Nachdem ich bereits einmal angefangen habe, dieses Review zu schreiben, wurde es durch eine im Halbdunkel meiner Wohnküche falsch gedrückte Tastenkombination von mir gelöscht (natürlich ohne vorher ein einziges Mal auf "Speichern" geklickt zu haben). Das war ziemlich ärgerlich, da ich bereits ein wenig in wohlfeile Formulierungen investiert hatte. Mit Vorgeschichte und Background zur Entstehung von ALIEN³ wollte ich einleiten, mit diesem unglaublichen Durcheinander aus einem halben Dutzend Drehbuchschreiber, mehreren Regisseuren (die alle wieder gingen, bevor es überhaupt losging) und ständigen Einmischungen von Schlipsträgern der Führungsetage von 20th Century Fox. Aber aus Frust habe ich das jetzt gestrichen. Stattdessen gehe ich schlicht nur auf das Endprodukt ein (in meinem Fall übrigens der knapp eine halbe Stunde längere, 2003 veröffentlichte "Assembly Cut", nicht die Kinofassung) - und Frust ist da ein perfekter Motivator, der sich in allen Facetten dieser zweiten Fortsetzung widerspiegelt.
Am Ende hat der junge David Fincher ("Sieben", "Fight Club") sich ködern lassen, ALIEN³ zu übernehmen. Doch zu keinem Zeitpunkt hatte er kreative Kontrolle über das Projekt, dessen Ende scripttechnisch noch nicht einmal feststand, als die Dreharbeiten begannen. Und diese Ziellosigkeit sieht man dem Endprodukt an.
Der erste Frust, der einen Vergötterer von ALIEN und ALIENS wie eine Faust in die Magengrube trifft, ist der Auftakt. Binnen der ersten Minuten wischt eine Crashlandung Corporal Hicks, Bishop und Newt aus dem Alienversum. Bämm. Einzig Sigourney Weaver als Ripley bleibt nun die Verbindung zu den Fährnissen, die man als Alien-Fan bereits durchlebt hat. Um sie herum taucht dann eine garstige Gruppe schwitzgesichtiger Knastbrüder und Psychos auf, die mit Charles S. Dutton (der ironischerweise auch privat schon im Gefängnis saß) als "Missionar" Dillon zumindest einen brauchbaren Darsteller haben. So sind dann die Szenen mit ihm und Ripley auch Glanzlichter in einem ansonsten dunklen, farblosen Alien-Film (im übertragenen wie realen Sinne). Lobend erwähnen möchte ich auch Charles Dance als Arzt Clemens, der neben Ripley und Dillon der einzige Sympathieträger ist.
Der zweite Frust ist, daß einem hier zunächst ein langatmiges "Intro", daß die Rekonvaleszens von Ripley thematisiert, den Wind aus den Segeln nimmt. Ein Hauch von Existenzialismus und religiösem Geschwafel durchweht diese Phase des Films und wirkt wie ein Fremdkörper in dem Film-Franchise. Auch eine Szene, in der die wie Mönche lebenden Knastis von ihren Trieben übermannt werden und Ripley zu vergewaltigen suchen, wirkte wie eine unbeholfene Untermauerung des absterbenden Schauplatzes und seiner desillusionierten Bewohner, die sich alsbald der dritten Alienhatz gegenüber sehen - und jedem einzelnen von ihnen wünscht man unverzüglich einen Facehugger in die Fresse.
Der dritte Frust wird durch die bereits damals äußerst mäßigen, ja geradezu schlechten Computereffekte ausgelöst. Das sie außerdem noch schlechter gealtert sind, ist nur die Feststellung des Offensichtlichen. Wenn das Alien miserabel in den Film hineinkopiert auftaucht, werde zumindest ich sofort aus der Immersion gerissen. Sobald aber animatronische Effekte das Ruder übernehmen, erkennt man einen Teil der Genialität des Alien-Designs und seine furchteinflößende Präsenz kann sich manifestieren.
