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Die phantastische Reise ins Jenseits

Originaltitel: Lady in White

Herstellungsland:USA (1988)
Standard-Freigabe:FSK 16
Genre:Horror, Fantasy, Thriller, Mystery
Alternativtitel:Mystery of the Lady in White, The
Bewertung unserer Besucher:
Note: 7,89 (9 Stimmen) Details

Inhaltsangabe:

Willowpoint Falls ist ein verschlafenes amerikanisches Städtchen. Dort lebt der kleine Frankie Scarlatti zusammen mit seinem Vater, seinem Bruder, den Großeltern und dem 'Onkel', ein Freund der Familie. Eines Nachts, als Frankie die geisterhafte Erscheinung des ermordeten kleinen Mädchens Melissa sieht, gerät er in einen Sog aus Verbrechen. Unvermittelt wird Frankie in ein lebensgefährliches und dramatisches Abenteuer verstrickt. Er begibt sich auf die Suche nach der 'Frau in Weiß', die vor Ort spuken soll, um den rätselhaften Mörder zu entlarven. (Highlight Video VHS-Cover)

eine kritik von cecil b:

 

                             HORROR AUS DER SICHT EINES KINDES. FANTASIE UND WAHRE BEGEBENHEITEN. 

                                      Mord, Nahtoderfahrung, Kindsmord und Selbstmord als ein Teufelskreis.

LADY IN WHITE ist malerisch. Ein bewegliches Bilderbuch, das oberflächlich gesehen für junge Menschen gedacht sein könnte, und eine Rückkehr von Edgar Alan Poes finsterem Symbolismus sowie Goethes FAUST. Mehrere Ebenen überlappen sich. Sie haben ihren Ursprung in der Realität und wurden in eine komplexe Konstruktion umgewandelt. Einer der wenigen Filme, bei dem der deutsche Titel hervorragend ist. Das ist eine phantastische Reise ins Jenseits, darum geht es. Auch. Verweigert sich jemand der kindlichen Perspektive, die überwiegt, und nur zum Teil wörtlich zu nehmen ist, verhindert diese Blockade garantiert den Zugang zum Werk. Diesen Gedanken musste ich mir immerwährend vor Augen halten, um das betörende Filmerlebnis nicht einseitig als Edelkitsch herabzusetzen. Das hat dieser visuelle Rausch nämlich nicht verdient. 

 

                                                                                           EIN ZYKLUS

Der Regisseur dieses Films, Frank LaLoggia (Luzifer), nahm für das Drehbuch u. a. Eindrücke aus seiner Kindheit auf. Frankie Scarlatti ist an die Persönlichkeiten des Künstlers und dessen Bruder angelehnt, auch der Vater und die Großeltern der Hauptfigur sind durch die realen Familienmitglieder des Italoamerikaners inspiriert entstanden. LaLoggia gab Kindheitserinnerungen ein neues Gewand, und verfasste gewissermaßen einen Ausgangspunkt, der diesem Prinzip zugrunde liegt. Er ließ es sich nicht nehmen, Frankie im Erwachsenenalter selbst zu spielen. Der erfolgreiche Schriftsteller verweilt zusammen mit einem Taxifahrer auf dem Friedhof von Willowpoint Falls, und erzählt diesem davon, dass ihm einige Namen, die dort auf Grabsteinen stehen, durchaus bekannt sind. Der Fahrer entnimmt den Gesichtszügen der Hauptfigur Wehmut, und spricht davon, dass wohl einige reale Erfahrungen in der gruseligen Kunst des Autors wiederzufinden sind. Dieser widerspricht nicht. Und somit beginnt eine perspektivisch fantasievoll ausgestaltete Reise in die Vergangenheit, hin und wieder angeführt von der durch eine Off-Stimme umgesetzte Erzählperspektive von Herrn Scarlattie. LaLoggia ging es dabei auch um Vergänglichkeit, dem damit verbundenen Verlust, das Loslassen und den Halt innerhalb der Familie. Die Legende von der weißen Frau thematisiert diese Gedanken zum Teil. Sie wird seit dem Spätmittelalter überliefert, und wurde in verschiedenen Ländern variiert. Bei der Frau handelt es sich um einen allegorischen Geist. Ein Anthropomorphismus, eine Todesbotin, oder ein Sinnbild, für das Unerklärliche, in Verbindung mit Trauma und Tod. Die Sage erzählt in einer amerikanischen Variante von einer Frau, die unter dem unerklärlichen Verschwinden ihrer Tochter so leidet, dass sie traumatisiert auch nach dem Tod keine Ruhe findet, und als Geist im weißen Kleid weiter nach ihrem Kind sucht. Der Regisseur wurde durch das THE WHITE LADY'S CASTLE in Rochester, New York, darauf aufmerksam. Die Ruinen eines Hotels, ein Touristenmagnet, denn, der Legende nach spukte oder spukt das berühmte Gespenst dort.  

