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Organ

Originaltitel: Orugan

Herstellungsland:Japan (1996)
Genre:Horror, Thriller
Alternativtitel:Orugan'aruteimet suto
Orugan'aruthimettoedhi shon
Bewertung unserer Besucher:
Note: 6,14 (7 Stimmen) Details

Inhaltsangabe:

Tokio 1996: Die beiden Polizisten Numata und Tosaka schleichen sich in eine Untergrundorganisation ein, die mit menschlichen Organen handelt.
Doch ihr Plan endet in einer Katastrophe, als sie eine Razzia im medizinischen Hauptquatier der Gruppe durchführen: Numata kann entkommen, wohingegen Tosaka verwundet zurückbleiben muss. (Shock Entertainment DVD-Cover)

eine kritik von dicker hund:

"Organ" ist ein Japan-Exot aus dem Jahr 1996, der irgendwo zwischen Bodyhorror und Gangsterthriller eingeordnet sei. Dass eine weibliche Regie in diesen Gefilden hervorgehoben werden kann, kommt so oft nun auch nicht vor. Kei Fujiwara hat in "Tetsuo" mitgespielt, was in puncto "unansehnliche Veränderungen am menschlichen Körper" nicht frei von Parallelen zu dem hier besprochenen Werk ist. Die Kategorie style over substance hat es ebenfalls mit Tsukamotos 1989er Arbeit gemein.

So wird in performativer Hinsicht einiges geboten: Blechern dröhnende Drums gehen zu dissonanten Elektro-Jingles und weiteren Geräuschirritationen über. Düstere Umgebungen lassen auf Licht hoffen, nur um diesen Wunsch durch blendend kalte Leuchten gleich wieder erlöschen zu lassen. Alufolie wickelt Menschen gerade so ein, als wäre eine Riesenspinne an ihnen zugange gewesen. Sekrete mit suspekter Färbung treten aus Geschwüren aus, die "Mermaid in a Manhole" alle Ehre machen. Personen finden sich in bizarren Kokons oder gewächshausartigen Kapseln wieder, wo sie ihre Gliedmaßen vermissen. Wow.

"Es ist die Hölle, geboren zu werden."

Dennoch wird viel gesprochen, zu viel, als dass die Untertitellektüre der Japan-Shock-DVD nicht irgendwann ermüden würde. Die Sprache hört sich im Originalton seltsam bedrohlich und fetischhaft zugleich an. Debil kichernde Ganoven geben da unangenehme Sprüche von sich, ausgerüstet mit weit geschnittenen Hemden, protzigem Goldschmuck und unheilvoll konnotierten Augenklappen. Dadurch strahlen sie ihre stete Bereitschaft zur Gewalt (5/10) aus, die durch den Einsatz des Offscreens ungewöhnlich ausgewogen dosiert ist. Szenen wie eine traumatische Kindheitserinnerung mit Genitalverletzung wären ohne diese Zurückhaltung sicherlich tief im Sickolevel fortgeschritten. Schon so wirken sie reichlich krank, sind Teil des aufdringlichen Horrors (7/10). Solcher schlägt voll zu Buche, wenn die Organmafia am Seziertisch wütet, auf dem es jetzt nicht gerade hygienisch zugeht.

Auf Darstellerseite ist es nicht leicht, Wertungen zu treffen, obwohl mit Gesichtern wie Shun Sugata ("Kill Bill") durchaus nennenswerter Cast vorhanden ist. Ihre schablonenhaften Figuren bleiben aber eine Charakterisierung schuldig. Manchmal verwirren sie dafür mit kuriosem Sex (4/10), bei dem Verschrobenheit vor Einvernehmen und Erotik steht. Der inkonsistente Erzählstil verliert sich dabei immer wieder in einem Plot mit ambivalenten Polizisten und bösen Yakuza, weil Motive wie Mutationen, Krankheit, Drogen und Ausbeutung halt auch noch irgendwie hineingequetscht werden sollen, ohne diese Überdosis mit Humor (1/10) ironisieren zu wollen.