Da es sich ja beim Ort der unheimlichen Fremdbegegnung um eine Strafkolonie handelt (die von außerordentlich laschen Wärtern "bewacht" wird, deren Anweisungen ohne Konsequenzen mißachtet werden können), besitzt der Großteil der handelnden Charaktere keine Waffen, mit denen dem Alien eingeheizt werden kann - hierzu werden Fallen improvisiert. Dieser Aspekt des wehrlosen, unbewaffneten Menschen gegen einen hochüberlegenen Jäger ist ein durchaus interessanter, der im Film aber leider nicht so gut zum Tragen kommt wie ich mir das gewünscht hätte. Es geht unter in wildem Herumgerenne durch gleichförmige, von Schwitzwasser tropfende oder glutgebadete Schächte und Röhren, in denen viele der Gefangenen durch ihre eigene Doofheit und ihre ständig zum Bersten angespannte Psyche dem Alien über dessen Klingenschwanz springen. Überhaupt ging mir der Schauplatz irgendwann auf die Nerven. Dieses farbreduzierte Spektrum (man hat subjektiv den Eindruck, mindestens zwei Drittel des Films seien nur in Braun oder Grau gedreht) und die auf Dreck, Rost und Schmuddel getrimmten Kulissen erschienen mir zu forciert und übertrieben (ein Trend, den später ALIEN: RESURRECTION noch fortsetzen sollte). Der allgemein geäußerte Wunsch, für den dritten Alien-Film eine neue Umgebung zu schaffen, erweist sich am Ende doch als krampfhafte Reinstallation der Kriechschächte und Abwassertunnel aus Scott's und Cameron's Meisterwerken. Und offenbart damit auch irgendwie allegorisch die Konzeptionslosigkeit der ganzen Produktion, da der Film einfach nicht weiß, was er sein will.
Und wie er enden will. Tatsächlich gab es eine längere Drehpause, bevor dann der Schluß nachgeschoben wurde. Man war sich in der Führungsriege unsicher, ob man Ripley nun sterben oder für ein weiteres Sequel überleben lassen sollte. So, wie das Finale dann gedreht wurde, erweist es sich allerdings als konsequent. Was versöhnlich klingt aus meinem Mund, habe ich doch kaum etwas Positives über ALIEN³ gesagt. Aber es gibt diese lobenswerten Punkte. Erwähnt habe ich bereits Weaver und Dutton, die mit ihren Figuren jede einzelne Szene tragen können und ihr Stärke und Intensivität verleihen. Wären sie nicht so gut, fiele dieser Film bei mir komplett unten durch. Die von Sigourney Weaver sehr gut umgesetzte "Verbindung" zum Alien kommt in nahezu jeder Szene, die sie mit dem Fremdwesen hat, ausdrucksstark zur Geltung. Auch denke ich, daß Fincher's Talent aus dem Drehbuch/Konzept das Bestmögliche herausgeholt hat - trotz der überwachungsartigen Begleitung durch 20th-Century-Fox. Tricktechnisch kann der Film immer da punkten, wo mit echten Modellen, Masken und Animatronik gearbeitet wurde. Spannend ist der dritte Teil phasenweise durchaus, wobei sich aber nie das vollendete Gefühl der Vorgänger einstellen will.
Nichtsdestotrotz wiegt die respektlose Behandlung der Vorgänger (ALIEN und ALIENS) äußerst schwer in meinen Augen. Das zwanghafte "Alles-anders-machen-als-bisher" gibt dem dritten Teil der Alien-Saga einen unangenehmen Beigeschmack. Mörder und Psychos als Protagonisten funktionieren hier nicht, da man nicht Bindungen aufbauen kann wie zu den Charakteren der beiden Vorgänger - und diese Bindungen sind nach meinem Dafürhalten unabdingbar, um die Horroraspekte des Films im Zuschauer emotional zur Entfaltung zu bringen. Mir jedenfalls gelang das nicht.
ALIEN³ ist ein schwacher Teil der Reihe. Potenzial wurde hier kriminell versaubeutelt. Wo ich ALIEN und ALIENS problemlos dutzende Male schauen kann, ist der Wiederholungswert hier äußerst gering. Ist der dritte Teil auch schlechter als RESURRECTION? Das zu beantworten bleibt einem demnächst folgenden Review von mir überlassen.
6/10