STIRB LANGSAM - JETZT ERST RECHT
Nachdem er mit Stirb Langsam 2 (1990) einen Hit gelandet hatte, verlief Bruce Willis´ Kinokarriere äußerst wechselhaft. Wenigen Auftritten in Kinohits wie Der Tod Steht Ihr Gut (1992) und Pulp Fiction (1994) standen zahlreiche Flops wie Hudson Hawk – Der Meisterdieb (1991), Color Of Night (1994) und North (1994) gegenüber. Willis stand wieder einmal kurz davor, in der kommerziellen Versenkung zu verschwinden, weshalb ein dritter Stirb Langsam-Film wie ein Rettungsring erschien.
Die Entwicklung des Films war schwieriger als erwartet, da seit dem ersten Stirb Langsam (1988) zahlreiche Filmemacher das Konzept kopiert hatten. So wurde es immer schwieriger, hermetisch abgeriegelte Räume zu finden, in denen der Film hätte spielen können. Die Idee, den dritten Teil auf einem Schiff spielen zu lassen, wurde verworfen, nachdem Alarmstufe: Rot (1992) mit Steven Seagal ins Kino kam. Letztendlich weitete man den John McClane-Radius auf eine ganze Stadt aus.
Man investierte viel in Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht, wie der Film in Deutschland heißt. Das Budget des Films betrug 90 Millionen Dollar, John McTiernan, der Regisseur des ersten Teils, war wieder mit an Bord und mit Samuel L. Jackson (Pulp Fiction, 1994) konnte man sich einen prominenten Co-Star leisten. Neben Willis und Jackson waren in Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht Jeremy Irons (Das Geisterhaus, 1993), Graham Greene (The Green Mile, 1999), Larry Bryggman (...Und Gerechtigkeit Für Alle, 1979) und Coleen Camp (Speed 2 – Cruise Control, 1997) zu sehen. Mit Sam Phililips war außerdem eine Sängerin unter der Besetzung. Allerdings entsprach nicht jeder Darsteller der Wunschbesetzung. Für die Rolle des Schurken war ursprünglich Sean Connery (James Bond Jagt Dr. No, 1962) vorgesehen, der aber keinen Terroristen spielen wollte, und für Jacksons Part war Larry Fishburne (Matrix, 1999) vorgesehen. Gedreht wurde hauptsächlich in South Carolina.
John McClane (Bruce Willis) hat einen denkbar schlechten Tag. Der suspendierte, von seiner Familie verlassene Cop hat einen Kater von der Größe der Budweiser-Brauerei, als sein Typ verlangt wird. Ein Terrorist namens Simon (Jeremy Irons) hat eine Bombe in New York detonieren lassen und fordert McClane zu einem Rätsel-Marathon heraus. Sollte er bei einem Rätsel versagen, werden weitere Bomben explodieren. Während McClane – zusammen mit einem eher unfreiwilligen Helfer namens Zeus (Samuel L. Jackson) – versucht, die Rätsel zu lösen, verfolgt Simon ganz andere Pläne …
Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht gehört zweifelsohne zu den Highlights des 90er Jahre-Actionkinos, muss sich aber dennoch Kritik gefallen lassen, die es (in meinen Augen) ganz knapp verhindert, dass er nicht ganz an die Klasse des Originals, bzw. der ersten beiden Teile herankommt. Denn der Film bewegt sich immer mehr von der originalen Stirb Langsam-Idee des Kampfes gegen Terroristen auf engstem Raum weg. Mit Samuel L. Jackson als gleichberechtigtem Partner wirkt Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht wie ein typisches Buddy-Movie, was nicht weiter verwundert, wenn man weiß, dass das Drehbuch für diesen Film zunächst für einen Brandon Lee-Streifen und dann für Lethal Weapon IV vorgesehen war. Hinzu kommen – aber dafür können die Filmemacher nichts – Schnitte für das R-Rating, die in einer bestimmten Kampfszene deutlich werden. Ansonsten gibt’s an Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht im Grunde nichts auszusetzen.
