Es gibt doch nichts schöneres als die Begeisterungsfähigkeit eines Kindes... Nachdem wir neulich beim Familienabend den Animationsfilm Die Häschenschule 2 - Der große Eierklau (2021) angesehen hatten, war es um meine Tochter (4) geschehen, sie verliebte sich Hals über Kopf in die niedlich animierten Hasen und fragt einem jeden Tag Löcher in den Bauch, wann sie den wieder Häschenschule gucken darf. Da bei Amazon Prime nun auch der erste Teil im Programm ist, kam am letzten Samstag Die Häschenschule - Jagd nach dem goldenen Ei an die Reihe. Natürlich war der Nachwuchs auch wieder bei der Sichtung dabei. Während uns Erwachsenen auffiel, dass die Handlung der beiden Filme im Prinzip fast ein und die selbe ist, hat sich das Kind wie es zu erwarten war nicht mehr eingekriegt vor Lachen. Ihr gefallen beide Abenteuer des mutigen Großstadthäschen Max ungefähr gleich. Dieser kompetent fachlichen Einschätzung kann auch ich mich in ungefähr anschließen, wobei ich das Original leicht vorne sehe, da hier die Macher doch die ein oder andere Überraschung mehr eingebaut haben.
Der Film hatte seine Weltpremiere auf den 67. internationalen Filmfestspielen von Berlin im Februar 2017. Wie seine Fortsetzung wurde auch er in Deutschland produziert und basiert ebenfalls auf Albert Sixtus Kinderbuch Die Häschenschule aus dem Jahr 1924. Die Inszenierung geht auf die Kappe von Ute von Münchow-Pohl. Katja Grübel und Dagmar Rehbinder verfassten das Drehbuch, welches den Hasenjungen Max in den Mittelpunkt stellt, der in der Stadt wohnt und ein Gang-Mitglied der Wahnsinns-Hasen werden möchte. Nach einer versehentlichen Bruchlandung in einer altmodischen Osterhasenschule steckt Max dort fest, da die Einrichtung von einer Horde böswilliger Füchse bedroht wird. Mit Hilfe seiner Freundin Emmi und den anderen Häschen versucht Max ein Meister-Hase zu werden und die Schule sowie das goldene Ei, welches den Häschen ihre Superkräfte verleiht, vor den bösartigen Füchsen zu retten....
Ich weiß natürlich nicht, ob sich Häschenschulen Schöpfer Albert Sixtus im Grabe umdrehen würde, wenn er die modernisierte Interpretation seiner Geschichte zu Gesicht bekäme, da der altertümliche Charme und der Charakter des Kinderbuches bestenfalls nur noch bedingt vermittelt wird. Andererseits waren Modernisierungen unausweichlich, um in der heutigen Zeit zu funktionieren. So hat man sich auf einen Kompromiss geeinigt, mit dem wahrscheinlich jeder Leben kann. Die CGI Animationen der Figuren wurden bewusst etwas eckig und kantig gestaltet, um ein gewisses antikes Antlitz zu wahren, anderseits kann man mit der hippen Hauptfigur, den phantastischen Superkräfte-Ausführungen und der aktuellen Technik wie Smartphones, Selfiestick und fliegende Drohnen genug zeitaktuellen Fortschritt entdecken, so dass die Mischung zwischen alt und neu durchaus sympathisch gelungen ist. Wie schon beim ähnlich animierten Nachfolger, sind die tierischen Charaktere wie Häschen, Hühner und Füchse modisch aufgepeppt worden, im gleichen Atemzug sind sie aber auch farbenfroh, liebevoll und charmant gestaltet, was ebenfalls für die beiden unterschiedlichen Hauptschauplätze gilt, für die Großstadt und für die titelgebende, ländliche, idyllische, verträumte Häschenschule.
