Gesprengte Ketten
Originaltitel: The Great Escape
Herstellungsland: | USA (1963) |
Standard-Freigabe: | FSK 12 |
Genre: | Abenteuer, Action, Drama, Krieg |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 9,00 (16 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Das Kriegsgefangenenlager Stalag Luft III im Deutschland des Jahres 1944 scheint absolut ausbruchsicher. Nicht für Major Bartlett (Richard Attenborough) und seine Männer. Diese verschworene Gemeinschaft alliierter Fliegeroffiziere wagt den verzweifelten Fluchtversuch — und sprengt die Ketten. Eine mit einem riesigen Star-Aufgebot (Steve McQueen, James Garner, Charles Bronson, James Coburn) verfilmte authentische Geschichte einer dramatischen Flucht von 76 Gefangenen, die nur ein Ziel vor Augen hatten: Die Freiheit. (MGM DVD-Cover)
„Wir haben alle faulen Äpfel in einem Korb gesammelt. Und wir beabsichtigen, diesen Korb genauestens im Auge zu behalten!“
Mit diesem Zitat will ich heute mal wieder einen Klassiker ins Gedächtnis zurückrufen, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient hat. Und niemand sollte jetzt bei „Klassiker“ die Assoziation haben, „Klassiker“ gleich „alt“, „verstaubt“ oder „überholt“. Ganz im Gegenteil. Der Film ist heute noch genauso spannend, aufregend und gewitzt wie vor 50 Jahren.
Die Rede ist von „Gesprengte Ketten“,
oder wie er im Original heißt „The Great Escape“ (1963; Regie: John Sturges)
1960 drehte John Sturges seinen großartigen Western „ Die Glorreichen Sieben“. Der Film wurde ein Riesenerfolg und die meisten der (damals relativ neuen) Darsteller in den folgenden Jahren zu Weltstars. Also warum sollte man diesen Erfolg mit einer ähnlichen Masche nicht noch einmal wiederholen? Bis zu einem gewissen Grad hatte Sturges dies auch schon ein Jahr vor den „Sieben“ probiert, mit seinem Kriegsdrama „Wenn das Blut kocht“ (1959) der immerhin Leute versammelte wie Frank Sinatra, Peter Lawford, Steve McQueen und Charles Bronson. Der neue Film „The Great Escape“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Paul Brickhill, welches die tatsächlichen Ereignisse einer Massenflucht alliierter Kriegsgefangener aus dem deutschen Lager "Stalag Luft III" während des zweiten Weltkriegs schildert. Ein weiterer Einfluss dürfte der knapp 10 Jahre zuvor entstandene Billy Wilder- Hit „Stalag 17“ (1953) gewesen sein, der ebenfalls in einem Kriegsgefangenlager spielte. Für seinen neuesten Film versammelte Sturges wirklich eine atemberaubende Starriege, deren Namen man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen muss! Und er brachte auch gleich drei seiner „Glorreichen Sieben“ im Film unter. Eine Handvoll gestandener britischer Charaktermimen (Richard Attenborough, Donald Pleasance, David McCallum, Nigel Stock) wurde zusammengepackt mit den lässigsten und coolsten Jungs, die das amerikanische Kino zu dieser Zeit zu bieten hatte (James Garner, Charles Bronson, James Coburn und allen voran Steve McQueen)
Kurz zur Story:
Die Deutschen sind es während des zweiten Weltkriegs leid, dass ständig alliierte Kriegsgefangene zu flüchten versuchen. Um die schlimmsten von ihnen besser zu kontrollieren werden alle in einem, als absolut ausbruchssicher angesehenen Lager versammelt, „Stalag Luft III“ unter dem Kommando des deutschen Oberst Von Luger (Hannes Messemer). Keine wirklich gute Idee. Denn unter der Führung des britischen Kommandanten Bartlett (auch „The Big X“ genannt, gespielt von Richard Attenborough) beginnen alsbald die Pläne für eine Flucht. Aber diesmal sollen nicht nur 5, 10 oder 20 Leute ausbüxen, sondern 100, 200 oder mehr. Das erfordert natürlich penibelste Vorbereitungen. Viele dieser Flucht-Profis tragen einen Spitznamen, gemäß ihrer jeweiligen