                                                                                     SELBSTFINDUNG

Flitzen, Frankie und sein großer Bruder mit Fahrrädern über die Straßen, zu Streichen aufgelegt, und selbstverständlich nicht ohne die typische Balgerei, vermischen sich vermutlich schon reale und verklärte Begebenheiten. Erinnerungen und das kindliche Wunschdenken mitsamt der Fantasie eines Künstlers gestalten den Rückblick ebenso glaubhaft wie illusionär. Der Junge lächelt glücklich, wenn seine Geschichten Mitschüler und Mitschülerinnen nahezu hypnotisieren. Das Verhältnis zwischen den Kindern und die Umstände, in denen sie leben, haben etwas Authentisches, und damit Nachvollziehbares. Die aufgedrehte Klassenlehrerin von Frankie, mit der schrägen Brille, oder die Großeltern, die sich immer wieder unterschwellig liebevoll streiten, schrullig bis makaber, das sind hingegen Typen, die vom Autor Roald Dahl (Matilda, Review vorhanden) stammen könnten. Diese humorvolle Komponente scheint mittels Running Gags regelmäßig durch, und betont u. a. die Sympathien, die der Familie gegenüber entstehen sollen, sowie dass sie die Bindungen ihrer Mitglieder stärken. Kinderaugen können dadurch zum Leuchten gebracht werden, allerdings sollten diese auf keinen Fall sehen, wie es weiter geht, obwohl ihnen große Mengen Kunstblut erspart bleiben. Jugendliche und vereinzelnd auch Kinder ab zwölf Jahren werden den Film in der Regel verkraften.   

                                                                      EINE NEUE BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIE

Weil der Protagonist auf einen Streich hereinfällt, ist er die Nacht über in einem Gebäude gefangen, und sieht etwas, das er sich zunächst nicht erklären kann. Der Junge hat keine andere Wahl, ein Mädchen das verschwommen ist, muss eine Geistererscheinung sein. Aber, da ist auch ein Mann aus Fleisch und Blut im Dunkeln. Und der ist sehr gefährlich. Durch die Ereignisse, die dann geschehen, bekommt der Junge einen Einblick in das Jenseits. Dadurch bildet sich in ihm eine Triebkraft aus, begleitet vom Geist des Mädchens, und der Frage danach, wer der Mann ist, der offensichtlich vielen Kindern Schlimmes angetan hat. Frankie weiß, dass er niemanden ohne weiteres sagen kann, was wirklich passiert ist. Dass ihm ein Fremder großes Leid zugefügt hat, ist aber dem ganzen Nest bewusst. Zum einen bedeutet das, dass das Kind nun besonders von seiner Familie umsorgt wird, zum anderen wollen Ortsansässige einen Sündenbock finden, und es gibt nur einen Verdächtigen. Der afroamerikanische Mann ist in den Augen von vielen schnell ein Täter, was auch an dessen Hautfarbe liegt. Das Geschehen rund um den kleinen Protagonisten spielt im Jahre 1962, erst zwei Jahre später wurde die sogenannte Rassentrennung aufgehoben. Für die Bewohner beginnt eine Suche nach der Wahrheit, Frankie durchforstet dafür auch eine Ebene, die außerhalb der Reichweite des üblichen Bewusstseins besteht.   