Ansonsten kann die Geschichte um das tapfere und liebenswürdige Großstadthäschen Max über die volle Distanz unterhalten. Im Gegensatz zum von mir ebenfalls besprochenen Nachfolger haben die beiden Drehbuchautoren ein bis zwei interessante Wendungen eingebaut, was den Unterhaltungswert für ältere Zuschauer auch spürbar erhöht. Die Ausrichtung des Plots ist jedoch auch auf die Bedürfnisse der primären Zielgruppe, sprich Kinder von 4 bis 10 Jahren, abgestimmt. So gibt es eine klare Aufteilung mit einer einfachen gut-böse Unterscheidung und märchenhaften Grundzügen. Die herzallerliebsten, zuckersüßen Häschen mit den Superkräften müssen sich gegen die hinterlistigen, bösen, wenn auch strunzdummen Füchse zur Wehr setzten, damit Ostern nicht in Gefahr gerät und der Weltfrieden erhalten bleibt. Zudem setzt die Häschenschule auf eine eindeutige Differenzierung zwischen den gesellschaftlichen Klischees wie "Landei" oder dem "Großstadtchecker", worauf im Prinzip das elementare Storygerüst aufgebaut ist. Natürlich kommt auch der Humor nicht zu kurz, so dass es viele witzige Szenen gibt und die Handlung stets völlig gewaltfrei mit einem sympathischen Augenzwinkern vorgetragen wird.
Wie es in medialer Kinderunterhaltung gang und gäbe ist, versucht man den Kleinen auch moralische Botschaften mit auf den Weg zu geben, so dass die Kinder im übertragenen Sinne "spielend lernen" und die Häschenschule nicht nur für die knuffigen Langohren im Film beibringenden Charakter hat. Es werden positive Eigenschaften, beispielsweise Freundschaft, Hilfsbereitschaft oder Mut genauso angesprochen wie negative Charakterzüge wie Egoismus, Habgier und Hochnäsigkeit, in dem die Figuren unterschiedlich handeln und dann die Konsequenzen davon tragen müssen. Die Jungs und Mädchen sehen was passiert, wenn man sich dementsprechend verhält. Zudem bekommen die kleinsten Zuschauer mit dem angehenden Osterhasen Max ihren schätzungsweise ersten Superhelden im Leben serviert, der mit seiner liebenswerten Art und seinen heldenhaften Eigenschaften eine Vorbildfunktion einnehmen kann, die auch aus der Sicht von uns Eltern in Ordnung geht und die kindliche Entwicklung nicht negativ beeinträchtigt.
Was gibt es außer den sympathischen, deutschen Synchronstimmen von Noah Levi, Senta Berger und Co., welche die liebenswerte Individualität der Figuren hervorragend unterstreichen, noch Erwähnenswertes zur Häschenschule zu sagen? Wenn meine Tochter schreiben könnte, würde sie die beiden verträumten und poppigen Filmsongs Wir malen die Welt bunt und Hier will ich bleiben von Noah Levi hervorheben, die ich ihr auf ihre Toniebox spielen musste, damit sie die Lieder rauf und runter hören kann. Aus bewertungstechnischer Sicht sollten auch die überwiegend positiven Resonanzen in der Fachpresse nicht verschwiegen werden, so befand die Deutsche Film- und Medienbewertung den Film mit folgendem Fazit als besonders wertvoll: "Der dramaturgische Kniff, dass ein cooler Stadthase, der so gerne auch in einer Stadtgang mitmischen möchte, zum Retter der Häschenschule wird, gibt den bildlichen Kontrast zwischen Großstadt und idyllischem Waldleben. Dass auch die Häschenschule sich etwas verändert hat, angereichert durch ein kletterwaldähnliches Trainingscamp und durch Unterrichtsergänzung neben dem Ostereiermalen in Karate und Meditation, passt wunderbar und stellt das ursprüngliche Thema der Häschenschule dennoch nicht komplett in Frage“. Besser hätte es ich auch nicht ausdrücken können. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als mich diesen Worten anzuschließen, so dass die Häschenschule von mir eine klare Empfehlung zugeteilt bekommt. MovieStar Wertung: 8 von 10 Punkte.
8/10