…eine großartige Inhaltsangabe spare ich mir hier. Jeder der sich vorstellen kann, dass ein Mensch-Cyborg-Hybrid (Alex, gespielt von Olivier Gruner - "Cracker Jack 3"; "Final Punch"), seines Zeichens Polizist und Junkie, von seinem - durch einen Cyborg ersetzten - Boss Farnsworth (Tim Thomerson - "Der stählerne Adler"; "Cherry 2000"; "Wer ist Harry Crumb") erpresst wird, Dateien der Widerstandsgruppe "Rote Armee Hammerhead" zu entwenden, hat schon mehr von der Story mitgekriegt, als ich nach der ersten Sichtung.
Klar geht es auch noch um einen niedlichen Hund, pathetisch in's Geschehen eingeführt, den Alex groß zieht, seit der ein Welpe ist und nach nicht mal 5% Film keine weitere Rolle mehr spielt.
Es geht um seine digitale Ex-Freundin, die in dieser futuristischen Welt nicht mehr existieren kann, sobald ihr Speicher kopiert wird - also Rückständiger als jede Floppy Disk!
Es geht um ständig neue Frisuren unserer Protagonisten, die stets mit einer Einblendung à la "Ein Jahr später" gerechtfertigt werden.
Die Erzählstruktur im Allgemeinen ist recht wirr. Wichtige Handlungsstränge werden teilweise nur angeschnitten und ganze Kapitel (…im Besonderen der "Endkampf"…) so hektisch abgeschlossen, dass es weh tut. Typisch Pyun!
Albert Pyun, Regisseur von B-Movies wie "Cyborg"; "Captain America" und "Mean Guns", liefert hier dennoch meines Erachtens das größte Werk seiner Karriere ab.
Der Grund ist simpel: 1993 schwamm der Film im Fahrwasser vieler bekannter Genrevertreter. Er bemüht sich um ein Mischwerk-Dasein aus ganz viel "Blade Runner", etwas "Terminator", dazu stellenweise etwas "Aliens" und "Cyborg". Das Gute daran: er macht das ganz großartig! Szenen wie die Eröffnungssequenz auf dem alten Fabrikgelände (…ohne weiter recherchiert zu haben: ist es nicht sogar die gleiche Kulisse wie in "Cyborg"?...), Die Flucht durch den Fußboden im Hotelzimmer (…ja, Kate Beckinsale hat’s nicht erfunden - siehe "Underworld"…) und die Schlammrutsche im Hammerhead-Lager bleiben mir noch gut in Erinnerung. Hier zeigt sich Pyun's wahres Talent - dem Zuschauer einfach gekonnte Action an den Kopf zu hauen. Ästhetisch, mit ordentlichem Bodycount und eine Hommage ans klassische Hongkong-Kino. Man bekommt als 80’s/90’s-Actionfan definitiv das zu sehen, was man sehen will!
Düster, rauchig, brutal… Man merkt, dass der Mann hier tatsächlich mal etwas mehr Budget (…knappe 10.000.000$ - ich glaube, soviel hatte Pyun vor- & hinterher nie mehr zur Verfügung…) verausgaben durfte. Im Film selbst sind 'ne Menge handgemachte Effekte zu sehen, welche auch ganz ansehnlich umgesetzt wurden. Einzig die (…oben bereits erwähnte…) Endkampfszene könnte dem Ein oder Anderen missfallen. Stop-Motion war 1993 wohl schon aus der Mode - mir als altem Sindbad-Freund war es herzlich egal, dafür störten eben ganz andere Sachen (...aber auch das habe ich mir ja oben schon von der Seele geschrieben...).
Der Film wurde bei Erscheinen von der Bundesprüfstelle indiziert und 2013 vor Ablauf der 25-Jahres-Frist wieder der Öffentlichkeit mit einer FSK: 18 zugänglich gemacht.
"Nemesis" ist ein Klassiker! Ein großer Film eines eher kleinen Regisseurs und wohl sein Meisterstück. Wer über eine krude Story und einen unorthodoxen Handlungsablauf hinweg sieht, bekommt eine 100-Minütige Achterbahnfahrt mit hübschen Kämpfen, düsterer Atmosphäre und jeder Menge Explosionen!
8/10