Vor allem die realistischen Facetten des Films regen die Teilnahme an. Die Tatsache, dass diese teilweise nur im Extended Director's Cut zu sehen sind, unterstreicht meine Empfehlung, sich diesen zuzulegen. Mehrere Generationen kommen zu Wort, und geben wieder, wie vergangene Erfahrungen ihr Leben in der Gegenwart sowie der Zukunft unumgänglich beeinflussen. Letztendlich ist es aber der eigene Wille, der entscheidet, wie ein Mensch damit umgeht. Ein Gespräch zwischen Frankies Vater und dessen Freund Phil (der 'Onkel') entwickelt sich bewegend, in Analogie zu dem Geheimnis des Protagonisten formt sich der Kern des Films interessant. Die Gretchenfrage wird vom Vater erwähnt, und Goethes Synthese, der Entscheidung zwischen Gut und Böse, spiegelt sich im weiteren Verlauf wider. Etappenweise kommt Philosophie zur Sprache, beispielsweise in Szenen, in denen der Junge mit einem älteren Mann über einen Baum an einem Feldweg spricht, der von Generation zu Generation für Menschen von Bedeutung war. Jeder brauche etwas, zum Alleinsein, und wenn es ein riesiger Ast als Sitzgelegenheit ist. Für den einen ein "Glücksbaum", für den anderen ein "Gedankenbaum", um etwas Revue passieren zu lassen. Eine Projektion, der Wunsch nach natürlicher Beständigkeit. Die Symbolik ist insbesondere auf Leben und Tod fokussiert, breitgefächert, christliche Kunst gehört dazu. Täter und Opfer gehen vom Schicksal getrieben auf verschiedenen Wegen aufeinander zu. Der besagte Täter hat viele Leben zerstört, wodurch ein Teufelskreis entstanden ist, weil diverse Verbindungen zu Bruch gegangen sind. So wird auch verdeutlicht, wie wichtig Freunde und Familien sein können. Eine zentrale Stärke des Drehbuchs ist, dass einschneidende Erlebnisse von Frankies Familie vergleichbaren Schicksalsschlägen anderer Figuren gegenübergestellt werden, und ganz anders mit den Herausforderungen umgegangen wird. Frankie wächst daran, und lernt, selbstständig über sein Leben zu entscheiden. Und dafür braucht er Unmengen an Mut, sowie den Glauben an sich selbst. Im Finale ist das schlüssig, dramatisch und ganz bestimmt nicht langweilig, aber, Frankies Fantasie bzw. LaLoggias Kreativität hätten sich gerne etwas zurückhalten können, weniger wäre mehr gewesen. Die aufwendig gestalteten Bilder sind trotzdem eine Wucht. 

Die Zyklen sowie der Dualismus führen mehrere Erzählstränge zusammen, und DeLoggia hat auch dramaturgisch und somit inszenatorisch alle Aspekte berücksichtigt. Es beginnt im Herbst, kurz vor Halloween, die Farben der Natur glänzen, und Frankie kann es gar nicht erwarten, ein Vampir zu sein. Ein weiteres Mal beeindruckt LaLoggias Herzblut, er arrangierte das Schaffen von 27 Musikern und Musikerinnen mit dem richtigen Gespür. Würde ich Instrumente aufzählen, wäre die Liste klein, mit denen, die nicht gespielt worden sind. Passend zur aufkommenden Süßes oder Saures-Stimmung der Kinder, ist die Musik schnell und fröhlich, die Lichter und Farben sind Vorfreude auf viel zu viele Süßigkeiten im bunten Papier. Die Halbtotale und die Totale fassen Gruppen harmonisch zusammen, wie die langen Einstellungen, die erkennen lassen, dass Kameramann Russell Carpenter (Oscar für Titanic) ein Meister seines Fachs ist. Die Kamerafahrten sind immer einfallsreich und erstklassig. Mit Cutter Steve Mann (Letters from Iwo Jima) hatte LaLoggia auch eine gute Wahl, die dabei half, das Dorfleben lebendig darzustellen. Frankies Leben erscheint nahezu greifbar, trotz der verspielten Akzente. Wären die lieblichen Eindrücke nicht so wie sie sind, dann könnte der Einbruch nicht kraftvoll und finster genug sein. Die herausragende Beleuchtung meisterte alle Tages - und Nachtzeiten, und LaLoggias Idee, Frankie in eine dunkle Ecke direkt neben dem Mondlicht vor den Täter zu setzten, sollte bewundert werden. Unbedingt sehenswert ist auch der schneeweiße Winter, der die nächste Phase der Katharsis vor Weihnachten einleitet. Die biblische Parallele bekommt dann eine Kontur. Innenräume mit einem goldenen Licht und schwarzen Schatten sind stimmungsvoll, schon Kunstwerke für sich, aber die Szenerie zwischen Diesseits und Jenseits ist ein surrealer Anblick, bei dem die Kinnlade runterfallen kann. Meine Augen wollten so schnell wie möglich alles erhaschen. Ein kleiner Einblick. Melissa und Frankie reichen sich auf einem Friedhof die Hände, Kirschblüten segeln auf Grabsteine herab, im Hintergrund ist ein verschneites Gebirge, das nicht weniger schön ist, nur, weil es gemalt worden ist. Stöbern junge Menschen in Wäldern und fremden Häusern, ist die Ästhetik, die Tim Burton bestimmt gefällt, genau richtig. Der Regisseur wusste, wo Spinnweben und Totholz hingehören, sowie wann und wie Instrumente den Grusel übersetzen müssen. Und mit dem Blick eines Kindes hinauf zu der Frau im weißen Kleid beginnt ebenfalls ein hübscher Albtraum. Die etwas angestaubten Effekte werden nicht jedermanns Sache sein.  

