RäuberInnen
Herstellungsland: | Schweiz, Luxemburg (2009) |
Genre: | Komödie |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 6,50 (2 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Emily (Nina Bühlmann) liebt Josef (Nils Althaus), soll aber aufgrund einer Intrige ihrer Mutter und "seiner Exzellenz" Franz von der Halde (Hans-Peter Ulli) an einen adeligen Vollpfosten zwangsverheiratet werden. Gemeinsam mit der Magd Trizi (Myriam Muller) flüchtet sie aus der Burg des Despoten in die Wälder. Doch was tun, wenn man hungrig ist und mit ausgeschriebenem Kopfgeld gesucht wird? Da wird es Zeit für eine Räuberinnenkarriere! ()
"RäuberInnen" ist eine mit öffentlichen Geldern finanzierte Schweizer Komödie unter der Regie Carla Lia Montis, die sich lose an Schillers Werk "Die Räuber" orientiert. Als anspruchsvolle Filmkunst, wie von den Geldgebern vielleicht erhofft, taugt sie aber nur bedingt, was die von Monti regelrecht herausgeforderten Reaktionen in der Schweizer Presse ("Skandal!") und die sonst fast durchweg negativen Rezensionen an anderer Stelle erklären dürfte. Dieses Review soll einen Versuch darstellen, die vorhandenen Kritikpunkte aufzugreifen, für den Film aber unter dem Gesichtspunkt eines trashigen Fun-Splatter-Flicks eine Lanze zu brechen. Denn er dürfte durchaus das Potential haben, bei wohlwollenden Rezepienten, die sonst häufig gerne einmal als das "falsche Publikum" bezeichnet werden, auf eine Portion Gegenliebe zu stoßen.
An Stärken mangelt es den "RäuberInnen" nicht, gerade die späteren Bandenchefinnen Emily und Trizi kann man als charismatische Sympathieträgerinnen durchgehen lassen, was dem von einigen Kritikern zu Unrecht gescholtenen, sehr wohl kompetenten Spiel ihrer Mimen zu verdanken ist. Natürlich zieht sich der Humor (10/10) wie ein roter Faden durch den Film, wozu ein kalkuliertes Overacting gehört. Das heißt aber nicht, dass es den erkennbar amibitionierten und spielfreudigen Hauptdarstellerinnen an Ausdruck mangelt. Zu viel des Guten und mit anderen Worten nervig wird das verzerrte Schauspiel eher bei zwei adeligen Schwerenötern, deren Screentime indes überschaubar ist. Ansonsten haben die überzeichneten Rollen an vielen Stellen ihren Reiz, wozu die Mehrsprachigkeit aus Schwitzerdütsch, Hochdeutsch, Latein (!) und Englisch ihren Beitrag leistet. Die manchmal übertrieben vulgäre Sprache, die ein wenig an die deutsche Synchronisation der "South Park"-Cartoons erinnert, trägt einiges zum öfter mal, wenn auch nicht durchweg gelungenen Humor bei. In die gleiche Richtung geht das mit schrillen Requisiten vollgepackte, grellbunte Set. Hier werden Stilmittel verwendet, die man wohlwollend als plakative Verfremdungseffekte deuten kann: Die mittelalterliche Kulisse steht im gewollten Kontrast zu sichtbarer moderner Technik wie einem Gameboy oder einer Waschmaschine, wobei ein Pkw mit Reitgeräuschen unterlegt und eine Kutsche von einem halbnackten Mann gezogen wird.