Spezialität. Hendley (James Garner) ist der Schnorrer, der Mann der (fast) alles organisieren kann, Ashley Pitt (David McCallum) der „Verteiler“, Blythe (Donald Pleasance) „Der Fälscher“, Danny Velinski (Charles Bronson) „Der Tunnel König“, Sedgewick (James Coburn) „Der Hersteller“ und Virgil Hilts (Steve McQueen) ist „Der Bunkerkönig“, so genannt wegen seiner ständigen Aufenthalte im Strafbunker. Nach langen, aufwendigen Vorbereitungen und dem Bau von insgesamt 3 Fluchttunneln ist die Nacht der Entscheidung endlich da. 76 Gefangenen gelingt die Flucht, bis der Ausbruch die Deutschen alarmiert. Nun beginnt in ganz Süddeutschland eine gewaltige Menschenjagd auf die entkommenen Gefangenen, welche mit den verschiedensten Methoden versuchen, ihren Häschern zu entkommen. Einige geben sich als Deutsche aus, zwei versuchen ein Kleinflugzeug zu stehlen, Sedwick probiert „unter dem Radar“ einfach davon zu radeln und Hilts versucht es mit einer halsbrecherischen Motorrad-Flucht. Aber die Deutschen sind verdammt hartnäckig und insbesondere die Gestapo schert sich nicht viel um die Genfer Konventionen…
Regisseur John Sturges hat in vielen Genres tolle Filme gedreht, am bekanntesten sind aber seine hervorragenden Western, allesamt Klassiker wie „Der Letzte Zug von Gun Hill“ (1959), „Zwei rechnen ab“(1957), „Die Fünf Geächteten“(1967), „Das Geheimnis der fünf Gräber“(1956) oder eben „Die Glorreichen Sieben“. Aber auch in anderen Genres drehte Sturges überragende Filme, z.B. im Drama („Der alte Mann und das Meer“; 1958), Kalter-Kriegs-Thriller (“Eisstation Zebra“; 1968), Western/ Krimi („Stadt in Angst“; 1955) oder dem Kriegsfilm „Der Adler ist gelandet“(1976), einem der ganz wenigen amerikanischen Kriegsfilme mit deutschen Soldaten als Protagonisten.
Auch bei „Gesprengte Ketten“ beweist er eine sichere Hand was sowohl den Aufbau extrem spannender, suspense-reicher Momente als auch groß angelegter Actionszenen angeht. Absolutes Highlight hier ist die berühmte Verfolgungsjagd per Motorrad von Virgil Hilts. Der passionierte Rennfahrer McQueen ließ es sich natürlich nicht nehmen, häufig auch selber mit dem Motorrad durch die Gegend zu brettern. Irgendwann zog er sich sogar eine Uniform an, spielte einen deutschen Soldaten und verfolgte sich im Film praktisch selbst (wenn man genau hinschaut, ist es zu erkennen). Irgendwann tauchte ein Gerücht auf, McQueen habe den legendären Stunt am Ende der Jagd ebenfalls selber ausgeführt. Das ist natürlich Blödsinn, aber die Filmfirma hat verständlicherweise nicht viel unternommen, um diesen Gerüchten Einhalt zu gebieten. Lange Zeit war Steve McQueen auf seiner „Triumph TR6“ ein ikonographisches Postermotiv. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Viele witzige Szenen erwecken den Eindruck eines Wettbewerbs, bei dem die Alliierten auf jede nur erdenklich Art versuchen müssen zu entkommen und die Deutschen sich bemühen, eben dies zu verhindern. Und auch dem Einfallsreichtum, den grauen Alltag zu überstehen, sind anscheinend nicht viele Grenzen gesetzt. Die Krönung hierbei ist die Szene, als Hilts und Hendley, passend zum amerikanischen Unabhängigkeitstag, versuchen, eine Art Kartoffelschnaps zu brauen. Einfach nur großartig. Die Entbehrungen und Kriegsgräuel jener Zeit bleiben dabei natürlich weitestgehend außen vor. Trotzdem gibt es einige sehr düstere Momente, wenn z.B. der Fälscher Blythe bemerkt, dass er langsam sein Augenlicht verliert oder einer der Insassen einen Lagerkoller kriegt, in die Stacheldrahtumzäunung rennt und prompt von den Wachen niedergemäht wird. Den schwarzen Peter im Spiel hat natürlich die Gestapo, als sie kaltblütig (und historisch belegt)……nee, das wird jetzt doch nicht verraten!
