" In dem sagenumwobenen Land Prydain lebte einst ein König, der war so böse und so grausam, dass sich selbst die Götter vor ihm fürchteten. Weil man ihn in keinem Gefängnis halten konnte, wurde er bei lebendigem Leibe in einen Schmelztiegel mit flüssigem Eisen geworfen. Darin wurde sein dämonischer Geist gefangen gehalten und nahm die Form eines großen, schwarzen Zauberkessels an. Unzählige Jahre blieb der schwarze Zauberkessel verborgen, immer wieder suchten böse, gottlose Menschen nach ihm, weil sie wussten, wer auch immer ihn besitzt, hat die Macht eine Armee von unverwundbaren Kriegern aufzustellen, um damit die Welt zu regieren "
Im Alltag unserer Kinder spielen sie eine wichtige Rolle: die Helden. Im Spiel schlüpfen die Kinder in die Rolle ihres Helden und identifizieren sich mit ihm, denn diese sind ungemein wichtig, da Kinder sich Helden bzw. Vorbilder suchen, in denen sie sich wiedererkennen oder die ihnen helfen, über sich hinauszuwachsen. Indem Kinder in die Rolle ihres Helden schlüpfen, können sie sich mit belastenden Alltagssituationen sowie mit inneren Konflikten auseinandersetzen und sie evtl. sogar aufarbeiten. Eigene Gefühle können besser verstanden werden. Helden machen Mut, sie zeigen Lösungswege auf, die sich irgendwie auch aufs eigene Leben übertragen lassen und beim Weg zum Erwachsenwerden helfen können.
Regisseur Ted Berman, der schon die Disney - Werke " Dornröschen " (1959) und " Bernhard & Bianca - Die Mäusepolizei " (1979) erschuf, brachte 1985 zusammen mit Richard Rich, welcher später für Kinderfilme wie " Der König und Ich " (1999) oder " The Scarecrow " (2000) verantwortlich zeichnen sollte, den Zeichentrickfilm " Taran und der Zauberkessel " hervor. Es ist ein Film, der auf den sogenannten " Chroniken von Prydain " basiert, einer Buchreihe von Lloyd Alexander, der zu dem vorliegenden Film auch das Drehbuch verfasste, zusammen mit David Jonas. Dabei dürfte " Taran und der Zauberkessel " sich gerade bei Jungs größter Beliebtheit erfreuen, zieht doch hier ein junger Held mit einem magischen Schwert in die Schlacht, um seine Freunde und letzten Endes sogar die Welt zu retten.
Inhaltlich geht es dabei um den jungen Hilfsschweinehirten Taran, der in der Phantasiewelt Prydain lebt und sich in Tagträume flüchtet, in denen er ein großer Krieger ist, der die Welt von allem Bösen befreit und daraufhin als Held gefeiert und verehrt wird. Was Taran allerdings nicht ahnt, ist, dass das weissagende Schwein Hen Wen in großer Gefahr ist, denn der Gehörnte König will seine Gabe nutzen, um den Schwarzen Zauberkessel zu finden, mit dem er eine Armee von toten Kriegern auferstehen lassen will, um Prydain und die ganze Welt zu beherrschen. Als Hen Wen entführt wird, macht sich Taran auf zur Burg des Gehörnten Königs und damit beginnt das größte und gefährlichste Abenteuer seines Lebens.
Was bin ich nicht als Kind begeistert und fasziniert von diesem Werk gewesen und klebte mit offenem Mund an dem Bildschirm, über den eine Heldensage flimmerte, die einem Epos gleichzusetzen ist und aus dem Staunen kam ich gar nicht mehr heraus. Wer träumte nicht davon, ein Held zu sein, von den Massen geliebt und bejubelt zu werden, Respekt und Ansehen zu genießen und, vermutlich aber erst in einigen Jahren, das Herz des hübschen Fräuleins zu erobern ?! Wenn Taran mit einem Stock als Schwert die Enten jagt, von einem Ziegenbock dann allerdings in eine Schlammpfütze gestoßen wird, dann habe ich damals herzhaft gelacht und auch heutzutage weiß mir solch eine Szene noch so manchen Schmunzler abzuringen.
Seine Chance auf einen Kampf gegen das pure Böse, manifestiert in der Figur des Gehörnten Königs, soll Taran noch früh genug erhalten, als Hen Wen von den Drachen des Königs entführt und zu seiner Burg gebracht wird. Besonders gelungen ist hier das Farbspiel von den bunten und fröhlichen Wäldern Prydains, die vor Harmonie nur so strotzen, und der Angst und Schrecken verbreitenden Kulisse des Unterschlupfs des Gehörnten Königs. In dunkle, satte Farben von Rot, Grün, Lila und Orange ist dieser Teil Prydains getaucht und wenn sich die Teufelsburg aus dem Nebel erhebt, umringt von zahlreichen Blitzen, Donner und all den erdenklichen Schrecken und Gefahren, die man mit diesem grauenhaften Ort in Verbindung bringt, dann nahm mich das Dargebotene regelrecht gefangen.