Apropros nackt, recht häufig wird unverklemmter wie abwechslungsreicher und gelegentlich ansehnlicher Sex (5/10) gezeigt, wobei durch die Kürze dieser Szenen das Überschreiten der Schwelle zum Erotikfilm zu vermeiden versucht wird. Im Vordergrund steht die Dauerprovokation durch diverse Geschmacklosigkeiten, einschließlich einer Art Sammlung nichterigierter männlicher Penisse. Hier sind die nackten und hilflosen Opfer nämlich einmal männlich und nicht wie in zahlreichen Horror- und Actionstreifen weiblich. Diverse Ekelszenen rund um das Motiv sexueller Erniedrigung geben eine Prise Horror (3/10) hinzu. Hierzu gehören auch zwei Vergewaltigungsversuche gegen Frauen, die jeweils ein blutiges wie aus Tätersicht erfolgloses Ende finden und dabei ins Lächerliche gezogen werden. Weniger Schauwert als diese beiden Szenen hat eine dargebotene Massenvergewaltigung durch mehrere Räuberinnen an einem Mann, die ein bißchen an "Mondo Cannibale" oder "Nackt unter Kannibalen" mit umgekehrtem Geschlechtervorzeichen erinnert. Gewalt (6/10) wird noch an anderen Stellen gezeigt, was nur teilweise im Off geschieht. Für einen Film mit Entstehungshintergrund wie im ersten Absatz beschrieben ist das verzeinzelte Gekröse bereits dezent überraschend.
Betrachtet man den Anspruch nur als Beiwerk zu all dem amüsant-dreisten Treiben, ist auch dieser nicht zu verachten- und erklärt die Verfremdungseffekte. Selten wurde Feminismus so leichtfüßig, unverkrampft und auch für Männer konsumabel dargeboten wie hier: Die Thematik um eine zunächst unmöglich erscheinende "Revolution nur mit den Waffen einer Frau", wie es ausgerechnet ein Transvestit zum Ausdruck bringt, steckt voller Anspielungen auf die Wirren der 68er Revolte, was prima zu der Story um die freie Liebe im Kampf gegen die arrangierte Ehe passt. Da gibt es ein Casting mit Motivationsansagen der Räuberinnen in spe, bei denen sogar eine Schalträgerin mit Brille intellektuelle, radikalfeministische Postulate zur Vernetzung und Organisation gegen das Patriarchat vom Stapel lassen darf - und später desillusioniert ob der Realität der Umsetzung ihrer hohen Ideale erscheint. Mit unterdrückten (auch männlichen) Dienern der Schreckensherrschaft einschließlich eines von "seiner Exzellenz" allen Ernstes so genannten "Niggers" wird sich solidarisiert, ein Molotowcocktail wird geworfen, von Vietnam ist die Rede - und was wäre eine "linke" Räuberinnengruppe ohne klandestine Unterredungen und drogenverrauschte Feste?
In der Gesamtschau ist diese kleine Filmperle (7/10 Gesamtpunkten) eine lohnende Entdeckung für Zuschauer, die sich für etwas abseits stehende Werke mit füllhornweise Provokationen erwärmen können. Blasphemie, viele dicke Menschen unter den Nackedeis (nicht nur häßliche Unsympathen!), etwas S/M und Prostitution blieben als Ingredienzien dieses Füllhorns bisher unerwähnt; selbst im Abspann werden noch Kinder mit (Spielzeug-) Waffen gezeigt, um auch nur ja jeden Verdacht, dem Establishment zu gefallen, von sich weisen zu können. Und dann spielt sich das ganze Treiben auch noch in Bonbon-Optik zur heiteren und gut hörbaren Musik von Anselme Pau ab.
Sicherlich wirken einige Gesangs- und Tanzeinlagen wie Füllwerk. Der schon auf dem Cover versprochene Skandalcharakter mag im Vergleich zur gediegenen Filmkunst zutreffen, für Fun-Splatter-Verhältnisse dann doch eher gemäßigt sein und durch sporadische (Teil-) Offszenen relativiert werden. Und ja, manche Overacter nerven. Allerdings kann man beileibe nicht den Vorwurf erheben, der Film würde auf ausgetretenen Pfaden wandeln oder wäre gar von vorneherein uninteressant.
Für die Kinofassung soll bereits in der Produktion eine Sodomieszene entfernt worden sein, die auch in der für diese Kritik genutzten Schweizer DVD-Veröffentlichung mit eingeschränkter Jugendfreigabe (ab 16) nicht enthalten, aber im Bonusmaterial bei den "deleted scenes" untergebracht ist. Von einer deutschen FSK-Fassung ist dem Autor nichts bekannt.
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Kommentare
25.12.2015 22:45 Uhr - Grrrg |
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