Auch die Besetzung ist exquisit. Lukas Haas (Inception) hätte sicherlich die Hauptrolle in E. T. ausfüllen können. Seine großen Augen fingen Angst, die Liebe zu seiner Familie, seinen Wunsch, das Richtige zu tun, sowie die ausgeprägte Beobachtungsgabe vortrefflich ein. Und das mit zwölf Jahren. Alex Rocco (†  2015, Scammerhead) agierte als Vater mindestens auf Augenhöhe. Kommen ihm Tränen in die Augen, müssen Eltern auch mit einem Kloß im Hals rechnen. Jason Presson (Explorers) gab einen großen Bruder, der gerne den kleinen ärgert, aber eigentlich nur alles Gute wünscht, hervorragend. Len Cariou (About Schmidt) spielte mit dem 'Onkel' eine vielseitige und überaus wichtige Figur überzeugend. Ein Mädchen, das leidet, ein gutes Herz hat, dessen Körper tot, und Seele lebendig ist, das schafft nicht jeder darzustellen. Joelle Jacobi (TV-Serie: Lifestories) hat den Geist mit Bravour umgesetzt. Karen Powell (Another Life) ist die Frau im weißen Kleid. Wie bei so vielen Figuren, frage ich mich, ob Stephen King diese LaLoggia zugespielt hat. Ich denke, dass beide Brüder im Geiste sind. Friedhof der Kuscheltiere, Stand by me, oder Aussagen in der Doku Das notwendige Böse (Review vorhanden) begründen meine Aussage. Jedenfalls sind die Akteurin und ihre tragische Figur wunderbarer Horror, nur positiv gemeint. Umwerfend gut war Lucy Lee Flippin (Der Stadtneurotiker), die ausgeflippte Lehrerin. Die Großeltern wurden toll von Renata Vanni (†  2004, Fatso) und Angelo Bertolini: († 1995, Homer und Eddie) dargeboten. 

Man muss aufgeschlossen sein, um die Mischung aus Abenteuer - und Horrorfilm mögen zu können. Der aufwendige Film hat in jedem Fall Anerkennung verdient. 

 

 

 

TRIVIA:

Emily Tracy (Der einzige Zeuge) spielte die Mutter von Frankie in einem Rückblick. Im realen Leben ist sie auch die Mutter von Lukas Haas!  

Frankies Halloween-Maske wurde für den Film hergestellt, sie soll Bela Lugosis Verkörperung von Dracula darstellen.

 

 

8/10
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Kommentare

05.06.2023 15:53 Uhr - sonyericssohn
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Oh je, den kenn ich noch aus meinen Besuchen in der Videothek. Aber gesehen hab ich den nie.
Klingt nach einem feinen T(r)ip. Merci.

05.06.2023 16:14 Uhr - cecil b
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Gern geschehen.

Was Filme angeht, die zeigen, wie ein Kind gezwungenermaßen lernt, mit dem Tod umzugehen, ist für mich PONETTE ungeschlagen. Review vorhanden.

Aber LADY IN WHITE ist sehenswert. Humor, Abenteuer, Horror und tiefsinnige Themen zu verbinden ist gewiss nicht leicht.

Ein bisschen so, als ob dich jemand mit Samthandschuhen an ein schwieriges Thema heranführt, dir eine überraschende Backpfeife verpasst, und am Ende mit einem Lächeln auf die Schulter klopft, und sagt: Vergiss die schönen Seiten des Lebens nicht.