Kaum hinzusehen, geschweige denn zu atmen wagte ich jedoch, als der Gehörnte König selbst erschien. Ein Mischung aus Skelett und Mumie, die in einen rot - braunen verschlissenen Umhang gehüllt ist, mit tiefer dunkler Stimme spricht und dabei seine knochigen Finger und Krallen nach der unvorstellbaren Macht des Schwarzen Zauberkessels ausstreckt. Solche Szenen gewinnen noch mehr an Tiefe und Ehrfurcht durch die absolut packende musikalische Untermalung des Komponisten Elmer Bernstein, der schon Spielfilme wie " Die Glücksritter " (1983) oder aber " Ghostbusters - Die Geisterjäger " (1984) vertonte. Die Furcht dürfte gerade den kleinen Zuschauern merklich in die Glieder fahren und für die ganz kleinen Gäste könnte dieses Abenteuer mitunter sogar zu gruselig sein. Interessant ist dabei, dass vor der geplanten Veröffentlichung etliche Minuten herausgeschnitten wurden, da der damalige neue Vorsitzende der Walt Disney Studios, Jeffrey Katzenberg, die ursprüngliche Version viel zu gruselig und zu brutal empfand, um diese ganz jungen Zuschauern zumuten zu können. Eine ungeschnittene Version gibt es bis heute nicht, und in den Besitz dieser zu gelangen dürfte sich ebenso aussichtslos erweisen, wie den Original - Cut von beispielsweise " Event Horizon - Am Rande des Universums " (1997) zu erhalten, dies nur mal nebenbei erwähnt.
Natürlich bestreitet Taran sein Abenteuer nicht allein, sondern bekommt noch die Prinzessin Eilonwy an die Seite gestellt, den Barden Fflewddur, und den heimlichen Star dieses Quartetts, einen kleinen lustigen Kerl namens Gurgi, der einer Mischung aus Hund und Troll gleicht. Dieses putzige kleine Tierchen ist immer auf der Suche nach einem " Lecker - Schmeckerchen ", verkriecht sich aber nur zu gerne, sobald es brenzlig wird, doch entpuppt sich noch als echter Freund für Taran. Prinzessin Eilonwy ist stur, zunächst arrogant und plappert wie ein Wasserfall. Es dauert etwas, bis sich Taran und sie aneinander gewöhnen und wer weiß, vielleicht empfinden beide ja doch noch mehr füreinander als sie zuzugeben bereit sind. Fflewddur ist ein alter, liebenswerter Tollpatsch, dessen Harfe ihm buchstäblich die Meinung geigt, sollte er sich verbal einmal im Ton vergreifen oder seine Worte nicht ganz der Wahrheit entsprechen.
Erwähnen möchte ich zudem noch, dass " Taran und der Zauberkessel " der erste Disneyfilm ist, in dem nicht gesungen wird, was zum düsteren Grundton auch nicht passen würde und dieses Werk ist auch der erste Film der Zeichentrickgeschichte, in dem computergenerierte Szenen und Dolby - Stereo - Ton eingesetzt wurden, was besonders imposant bei der Vorstellung des Schwarzen Zauberkessels und seiner Kräfte zur Geltung kommt.
Mehr möchte ich von diesem Meisterwerk nun aber nicht verraten, obwohl ohnehin jeder diesen Titel bereits kennen dürfte. Jedenfalls gehört " Taran und der Zauberkessel " zu meinen liebsten Walt Disney Verfilmungen überhaupt und ich schaue mir diesen immer wieder gerne an. Eine wahnsinnig tolle und packende Geschichte wird hier erzählt, die für ganz junge Zuschauer aber durchaus etwas zu gruselig sein dürfte, selbst bei einer Freigabe ab 6 Jahren, obwohl die Kinder von heute wahrscheinlich schon ganz andere Dinge gesehen haben. Darüber hinaus wird eine vorzügliche Synchronisation geboten, mit absolut perfekt auf die jeweiligen Charaktere abgestimmten Sprechern, die man noch aus diversen Hörbüchern für Kinder in Erinnerung behalten soll. Auch Aspekte wie der Verzicht auf materielle Güter, um der Freundschaft willen sowie Opferbereitschaft und Liebe finden hier großen Anklang und sind natürlich kindgerecht aufbereitet worden. Ein durch und durch großartiger Film, der das Prädikat des perfekten Disneyfilms mit Stolz und Würde tragen kann.
10/10