Wie ich bereits erwähnte ist die absolut fantastische Besetzung einer DER großen Pluspunkte des Films. Jeder gibt sein Bestes. Egal ob Bronsons „Velinski“ als Tunnelbauer (und ehemaliger Minenarbeiter) der leider wegen eines Unglücks in der Vergangenheit unter Klaustrophobie leidet oder der Fälscher Blythe (D. Pleasance), der schrittweise erblindet und am Ende gänzlich auf die Hilfe Hendleys (James Garner) angewiesen ist, welcher sich auch rührend um ihn kümmert Die eigentliche Hauptfigur von „Gesprengte Ketten“ ist aber Steve McQueen als „Hilts“ der unermüdlich einen Fluchtversuch an den nächsten hängt. Wenn Hilts (mal wieder) in Bunkerhaft hockt und in einer der bekanntesten Szenen des Films immer wieder seinen Baseball gegen die Wand springen lässt, merkt man überdeutlich seine Anspannung und seinen unterdrückten Drang, wieder irgendwas zu unternehmen. Das Pendant zum nervösen Auf-und Abgehen eines Raubtiers im Käfig. Eine Szene, die übrigens fantastisch in „Die Simpsons“ zitiert und parodiert wurde (inklusive der Original-Filmmusik). Aber neben all diesen anglo-amerikanischen Hochkarätern sollte man allerdings auch Hannes Messemer nicht übersehen, in der Rolle des (für einen amerikanischen Film) ungewohnt sympathisch gezeichneten deutschen Lagerkommandanten Von Luger. Auch Von Luger ist letztendlich nur ein kleines Rädchen im Getriebe, der versucht, seine Gefangenen nicht zu sehr zu triezen und der von den Gräueltaten der Gestapo genauso schockiert ist wie die Alliierten.
Auch die Filmmusik darf nicht unerwähnt bleiben. Zum wiederholten Mal griff Sturges auf die bewährten Kompositionen Elmer Bernsteins zurück, einem der besten Filmkomponisten überhaupt. Bernstein schuf symphonische Scores zu Filmen wie "Comancheros", "Big Jake", "McQ", "Der Marshall", "Die 10 Gebote", "Ghostbusters", "Die Glücksritter" und natürlich auch "Die Glorreichen Sieben". Wer einmal das schmissige Titelthema aus "The Great Escape" gehört hat, dem brennt sich diese Melodie unwiderruflich in die Gehörgänge.
Nebenbei beeinflusste „Gesprengte Ketten“ (und ebenfalls „Stalag 17“) wesentlich auch die ziemlich alberne Comedy-Serie „Hogan‘s Heroes“ („Ein Käfig voller Helden“, 1957-1961) wie auch den (sehr viel intelligenteren und witzigeren) Trickfilm „Chicken Run – Hennen Rennen“ (2000), und auch ein Quentin Tarantino entlieh sich 2009 in „Inglourious Basterds“ natürlich die Metapher vom „Korb voller fauler Äpfel“, wenn auch in einem etwas anderen Zusammenhang.