Ein visuelles Meisterwerk ist das ganz bestimmt.

WARNUNG: Nicht den Trailer auf der imdb schauen! Der verrät die Hälfte.

Und, obwohl ich ja einiges preisgegeben habe, da gibt es noch seeeeehr viel zu entdecken. Und, wer will, kann das Hirn fordern.

05.06.2023 21:17 Uhr - dicker Hund
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Deine im besten Sinne des Wortes ambitionierte Kritik fordert das Hirn ebenfalls. Schön, wenn die Regie im makaberen Sektor weiß, wo Spinnweben hingehören. Ob ich im Filmdschungel eines Tages auf die Frau in Weiß treffen werde, wird sich zeigen. Schaden würde es wohl nicht.

06.06.2023 01:41 Uhr - Dissection78
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Toll, toll, toll! Das ist einer jener Filme, die ich mir gerne (aber nicht ausschließlich) zu Halloween gebe. Von dem hatte ich vor über dreißig Jahren eine gekürzte VHS. Inzwischen kenne ich den Unrated Director's Cut.

Hast Du sehr fein eingefangen, den Geist des Films. Auch das 'imaginäre' Band zwischen dem Geschehen auf der Leinwand / dem Bildschirm und der famos in Szene gesetzten Natur gefällt mir sehr. Und das Einbinden von Sagen mit 'Weißen Frauen' finde ich gleichermaßen interessant. Irgendwo habe ich ein Buch, in dem alte Legenden deutscher bzw. europäischer Folklore gesammelt wurden. Dort sind auch diverse Mythen jener Damen beschrieben, von denen es gar nicht mal so wenige gibt, sowohl in Europa als auch in den USA.

Jedenfalls ist "Die phantastische Reise ins Jenseits" ein exzellentes Werk. Irgendwie sehe ich den inzwischen als Variante von Philip Ridleys "Schrei in der Stille" bzw. ist's ja eher andersrum, da Ridleys Film zwei Jahre später herauskam. Die Parallelen hatte ich allerdings nie beim Schauen der jeweiligen Streifen, sondern sie bildeten erst viel später in meinen Gedanken. Stephen King passt natürlich auch ;)

06.06.2023 15:43 Uhr - cecil b
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dicker Hund: Danke dir! :)

Wenn der mal im TV kommt, kannst du ja mal eine Sehprobe machen. Falls du merkst, dass der dich anspricht, solltest du zur längsten Fassung greifen! Zumindest zum Directors Cut. Dann wird der Film viel gehaltvoller. Allerdings sind dann einige Szenen nicht synchronisiert, da müssen Englischkenntnisse und Untertitel reichen.

Dissection78: Zunächst muss ich mich bei dir einmal für diesen Kommentar bedanken, aber auch für deinen Tipp, ALICE, SWEET ALICE zu schauen, den ich vor kurzem besprochen habe! Sehr geiler Horror!!! Zwar mit Ecken und Kanten, aber auch daher außergewöhnlich. Und das kann man auch ähnlich über die Lady in Weiß sagen.

LADY IN WHITE ist mutig. Nicht einfach, und ich kann verstehen, wenn man den für kitschig hält. Aber, ich denke jeder muss zugeben, dass der meisterhaft inszeniert worden ist, auch mit den altertümlichen Effekten der Geister. Ich finde sogar, dass die Gespenster gut zu dem passen, was sich ein Kind wohl unter denen vorstellt.

Ansonsten muss ich sagen, dass das ein sehr gehaltvoller Film ist, der einen kleinen Klassiker-Status verdient hat. Als ob sich Steven Spielberg und Stephen King zusammengetan haben, und sich einige Philosophie-Bücher vorgenommen haben.

Und man sieht das Herzblut von DaLoggia in jeder Sekunde. Schade, dass das amerikanische Kinopublikum ausblieb, im Gegensatz zum deutschen, und der Kultstatus erst spät kam.

Die Idee, mit dem Fantasy- Horror- Autor im Erwachsenenalter, der zurückblickt, und jedem selbst überlässt, was wie genau wirklich passiert ist, toll! Die Macht der Fantasy der Kinder ist auch Thema. Sie sehen mehr. Oder?

