Nach Klamauk, Action und anderem Metier - verschlägt es mich irgendwann immer wieder nach Hongkong. Genauer gesagt in die dunkleren Ecken Hongkongs.
Hier gibt es dann öfter mal das sagenumwobene Prüfsiegel "Category III", welches die ansässige Prüfstelle eingeführt hatte, um das unvorbereitete Publikum nicht mit dem Gezeigten oder dem gesamten Kontext zu verstören, da hier Altersfreigaben bzw. Empfehlungen erst relativ spät gegen 1988 ausgesprochen wurden. Das der Filmmarkt sich dann sogar explizit auf diese einkategorisierten Titel spezialisiert hat, war der Startschuss für einige kontroverse Titel die Anfang der 90er Jahre geschaffen wurden und auf Grund der drastischen Darstellungen weltweite Aufmerksamkeit erlangten. And the Rest is History...
Wer die Inhaltsangabe zum Titel liest (falls noch nicht geschehen, bitte jetzt...), ist vermutlich durch die dünne Storybeschreibung geneigt den Film einfach links liegen zu lassen. Jedoch kann der Film mit seiner perfiden Art und der beklemmenden Grundstimmung ein flaues Gefühl im Magen erreichen, wenn man sich darauf einlässt.
Denn die Antagonistin ist nicht nur eine gesuchte Verbrecherin, die eine neue Lokation zum Ausleben der niederen Instinkte sucht, sondern hat noch weitere Beweggründe, die aber bis zum bitteren Finale verborgen bleiben. Was diesen Category III-Titel von Anderen unterscheidet ist das Fehlen jeglicher humorvoller Einlagen - Dies ist auf der einen Seite erfreulich, da es eben viele ähnlich gelagerte Filme gibt, deren ernster Tonus dadurch nahezu unterbrochen wird (was oft auf Unverständnis beim Zuschauer trifft, da beispielweise Klamaukszenen nach einer gezeigten blutigen Vergewaltigung folgen) Die beständig anhaltende Ausweglosigkeit und fast nihilistische Stimmung tritt dem Zuschauer mehrfach in den Magen und wird durch die nicht enden wollenden Leiden der Figuren mehrfach unterstrichen. Durch das angesprochene Fehlen der lockeren Gags ist Dark Intruder in seiner Ausrichtung umso konsequenter.
KLEINE SPOILERWARNUNG
An dieser Stelle sei auch das hervorragende Schauspiel und die gelungene Charakterzeichnung erwähnt. Denn die Darstellung der undurchsichtigen kühlen Psychopathin ist erschreckend gelungen, sowie der anfangs noch (fast) sympathische Vatercharakter, der in deren Falle läuft und im späteren Verlauf als seelisch gebrochener Mann zu sehen ist. Kleine Momente, die hin und wieder doch etwas Menschlichkeit aufblitzen lassen, schaffen es die Figuren eben nicht zu unwirklichen Bestien werden und deren Handlungen umso realisticher als auch fieser erscheinen zu lassen. Als gegen Ende der Wahnsinn Einzug hält und nur noch Leere statt Hoffnung in den Gesichtern zu lesen ist, entfaltet der Film einen wunderbar düster-kalten Schauer.
SPOILERWARNUNG ENDE
Regie sowie das Drehbuch stammen von Kan-Cheung Tsang, welcher hiermit sein Regiedebut und gleichzeitig seine einzige Regiearbeit ablieferte, da diese leider nicht den verdienten Erfolg zugesprochen bekam. Was aber nicht seine kreative Ader berührte, so schuf er unter anderem mehrere Drehbücher zu Filmen mit Stephen Chow wie Shaolin Kickers oder durchgedrehten Komödien wie Kung Fu Hustle, CJ7 und anderen massentauglicheren Werken. Die Inszenierung von Intruder ist jedenfalls gewollt ruhig und auch das Spiel der Kamera mit der ewig lauernden Dunkelheit und dem nie enden wollenden Regen funktioniert toll. Auch der gewählte Score ist keineswegs aufbrausend oder in den Vordergrund gedrängt, sondern hält sich stets ruhig und düster im Hintergrund - passend zu der ewigen Nacht im Film.
Einzig die deutsche Synchro ist ein Graus, nicht wegen der Übersetzung aber wegen der schrecklich billigen Pornosynchro. Der Film ist keine Schlachtplatte und hat es auch nicht nötig sich hinter selbstzweckhaften Gewaltdarstellungen zu verstecken, sondern könnte durchaus als perfider Thriller auch ohne diese Szenen funktionieren - wird aber durch die kleinen expliziten Einschübe noch obendrauf garniert. So ist die gewählte Portion der Gewaltdarstellung nicht übertrieben blutrünstig, aber noch immer verstörend effektiv genug um dem Zuschauer den Terror entsprechend zu vermitteln.
Mit dem historischen Hintergrund, das der Film 1997 zu einem Zeitpunkt erschien, als es Hong Kong und China ohnehin schon schwer hatten, mit dem Vorurteil der Kolonie-Bürger gegenüber den Festlandbürgern aus China, könnte man dem Film zusätzlich noch einen Subtext zusprechen. Hier wird mit dem gezielten Identitätsdiebstahl eine illegale Flucht von China nach Hong Kong beschrieben und gleichzeitig auch der Gesellschaft eine Warnung ausgesprochen. Es wird gekonnt damit gespielt, die Republiksflüchtlinge als böse Eindringlinge in die bisher funktionierende Gesellschaft zu metaphorisieren. Gleichzeitig wird hier aber der Taxifahrer aus Hong Kong auch nicht als Heiliger dargestellt, da er immerhin eine wissentliche Begegnung mit einer Prostituierten sucht und seine Familie auch generell vernachlässigt. Der Titel Intruder ist meiner Meinung nach also nicht nur auf die Antagonistin und das Eindringen in das Leben des gefolterten Taxifahrers gemünzt.
Insgesamt ist Intruder ein ruhiger, pessimistischer Film, der konsequent eine finstere Geschichte erzählt, ohne die nötige Tiefe zu vernachlässigen die eine gelungene Charakterzeichnung braucht um auch mit den Figuren mitzufiebern/mitzuleiden. Kein Splatterfilm ohne Birne, auch wenn die Gewaltspitzen auch Gorehounds ansprechen dürften.
Deprimierend, intensiv, finster. Kein Vergnügen und daher empfehlenswert!
8/10