1988 kam es mit dem TV-Zweiteiler "Gesprengte Ketten - Die Rache der Gefangenen" ("The Great Escape II: The Untold Story") noch zu einem verspäteten Nachklapp zur Geschichte. Der dreistündige TV-Zweiteiler mit Christopher Reeve, Judd Hirsch, Ian McShane und Anthony Denison rekapituliert einerseits die Ereignisse der Flucht und erzählt dann, wie einige ehemalige Gefangene in der Nachkriegszeit nach Deutschland zurückkehren, um die Täter und Hintermänner eines Gestapo-Massakers zu finden und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Der Film ist ganz nett, man verpasst aber nichts weltbewegendes, wenn man ihn jetzt nicht kennen sollte. 2001 erschien eine englische, 60minütige Dokumentation unter dem gleichen Titel "Great Escape: The Untold Story". Schließlich brachte die Firma "Eidos" 2003 noch ein gleichnamiges Spiel zu diesem Klassiker heraus, für PC, PS2 und X-Box. Hier kann man in verschiedene Charaktere schlüpfen, die bei der Flucht eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Als Fazit lässt sich sagen, dass „Gesprengte Ketten“ eine hervorragende Mischung aus Drama, Kriegsfilm, Abenteuer, Action und Komödie ist, die bei einer Laufzeit von fast 3 Stunden zu keiner Minute langweilt. Alles ist fein aufeinander abgestimmt. Eine tolle Kameraarbeit, gelungene Bilder, rasante Action, Spannung, die einen zum Nägelkauer werden lässt, eine sehr gelungene Filmmusik und eine großartige Besetzung, wie man sie nur äußerst selten erleben darf.
Von Luger: “Dafür gibt es für Sie 10 Tage Arrest, Hilts!
Hilts (*auf sein Fliegerabzeichen zeigend*): „CAPTAIN Hilts, wenn schon.
Von Luger (*unbeeindruckt*): „20 Tage.“
Hilts: „Na schön. Aber Sie sind doch noch hier, wenn ich wieder rauskomme, oder?“
Von Luger (*eisig*): “Bunker!!“
Für Hilts gibt es Bunkerhaft, von mir für diesen fantastischen Film (und nach reiflicher Überlegung) die absolute Höchstwertung: 10 von 10 Punkten!
P. S.: Wer mehr über den realen Hintergrund erfahren möchte - eine relativ detaillierte Schilderung der Ereignisse findet sich in der englischsprachigen „Wikipedia“ unter „Stalag Luft III“.
Der Film ist in Deutschland auf Bluray erhältlich. Neben diversen Extras ist auch die von mit erwähnte knapp 60-minütige BBC-Doku "The Great Escape: The Untold Story" enthalten.
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Kommentare
24.07.2014 18:53 Uhr - sonyericssohn |
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Ja aber nun ! Machst jetz einen auf Dissection2 ? :-)
Grandioses Review ! |
24.07.2014 19:15 Uhr - Tom Cody |
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![]() DB-Helfer ![]() ![]() |
Danke. Die letzte Review von mir war schon über 1 Monat her(!) und da es über diesen Film sehr viel zu erzählen gibt, dachte ich mir, ich mach's halt mal etwas länger... ;-)
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24.07.2014 21:54 Uhr - NICOTERO |
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25.07.2014 22:45 Uhr - NICOTERO |
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Nachtrag: R.I.P James Garner! Ein klasse Darsteller mit Kultcharakter ist von uns gegangen. Die Gelegenheit schien mir richtig. Schaue gerade den obigen Film um Ihm zu gedenken⬛️⬛️😎....
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25.07.2014 23:36 Uhr - Tom Cody |
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26.07.2014 07:23 Uhr - NICOTERO |
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26.07.2014 15:01 Uhr - cecil b |
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21.02.2016 11:44 Uhr - Pratt |
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Top Review, zum meiner Meinung nach besten Film aller Zeiten, danke!!
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