Das ist ja ungeheuerlich.
Deutschland, 26. Mai 2023. Eine Blu-ray wird veröffentlicht, und Medien berichteten, dass ein riesiges Ungeheuer auf Filmfans losgelassen wurde. Das sind Fake-News. Denn, dieses Ungeheuer ist nicht riesig. Es braucht keine Adleraugen, geschweige denn eine renommierte Spürnase, um zu erkennen, dass sich ein menschlicher Zweibeiner in ein Kostüm gesteckt hat, um dieses brüllend zu präsentieren. Das Ding ist, dass es sich bei diesem Etwas aber nur in der Realität um einen Schauspieler handelt, im Film ist das ein wirklich unsagbarer Schrecken. Der natürlich nur Spaß macht, und nichts als eine gehende Persiflage auf alte Monsterfilme ist, ein Superheld bekommt auch sein Fett weg. Kevin Peter Hall (1955-1991) bewegte sich im monströsen Gummianzug so liebreizend, dass er ein Jahr später zum PREDATOR wurde!
Einer der ausführenden Produzenten von MONSTER IN THE CLOSET, Loyd Kaufman, hat entscheidend dabei geholfen, diese Komödie auf die Beine zu stellen. Aufgrund seiner zahlreichen Tätigkeiten im Bereich der Regie, Produktion, Schauspielerei und dem Verfassen von Drehbüchern, gilt Kaufmann als einer der Könige des trashigen Independent-Films. Für MONSTER IN THE CLOSET gab es etwas mehr Moneten und Aufwand, im Vergleich zu beispielsweise TOXIC AVENGER und die CLASS OF NUKEM 'EM HIGH. Allerdings muss der Fan solcher Streifen auf den rabiaten Billigsplatter verzichten. Der war auch nicht nötig, denn die Persiflage hätte sich dadurch eher verlaufen. Die ist nur so unsinnig und blöd, wie sie sein muss, ohne viele albern aufgesetzte Tabubrüche. Der Humor hat seine David Zucker (Die nackte Kanone) -Momente und ist nicht weit entfernt von John Landis Debüt SCHLOCK -Das Bananenmonster (Review vorhanden). Auch inszenatorisch! Ja, das ist ein einigermaßen gut gemachter schlechter Film! Bob Dahlin (Co-Regie bei ...und Gerechtigkeit für alle) führte die versierte Regie, und schrieb zusammen mit Peter L. Bergquist das überschaubare Drehbuch. Witzig, denn der Zweitgenannte arbeitete auch an der ersten Supermann-Verfilmung, deren Superheld in MONSTER IN THE CLOSET durch den Kakao gezogen wird. Für Dahlin, den ewigen Regie -Assistenten, war es das einzige Mal, dass er alleine die Verantwortung übernahm. Auch Kameramann Ronald W. McLeish war sonst als Assistent bei Filmen wie SILVERADO beteiligt, mit dem Schwerpunkt Beleuchtung, und zeigte nun, dass er dabei viel gelernt hatte. Gleich vier Künstler und Künstlerinnen kümmerten sich um die Schnitte. Mit Erfolg. Barrie Guard (Take Me High) komponierte die Musik. Ich vermute, dass das Orchester oft oder immer aus dem Synthesizer stammt. In jedem Fall griff Guard gekonnt zu theatralisch eingesetzten 'klassischen' Instrumenten.
Es dauert maximal Minuten, und jedem ist klar, dass da gewollter Ulk fabriziert worden ist. Eine ansprechende junge Frau im Kleidchen, ein Mädchen mit zwei Zöpfen im Kleidchen, ein Blinder mit Krückstock und übermütigem vierbeinigen Gehilfen, sowie ein noch nicht sichtbares Ungetüm, müssen dafür herhalten. Also, ein angedeuteter Sexy-Faktor, das obligatorische Unschuldslamm, ein wenig Pietätlosigkeit Marke Kaufmann und der inszenierte Ansporn, den Übeltäter in voller Pracht sehen zu wollen.