Nach alledem geht "Organ" auf seine eigenwillige Art schon in Ordnung (6/10 Punkten). Ihm mangelt es weder an Einfallsreichtum, noch an handwerklichem Können. Wer allerdings schon von Argentos wilderen Arbeiten gestresst ist, wird an diesem schrillen Erlebnis wenig Freude haben. Der Maestro sieht im Vergleich hierzu wie ein Profi im konsistenten Geschichtenerzählen aus. Harmlos geht ebenfalls anders: Was die FSK hierzu sagen würde, ist bislang unbekannt.

6/10
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Kommentare

04.06.2023 19:58 Uhr - cecil b
1x
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Mal wieder verdammt geil geschrieben. Man verzeihe mir den Jargon.

Es ist schon vonnöten, ein wenig in Sachen alternative Filme bewandert zu sein, um deiner Review komplett folgen zu können. Allerdings gehe ich davon aus, dass das für Interessenten kein Problem ist. ;) Andere werden erahnen, dass sie dieses Organ nicht sehen wollen.

04.06.2023 20:31 Uhr - dicker Hund
1x
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Danke lieber Cecil. Wer sich in abseitigen Gefilden nicht auskennt, wird wahrscheinlich gar nicht erst auf "Organ" stoßen. Unerfahrene Interessenten könnten sich der Materie des Organhandels vielleicht mit dem deutlich zugänglicheren (und meiner Meinung nach auch wesentlich besseren) "Sympathy for Mr. Vengeance" annähern.

05.06.2023 09:22 Uhr - Kassiopeia
2x
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Das Thema ist mir nicht fremd und erinnert mich an Extrem... Mit allen Mitteln. Ich mag aber keine Untertitel, da ich mich dann nicht auf den Film konzentrieren kann. Bei einer deutschsprachigen Veröffentlichung hätte ich durchaus Interesse, solange es nicht zu extrem wird. Es ist immer wieder toll, sich hier Anregungen zu mir völlig unbekannten Filmen zu holen. Danke für diese Vorstellung, dicker Hund.

05.06.2023 11:20 Uhr - Chímaira
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Bei dem Film musste ich zwei Punkte abziehen. Teilweise war mir der Film einfach zu wirsch, sodass ich ihm kaum etwas abgewinnen konnte. Die Atmosphäre ist, wie Du sehr passend beschreibst, recht düster. Das hat mir am meisten zugesagt. Die Effekte sind ebenfalls sehr gelungen. Du bringst alles gekonnt auf den Punkt. Danke für die Vorstellung :)

05.06.2023 15:41 Uhr - cecil b
1x
Moderator
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dicker Hund:
Yeap.

Sympathy for Mr. Vengeance ist auch keine leichte Kost, aber bestimmt bekömmlicher. Und unfassbar kunstvoll.

05.06.2023 20:01 Uhr - dicker Hund
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@Kassiopeia
In einer deutschen Synchro-Fassung würde wahrscheinlich viel von der exotisch-düsteren Atmosphäre entweichen. Daher empfand ich die Untertitel als notwendiges Übel. Eine Wertung von 6 Punkten ist eher eine freundliche Randnotiz für vielkonsumierende Genreliebhaber als eine Empfehlung. In Deinem Fall würde es mich ein bisschen wundern, wenn "Organ" Deinen Geschmack treffen würde.

@Chimaira
Du wärst wahrscheinlich nicht so gnädig, einem "Violent Shit 3" oder einem "Diamonds of Kilimandjaro" noch 4 Punkte zu geben. Daher sind wir womöglich gar nicht so weit auseinander.
;-)

05.06.2023 20:55 Uhr - The Machinist
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Bei der Bewertung gehe ich mit. Hatte anfangs richtig viel Potenzial, in der Mitte hatte er mich aber irgendwann verloren. Die Atmosphäre ist aber richtig stark wie du schon angemerkt hast und ansonsten sind mir davon einige Fetzen im Kopf hängen geblieben (Stichwort: Kokon), und ich schaue echt viel von dem Zeug.
An und für sich schon sehenswert für cineastische Raritätenjäger, aber am Ende des Tages schaue ich dann doch lieber Tsukamoto, oder einen guten Cronenberg.

06.06.2023 17:29 Uhr - dicker Hund
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@Machinist
Ich mische die großen Namen gerne mit Raritäten durch. Für solche Zwecke war mir "Organ" gerade recht.

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