor einiger Zeit in den Kinos anlief. Demzufolge krachte der etwa 80 Millionen Dollar teure Film, der nicht einmal die Hälfte des Budgets wieder einspielte, als Flop gegen die Klippen des aktuellen Mediengeschehens. Amsterdam war dann auch ziemlich schnell im Heimkino zugegen, sowohl als Stream, als auch im Scheibenformat, und doch ließ ich den Film erstmal liegen. Die Indizien und Vermutungen drückten zu mächtig. Alle von mir gerne besuchten Portale verrissen den Film und gaben maximal mäßige Benotungen. Und selbst das an sich ziemlich gute Gesamtwerk von Filmemacher David O. Russel ließ mich zögern, war doch seine letzte Regiearbeit Joy eher fad.
Und nun, nachdem ich es doch gewagt habe, bin ich doch erstaunt, wie viel Missmut diesem dramatisch schrägen, diesem unkonventionellen und ziemlich unterhaltsamen Film angedichtet wird. Ja, der absurd schiefe Film ist zwanzig Minuten zu lang geraten. Eine merkliche Straffung hätte Amsterdam sicher gut getan und noch mehr Luft gegeben, ohne an Inhalt einzubüßen. Vor allem das innere, teils waghalsige Tempo und die außerordentliche Kurzweil wären somit noch eindrucksvoller angekommen, hätte man nicht ausgewalzt. Und ja, auch die letzten zehn Minuten, in welchen David O. Russel aus schier unerfindlichen Gründen auf Terence Malick macht, sind irritierend und nicht schön zu reden. Dieser Teil des Films steht schon arg befremdlich in dieser mal heiteren, mal tiefgründig rätselhafteren Kriminalkomödie mit lieblichem Einschlag, welche zwischen den Wirren des ersten und zweiten Weltkrieges angesiedelt ist. So viel Süßholz, solch wabernde Nahaufnahmen der Schauspieler und dergestalt schwärmerisches Geseire, wie es am Ende vom Amsterdam vorgetragen wird, ist schon schwer zu ertragen, trotz der unmissverständlichen und an für sich schönen, lebensbejahenden Botschaft. Doch Terence Malick sollte man schon drauf haben und das hat David O. Russel, trotz großen Talentes und Malick-Kameramann Emmanuel Lubezki, schlicht und einfach nicht.
Ansonsten gibt es gar nichts zu beanstanden und ich werde mir diesen formidabel ausgestatteten, virtuos gefilmten und herrlich halsbrecherisch gespielten Film sicher noch ein weiteres Mal ansehen. Jedenfalls beschleicht mich während des Schreibens dieser Zeilen das Gefühl, dass die Länge dem Film mit der Zeit sogar gut tun könnte, auch wenn ich das vom Finale nicht behaupten mag, zumindest noch nicht. Dennoch, lange hat mir kein Film so sehr Spaß gemacht wie Amsterdam. Schon die ersten, sehr stimmungsvollen Minuten, das großartig eingefangene Zeitkolorit und die toll geschriebenen Figuren fesselten mich ab Minute eins. Highlight ist ein wahnwitzig aufgelegter Christian Bale in seiner typisch manischen Spielweise. Er hat sichtlich Spaß im Ernst. Sein Burt Berendsen ist Herz und Seele des Films. Die wilden Haare, sein Hintergrund, die vom ersten Weltkrieg gezeichnete und schmerzvoll wirkende Haltung und sein gesamter, sichtlich berauschter Gestus samt kongenialem Kommentar aus dem Off - das ist absoluter Hochgenuss! Jeder, der Bale mag, wird bestens unterhalten werden. Margot Robbie und John David Washington stehen diesem originären Auftritt nicht viel nach, auch wenn sie des Kontrastes wegen nicht so wild und losgelöst angelegt sind. Die Chemie zwischen den drei Akteuren stimmt und das Drehbuch weiß in fast jedem Moment die richtigen Worte zu finden. Die sichere Regie, der ansehnliche Schnitt und die oftmals freischwebende Kamera gleißen förmlich um und durch die Szenerie, alles untermalt von einem Score, der an die verspielten Klänge der Sherlock-Holmes-Filme von Guy Ritchie erinnert. Nur eine Straffung hätte noch ein Pünktchen mehr herausgeholt. Sehenswerte Auftritte von Robert DeNiro, Rami Malek, Anya Taylor-Joy und anderen Gesichtern, runden diesen gemütvollen und amüsant lebhaften Film ab. Apropos Gesichter: Die sind, dank des fantastischen Make Ups, manchmal fast nicht mehr wiederzuerkennen, wie zum Bespiel das nicht immer unter Kontrolle wandernde Kunstauge, welches Christian Bale ziert. Auch die Verwundungen von Washington und Bale sind authentisch. Manche der Effekte treffen mit Klamauk, andere unterstreichen die Kriegsgräuel. Gerade die Verletzungen und die Prothesen machen einen durchaus gespenstischen Eindruck. Gesang gibt es auch, aber das zu erklären, würde das hier sprengen.
Inhaltlich wird viel geboten, fast so viel, dass der Plot auch mal aus dem Ruder zu laufen droht. Doch am Ende rinnt alles gut ineinander, alles ordnet sich gemäß der jeweiligen Gewichtung ein, über und unter, positive Botschaft über alles, Frieden für alle. Wohl an.
Letztlich ist der historisch interessante Amsterdam ein dicht verwobenes Krimistück mit passendem Galgenhumor, einem richtigen Maß an wärmender Zärtlichkeit, voll von strittiger Freund- wie Feindschaft. Verwunderlich bleibt die herbe Rezeption, denn die verzeihliche Überlange und der blumige Schlussstrich sind immer noch viel erträglicher als der Großteil des aktuellen Outputs in der Film- und Serienlandschaft. Den Schiffbruch hat der Film nicht verdient. Vielleicht hätte man auf Seiten der Produzenten nicht kurz vor den Oscars damit auftauchen sollen, trotz der Beteiligten, denn der Film bedient und vereint so viel unterschiedliche Qualitäten, dass er außer Konkurrenz und mit anderem Startdatum vielleicht nicht derart von seiner Konkurrenz erschlagen worden wäre. Aber das sind alles nur Vermutungen und Indizien. Jedenfalls ein großer Film, der vielleicht doch noch Beachtung bekommt.
Kommentare
31.01.2023 17:01 Uhr - cecil b |
|
31.01.2023 18:23 Uhr - lamb |
|
![]() ![]() ![]() |
Vielen Dank, cecil.
|
Um Kommentare auf Schnittberichte.com veröffentlichen zu können, müssen Sie sich bei uns registrieren.