Überraschend fachgerecht gleitet die Kamera durch Büros, kurz darauf wird die Vermutung bestätigt, dass ein dort anwesender eine Parodie vom Supermann sein soll. Der Reporter vor Ort und der Reporter, der heimlich ein Superheld ist, haben nämlich teilweise denselben Namen, nur in umgekehrter Reihenfolge. Falls es noch niemanden aufgefallen sein sollte, der berühmte Berichterstatter mit Superkräften, ein 'Übermensch', war schon immer lustig, unabhängig davon, ob er es sein wollte. Diese schüchterne, blauäugige, devote Art der Figur aus MONSTER IN THE CLOSET, bringt es beinahe auf den Punkt, zeigt nur deutlicher, was wir in Kindertagen schon erkannten. Im Gegensatz zu all denen, die nicht wussten, dass hinter dem Superhelden ein Mann steckt, der sich hinter einem zurückhaltenden Verhalten, einer Hornbrille, und anders gekämmten Haar versteckt. MONSTER IN THE CLOSET parodiert das wunderbar, ohne Superkraft, aber mit der ungeahnten Wirkung eines Tollpatsches, wie sich dann herausstellt. Donald Grant (Rush Week), der in MONSTER IN THE CLOSET mit dem Namen Richard Clark angesprochen wird, hat alles, was ich über seine Figur geschrieben habe, blendend gezeigt. Er sieht auch so aus, wie der Supermann in zivil.
Angepasst an diesen Trashfilm, möchte ich am Anfang von diesem Absatz etwas über eine der unwichtigsten Figuren schreiben, die es gibt. Das Mädchen mit den Zöpfen, das circa 1 Minute lang durch eine Wohnung geht. Es wird von Fergie gespielt. Das ist die Sängerin der Pop-Band Black Eyed Peas. Im Film ist sie in etwa halb so groß wie auf der Bühne. Das Monster schrie besser. Um auf die nächste Figur einzugehen, sollte ich erst etwas über die Story schreiben. Sonst weiß niemand, wer Prof. Diane Bennett ist. Es sei denn, jemand hat den Film gesehen. Diesen Vorteil habe ich, was auch die folgenden Zeilen stark beeinflusst hat. Das ist nicht zu übersehen. Clark ist der schüchterne Reporter, der kaum was zustande bekommt, ein großkotziges Arschloch und Mitarbeiter (Frank Asmore: Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug) luchst ihm fleißig alle erfolgversprechenden Themen mit Ellenbogen und Tricks ab. Kein Wunder, der heißt Scoop. Da dieser schmierige Kerl glaubt, dass die Gerüchte rund um die unerklärlichen Morde des Bösewichts schon ausgedient haben, schenkt er dem Protagonisten den Fall. Mit dem Wunsch, der Sache auf den Grund zu gehen, tapst Clark unbeholfen an der Biologielehrerin und Professorin Frau Bennett vorbei, natürlich um sie anschließend kennenzulernen. Die können sich auf den zweiten Blick gut riechen. Die Lehrerin hat festgestellt, dass die Bissspuren an den Opfern der einer riesigen Schlange ähneln, und eine spannende Zusammenarbeit beginnt. Die wird durch Bennetts kleinen Sohnemann im Kindesalter aufgepeppt, dem in den Sinn kommt, wie man wissenschaftlich fundiert mit Energie umgehen kann. Daher sein "Ultra-Sonic-Energie-Messer". Das Debüt vom viel zu früh verstorbenen Paul Walker (Running Scared). Die drei sind nicht allein.