Wie schon seine beiden Vorgänger strotzt auch der dritte Stirb Langsam-Streifen nur so vor bombastischer Action. Schon die auftaktgebende Explosion ist ein beeindruckend, bzw. erschreckend gefilmtes Spektakel und ab da hält der Film den Zuschauer nicht nur mit regelmäßig eingestreuten, kniffligen Rätseln in Atem, sondern auch mit spektakulären Verfolgungsjagden, Schießereien und Kampfszenen, in deren Verlauf sich McClanes Unterhemd immer mehr mit Blut färbt und die Gesetze der Physik immer mal wieder außer Kraft gesetzt werden. Schade ist nur, dass der eigentliche, „nachgereichte“ Showdown im Gegensatz zu den vorigen Schauwerten ein klein wenig abfällt. Trotzdem ist Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht ein überragender Actionfilm, der auch über zwanzig Jahre nach seiner Entstehung nichts von seinem Tempo und seiner Wucht eingebüßt hat.
Aber Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht punktet nicht nur mit Action, sondern auch mit Spannung. McTiernan versteht es nicht nur, Explosionen und Shoot Outs kompetent in Szene zu setzen, sondern auch unerbittlich an der Spannungsschraube zu drehen – als Beispiel sei die Szene in der Schule genannt. Auch die Stimmung innerhalb einer Stadt, die von einem Terroristen attackiert wird, wurde beklemmend in Bildern eingefangen, wodurch McTiernans zweiter Beitrag zur Serie richtiges Katastrophenfilmflair bekommt.
Bruce Willis überzeugt im dritten Stirb Langsam-Teil ebenso, wie er es in den beiden Vorgängern getan hat. Hier wie dort gibt er das ewige Stehaufmännchen des Actionfilms, das leidet, blutet, Rückschläge abgekommt, aber einfach nicht totuzukriegen ist. Daran ändert auch ein Kater nichts. Ebenso überzeugend ist Samuel L. Jackson in der Rolle des Ladenbesitzers Zeus, der eher unfreiwillig an der von Terrorist Simon organisierten „Schnitzeljagd“ teilnimmt. Obwohl diese Buddy Movie-Komponente Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht vielleicht etwas „gewöhnlicher“ erscheinen lässt als seine Vorgänger, sorgt sie für eine gesunde Portion Humor, wenn sich die beiden z.B. gegenseitig als Rassisten beschimpfen. Erstaunlich ist, dass sich das Thema Rassismus wie ein roter Streifen durch (fast) den gesamten Film zieht.
Auf der Gegenseite brilliert Jeremy Irons als Simon Peter Gruber. Nichts gegen William Sadler, der in Stirb Langsam 2 (1990) den Terroristenführer gab, aber der Brite Irons bringt wieder etwas mehr Stil und Eleganz in das Franchise und kommt damit Alan Rickmans unübertroffener Darstellung im Original deutlich näher. Damit war Irons der letzte denkwürdige Bösewicht, den die bisher fünfteilige Actionserie hat. Aber auch die Nebendarstellerriege schlägt sich wacker, wobei man besonders Sam Phillips als stumme Terroristin erwähnt werden muss, die bedrohlicher und skrupelloser wirkt als viele ihrer männlichen „Kollegen“.
Zuguterletzt sollte auch die Musik erwähnt werden. Neben „Summer In The City“ von The Lovin´ Spoonful gibt es Musik von Michael Kamen (Lethal Weapon, 1987) zu hören, die dem Film einen würdigen akustischen Rahmen verleiht. Eines der erinnerungswürdigsten Stücke des Filmsoundtracks ist seine Version von „When Johnny Comes Marching Home“. Außerdem sind hier einige Stücke zu hören, die bereits in Stirb Langsam 2 vertreten waren.
Auch wenn Stirb Langsam – Jetzt Erst Recht die Qualität der ersten beiden Teile aufgrund einiger (winziger) Mängel um Haaresbreite verfehlt und ich diesmal keine glatte 10/10 verteilen möchte, ist John McTiernans zweiter Beitrag zum Franchise ein hervorragender, extrem unterhaltsamer und spannender Actionstreifen, im Grunde der letzte Stirb Langsam-Film, den man uneingeschränkt empfehlen kann. Das weltweite Kinopublikum nahm den Film begeistert auf, so dass am Ende über 366 Millionen Dollar in den Kinokassen landeten. Seltsamerweise sollten 12 (!) Jahre vergehen, bis ein weiterer Stirb Langsam-Film in die Lichtspielhäuser kam …
9-10/10
9/10