Über die Inszenierung hätte ich noch mal so viel schreiben können. Aber, dann hätte ich etwas Magie geklaut.

Hammer: Die Lehrerin, die Limbo tanzt! Ich meine, wie kommt man denn darauf? Die erste Begegnung mit dem Mörder. Ein Meisterstück der Lichtverhältnisse. Und dann das mit dem Revolver. Was? Ich traute meinen Augen nicht. Wie kann der 'Kinderfilm' nur so was von tiefsinnig und in your Face sein? So viel Trauer und Schmerz so behutsam verpackt, das ist was Besonderes.

Schrei in der Stille finde ich noch besser, aber ja, ist die selbe Liga, nur ohne Samthandschuhe.





07.06.2023 13:56 Uhr - Chímaira
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Den Film habe ich erstmals vor nicht allzu langer Zeit gesehen. Frank LaLoggia hat extrem viel Herzblut in diesen Film einfließen lassen. Das kann man auch an vielen Stellen aus Deiner Kritik entnehmen. Ein wirklich schöner und schauriger Film. Leider kamen kitschige Elemente bei mir weniger gut an. Deswegen würde ich bei der Bewertung einen Punkt abziehen. Ich würde vieles geben, um diesen Film 1988 in einem kleinen amerikanischen Kino als Teenager zu sehen. Das wäre sicherlich eine magische Erfahrung gewesen. Schöner Film. Schöne Kritik :)

07.06.2023 19:37 Uhr - cecil b
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Danke dir, Chímaira. :) Für deinen ebenfalls schönen Kommentar.

Herzblut, dieses Wort muss im Bezug auf diesen Film ausgesprochen werden.

Ich war kurz davor, 7 Punkte zu geben, wegen dem von dir genannten Kitsch-Faktor. Wie angedeutet, am Ende geht es zu weit. Die kleinen Krokodile waren mir auch etwas zu viel.

Aber: Einige Szenen, die ich angesprochen habe, und die komplexe, großenteils sehr intelligente Story, haben aus meiner Sicht mehr verdient.

Es gab vieles, was ich bei 9 Punkten gesehen habe, ich wollte die Mitte finden.

Zudem muss ich sagen, dass es zwar gewisse Parallelen zu anderen Künstlern gibt, aber LaLoggias Film aber ein außergewöhnliches Unikat ist.

So viele Szenen, mit denen man nicht rechnen kann. Wie bei einem Argento, der in Phenomena Jennifer Connelly an einem Rockzipfel die Regenrinne herunter baumeln lässt.


07.06.2023 22:34 Uhr - Chímaira
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Ich kann Dich da gut verstehen. Sehr gerne hätte ich dem Film auch mehr gegeben. Der Film überzeugte mich mit seiner familiären Umgebung und gab mir ein geborgenes Gefühl. Ich bin überzeugt, dass alle Beteiligten bei dem Filmdreh ihren Spaß hatten. Doch ich muss meiner Bewertungslinie treu bleiben und die einzelnen Plus- und Minuspunkte gegeneinander aufwiegen ;)

Jetzt kommst Du auch noch mit Phenomena. Der steht bei mir ungesehen im Schrank. Ich werde ihn in naher Zukunft nachholen. Versprochen!

08.06.2023 11:35 Uhr - cecil b
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Moderator
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Ich kann dich da genauso gut verstehen, und freue mich darüber, dass du deine Perspektive hinzugefügt hast. Sie komplettiert den Eindruck von diesem Film nahezu.

Besonders gut gefällt mir inhaltlich das Gespräch zwischen dem Vater und dessem Freund, mit der erwähnten Gretchen-Frage, die dann ja zu Goethe führt. Und das philosophische zwischen Frankie und dem Mann, über den Baum. Schande über mich, der Darsteller des älteren Gesprächspartners hat in Einer flog über das Kuckucksnest mitgespielt, den ich vor kurzem auch besprochen habe.

Phenomena: Splatter-Kitsch? Möglich. Ein Märchen? Auf jeden Fall was Besonderes.

Bezüglich der Lady in White sehe ich das ähnlich wie mit EDWARD SCISSORHANDS. Der Zuckerguss am Ende ist Karies-verdächtig, aber ich liebe diesen Film! Falls mich eine Dame nach einem romantischen Film fragt, erwähne ich den als erstes. ;)

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