Ist doch klar, dass es noch alle wichtigen amerikanischen Institutionen und ein ausgewachsenes Individuum, das die Wissenschaft vertritt, geben muss, um die böse Fremdartigkeit möglicherweise aufzuhalten. Die polizeiliche Uniform trägt Sam. Das ist Claude Atkins, inkognito († 1994, hat in 233 anderen Filmen und Serien mitgespielt). Atkins spuckte toll in alle möglichen Behältnisse ("Pföh"), und guckte ebenbürtig gekonnt, wenn er davon irritiert war, dass sein Revolver keine Wirkung erzielt, wenn er auf das Monster schießt. Nun, der Sheriff hat wohl nicht gesehen, dass kein Mündungsfeuer zu sehen ist. Im Übrigen ist der Gesetzeshüter planlos wie fast alle, weil er nicht weiß, wie man über einen Tellerrand schaut. General Turnball (auch PATTON genannt, wegen dem echten General) alias Donald Moffat ( † 2018, Das Kartell) steht ihm in nichts nach. Anständig und strammstehend, verunglimpft er jegliche Form von zivilem Ungehorsam: "Schluss jetzt, mit Zivilisten-Gequatsche!", und sucht nach der passenden Mannstoppwirkung. Er scheitert nur, weil es keine AlienMonsteroderwasweißichstoppwirkung gibt. Die Auffassungsgabe der bewaffneten Herren ist zum Teil eigentlich echt gut: "Nehmen sie die Maske ab! Das ist ja unglaublich!" Bringt aber nichts. Ja, und weil der Glaube Berge versetzt, muss der Geistliche helfen. Aber, obwohl der das Kruzifix vehement in Richtung Übeltäter hält, und viele Phrasen herunterbetet, erreicht er nix. Howard Duff († 1990, Kramer gegen Kramer) hat hingegen alles richtig gemacht. Was kann man nur gegen dieses Vieh tun, das schon nach kurzer Zeit gut erkenntlich auf der Hauptstraße zur Sorge Anlass gebend sein Unwesen treibt? Wahrscheinlich kann nur ein Wissenschaftler das Geheimnis lüften. Doktor Pennyworth, der nicht nur so aussieht, wie Albert Einstein, sondern auch so genannt wird, tut, was er kann. Henry Gibson († 2009, Magnolia) tat es ihm gleich, hatte damit aber mehr Erfolg. Der Vergleich hinkt allerdings, denn Dahlins Einstein hat es echt nicht leicht. Das unaufhaltsame Etwas erschreckt alles und jeden, die Welt steht deswegen laut den Medienberichten kurz vor dem Abgrund der Apokalypse. Einstein hat die Vorstellung, dass Gewalt keine Lösung ist, und man versuchen muss, zu verstehen, was das unbekannte Wesen antreibt. Mit der Hilfe eines Xylophons folgt er seiner Hypothese und viele machen es ihm nach. Im Finale steigert sich wirklich alles ins Unermessliche, die Theorien werden besser, die Vorgehensweise entwickelt sich skurriler als das Monster aussieht. Erstaunlich. Denn dessen wulstiger Körper, sowie gigantisches, oval geformtes Maul, sind schon nicht ohne. Ach ja, da war noch was. Frau Bennett wurde ganz toll von Denise DuBarry († 2019, Willkommen, Mr. Chance) gespielt. Aber, die anderen Akteure und Akteurinnen wussten auch, was sie machen sollten. Was wären die alle zusammen gewesen, oder allein, wenn die nicht gut in Szene gesetzt worden wären? Das bleibt jedem selbst überlassen.
Es dürften die Fünfziger und Sechziger sein, die Dahlin da recht ansehnlich -wenn auch bescheiden - vor die Linse gebracht hat. Selbst das etwas zu helle Licht, welches gang und gäbe war, wenn zum Beispiel atomverseuchte Riesenspinnen oder zweiköpfige Laborergebnisse das Publikum erschütterten, erstrahlte wieder. Die Menschenmassen, die gemächlich angehendes Chaos darstellen sollen, sind genauso gut festgehalten worden, wie die Figuren, deren Handlungen und Emotionen szenisch die zentrale Rolle spielen. Flüssige Übergänge zwischen verschiedenen Szenerien oder Abläufen überzeugen, oder auch lange Einstellungen, die absonderliche Szenen mit einem effektiven Timing zeigen. Überall gibt es Zitate, selbst Hitchcock, das ALIEN und KING KONG werden nicht verschont. Für genauso beachtenswert halte ich unscheinbare Kleinigkeiten. Ein Kinderzimmer, in dem eine Puppe liegt, die daneben auch auf einem Bild abgebildet ist, köstlich eigenartig. Sehr schön ist der Aufbau von Szenerien, wenn Hintergrund und Vordergrund inhaltlich kompatibel die Pointe einer Szene kombinieren. Obendrein hat niemand den Fehler gemacht, gute Effekte zu inszenieren. Oder gar welche, die aus einem Computer stammen.
Unterhaltsamer TRÄSH!
7/10